Portugals Regierungschef tritt zurück: Verdacht auf schmutzige Geschäfte
Es kam schnell: António Costa, der amtierende Ministerpräsident Portugals, ist zurückgetreten. Die Justiz ermittelt wegen Korruptionsverdachts.
Nur wenige Stunden zuvor hatte die Polizei die offizielle Residenz Costas, sowie die beiden Ministerien für Umwelt und Infrastruktur und mehrere andere Gebäude durchsucht. Der Verdacht lautet auf Korruption, Amtsmissbrauch und Vorteilsgewährung im Zusammenhang bei der Vergabe von Lizenzen zum Abbau von Lithium in der Nähe des Ortes Montalegre im Norden Portugals sowie für die Produktion grünen Wasserstoff in der südwestportugiesischen Hafenstadt Sines.
„Mir ist bewusst, dass Würde mit keinem Verdacht vereinbar ist (…). Die Würde der Amtsführung des Premierministers ist mit keinem Verdacht auf seine Integrität vereinbar (…), deshalb habe ich natürlich meinen Rücktritt eingereicht“, erklärte Costa, nachdem bekannt wurde, dass das Oberste Gericht in einem getrennten Verfahren seine Rolle untersucht. Er habe „ein ruhiges Gewissen“, beteuerte Costa in der TV-Ansprache am Dienstagnachmittag seine Unschuld.
Die wenigen Details, die bisher bekannt wurden, stammen aus einflussreichen Medien, wie die Nachrichtenagentur Lusa und dem öffentlichen Fernsehen RTP. Sie berufen sich auf Behördeninformationen. Demnach soll die Polizei 40 Anwesen durchsucht haben. Insgesamt wurden – so die portugiesischen Medien – fünf Personen festgenommen, darunter Costas Kabinettschef Vítor Escaría, der Bürgermeister von Sines, Nuno Mascarenhas, sowie drei einflussreiche Geschäftsleute, darunter, Diego Lacerda Machado. Der enge Freund Costas überführte die einst von den Konservativen privatisierte Fluggesellschaft TAP im Auftrag der Regierung erneut in Staatsbesitz.
Auch Infrastrukturminister Joao Galamba und Umweltminister Duarte Cordeiro sowie dessen Vorgänger im Amt, João Pedro Matos Fernandes sollen sich unter den Verdächtigen befinden.
Lithiumvorhaben für E-Mobilität
Es geht bei der Lizenzvergabe um Millionen, wenn nicht gar um Milliarden. Im Norden Portugals, direkt an der spanischen Grenze rund um Montalegre und dem unweit davon gelegenen Covas do Barroso, sollen sich die größten bisher in Europa bekannten Lithiumvorhaben befinden. Das Alkalimetall wird bei der Herstellung von Batterien für die kommende E-Mobilität dringend benötigt. Portugal verspricht sich davon, endlich in den Mittelpunkt der Industrienationen zu rücken. Trotz des heftigen Widerstands der lokalen Bevölkerung wurde im Frühjahr überraschend schnell ein positives Umweltgutachten für die Minenbetreiber in Covas do Barroso ausgestellt. Im September folgte Montalegre.
Die Vorkommen im Norden Portugals werden alleine rund um Covas do Barroso auf 27 Millionen Tonnen lithiumhaltiges Gestein geschätzt. In Montalegre sollen es weitere 15 Millionen Tonnen sein. Jährlich sollen Lithium für mindestens eine halbe Million E-Autobatterien abgebaut werden. Die Anwohner fürchten um das Grundwasser. Denn bei der Lösung des Metalls aus dem Gestein werden giftige Chemikalien ein gesetzt.
Das zweite Standbein des portugiesischen Plans für eine industrielle Zukunft dank neuer Technologien ist der grüne Wasserstoff. In der Nähe von Sines soll eine der Produktionsstätten entstehen. Ein Teil der Produktion soll dann über Spanien und eine Pipeline von Barcelona nach Marseille auch nach Mitteleuropa gelangen.
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