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Porträt der Virologin June AlmeidaDie Entdeckerin des Corona-Virus

Die schottische Wissenschaftlerin June Almeida gilt als Pionierin in der Virenforschung. Mit einer Färbemethode machte sie unsichtbare Viren sichtbar.

Virtuos am Mikroskop: June Almeida Foto: Norman James/Toronto Star/getty images

Ihr Leben beginnt in bescheidenen Verhältnissen als Tochter eines Busfahrers in Glasgow. In ihrem Lebenabend ist sie Yogalehrerin, Antiquitätenexpertin für Porzellan und engagierte Großmutter. Was die 1930 mit dem Nachnamen Hart geborene Schottin June ­Dalziel ­Almeida in der Zwischenzeit erreichte, ist außergewöhnlich. Das Mädchen, das mit 16 Jahren aufgrund mangelnder finanzieller Mittel ihrer Eltern ihre Ausbildung beenden musste, wird später Virologin und Entdeckerin des Coronavirus.

1947 beginnt Almeida ihre Arbeit als Labortechnikerin in Histopathologie im Glasgower Royal-Infirmary-Krankenhaus. Sie untersucht krankhafte Gewebeveränderungen und erhält dafür gerade mal 11 Euro pro Woche. Sie heiratet den 17 Jahre älteren venezolanischen Künstler Enriques Rosalio (Henry) Almeida und geht später mit ihm und der gemeinsamen Tochter Joyce nach Kanada.

Dort wird sie im Ontario-Krebs­zentrum mit dem Elektronenmikroskop, das eine bessere Auflösung als ein optisches Mikroskop hat, arbeiten. Bereits jetzt wird ihr Einsatz zur Visualisierung von Viren mit Erwähnungen in zahlreichen wissenschaftlichen Publikationen belohnt. Bald darauf wird Almeida 1964 für eine Laborstelle am Londoner St.-Thomas-Krankenhaus nach England abgeworben, wo sie bald in der medizinischen Hochschule forscht und den Doktortitel erhält.

Inzwischen gilt sie als Pionierin der Beobachtung von Viren. Durch die künstliche Setzung von Antikörpern an die Viren und eine Färbemethode gelingt es ihr etwa, nie zuvor gesehene Viren wie das Rötelnvirus sichtbar zu machen.

Die Entdeckung des Coronavirus

In Zusammenarbeit mit einer Forschungseinheit für Erkältungen untersucht sie auch einen Nasenabstrich, der einem Schuljungen bei Tests entnommen wurde. Almeida schafft es, diese Viren unter dem Mikroskop zu sichten und zu fotografieren – es ist nicht weniger als die Entdeckung des Coroavirus.

Als sie die Ergebnisse dann in einem Wissenschaftsmagazin veröffentlichen will, behaupten andere Virologen, es handle sich nur um unscharfe Bilder, die nichts Außergewöhnliches zeigten. 1965 wird die Entdeckung des neuen Virustyps dann aber doch im British ­Medial Journal publiziert.

Almeida und ihre Kollegen nennen das Virus wegen seiner kronenähnlichen Enden Coronavirus. Ihre Methoden, Viren sichtbar zu machen, verhelfen auch weiteren Teams in den USA zur Entdeckung, etwa von Novoviren. Am Ende ihrer wissenschaftlichen Kar­riere arbeitet Almeida noch im Wellcome-Institut in London in der Virendiagnose und Impfstoffherstellung. Nach ihrer Pensionierung 1985 ist sie in beratender Funktion sogar an der Entdeckung von HIV beteiligt.

Von ehemaligen Kolleg*innen und Stu­dent*in­nen wird June Almeida als zugängliche, und vorurteilsfreie Frau, die pragmatische Entscheidungen traf, beschrieben. Nach der Scheidung von ihrem ersten Mann heiratet sie 1982 den Virologen Phillip Samuel ­Gardner. Sie lässt sich in der südenglischen Küstenstadt Bexhill nieder, wo sie 2007 an Herzversagen stirbt.

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