Post von Sommer: Lieber Franz Josef Wagner …

„Nichts ist mehr echt“ – der „Bild“-Kolumnist schreibt wirre Dinge über veganes Essen. Unsere Vegan-Kolumnistin antwortet ihm. Und lädt ihn ein.

Ein alter weißer Mann im Anzug

Pflanzen sind auch Lebewesen, findet Franz Josef Wagner Foto: imago images / Strussfoto

„Betrifft: Veganes Essen, die neue Religion“ stand Anfang der Woche über Ihrer Bild-Kolumne. Manchmal hat gut Ding eben Weile, aber klasse, dass das Thema nun endlich auch bei Ihnen angekommen ist!

Sie sehen das Thema kritisch. Sie schreiben: „Fleisch essen ist Sünde. Pflanzen essen ist in.“ Sie schreiben vom Wurm-Burger, der aus Würmern besteht, und von veganer Currywurst: „Sie besteht aus einer Illusion, Sojabohnen. Nichts ist mehr echt.“

Wissen Sie, früher war ich eine riesige Fleischfresserin. Sicher habe ich die ein oder andere Kuhherde auf dem Gewissen.

Aber Dinge ändern sich. „Evolve or die“, wie wir hier in den USA sagen. Irgendwann muss man sich entscheiden, ob man mit Dinosauriern liegen oder mit Visionären fliegen will. Die milliardenköpfige Masse Mensch, die massenhaft massenproduziertes Fleisch isst, ist auf Dauer zu viel für unsere Erde.

Früher gab es „Sonntagsbraten“, weil Fleisch etwas Besonderes war. Heute gibt es Geiz ist geil, gibt es billigsten, zu Tode subventionierten Fleischfraß, morgens, mittags, abends. Da finde ich die Currywurst aus Sojabohnen gar nicht schlimm. Bei der wissen wir wenigstens, woraus sie gemacht ist.

Sie schreiben: „Pflanzen sind auch Lebewesen. Pflanzen kratzen, schneiden, stechen. (…) Hat jemand schon einmal über die Vernichtung von Pflanzen geschrieben? Wenn man all das Elend sieht, dann müssten wir alle verhungern.“

Lieber FJ – ich darf Sie doch so nennen? –, ich geb’s ja zu: Ich bin der Hannibal Lecter der Feldfrüchte. Ich ziehe Äpfeln bei lebendigem Leib die Haut ab und steche Kartoffeln die Augen aus. Aber mal ehrlich: Auch Ihnen fällt es sicher leichter, einen Kopfsalat zu zerhacken als ein Ferkel.

Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.

Erst neulich schrieben Sie doch über Australien in Flammen, die Abholzung im Amazonas, das versinkende Venedig. Und Sie zitierten Chief Seattle: „Der weiße Mann behandelt die Mutter Erde, als sei sie ein Ding zum Kaufen. Sein Hunger wird die Erde verschlingen und nichts zurücklassen als Wüste“, und weiter: „Was ist der Mensch ohne Tiere? Was immer den Tieren geschieht, geschieht auch dem Menschen. Alles ist mit allem verbunden.“

FJ, ich weiß, Sie sind ein guter Mensch. Deshalb an dieser Stelle eine echte, von Herzen kommende Einladung: Wenn ich wieder in Berlin bin, organisiere ich ein veganes Dinner für uns. Und ich sage voraus: Damit werde ich Sie bekehren.

Lieber Franz Josef Wagner, trauen Sie sich?

Herzlichst,

Ihre Ariane Sommer

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.