Polizeikessel bei 1.Mai-Demo: Stuttgart spielt Kreuzberg
Bei der revolutionären 1. Mai-Demo in Stuttgart kam es zu Ausschreitungen. Jetzt machen Polizei und Demonstranten einander Vorwürfe.
Die Einsatzkräfte hätten die gewaltvolle Personengruppe schließlich umschlossen. Die anderen rund 400 Versammlungsteilnehmer hätten sich dann solidarisiert und die Polizeikräfte bedrängt. „Da sich die Versammlungsleitung und die Teilnehmer völlig unkooperativ zeigten, wurde die Versammlung durch die Versammlungsbehörde aufgelöst.“
Wie viele Demonstrationsteilnehmer verletzt wurden, sei noch nicht bekannt. Nach Berichten der Stuttgarter Zeitung wurden auch drei Demonstranten festgenommen, die sich durch verklebte Fingerkuppen erkennungsdienstlicher Maßnahmen entziehen wollten.
Die Veranstalter widersprechen der Darstellung der Polizei. Kim Northeim, Sprecherin des Bündnisses zur „Revolutionären 1. Mai-Demonstration“, erklärte am späten Mittwochabend in einer Mitteilung: „Die Behauptungen der Polizei entbehren jeglicher Grundlage und dienen einzig dem Zweck, im Nachhinein eine Rechtfertigung für den gewaltsamen Angriff auf die Demonstration zu konstruieren.“ Auf der Webseite der Revolutionären Aktion Stuttgart wird die Demonstration als Erfolg gefeiert.
Schwäbische Tradition der Gewalt
In den letzten Jahren hat sich ausgerechnet die Schwabenmetropole immer wieder mit Krawallen in die Schlagzeilen gebracht. Im Sommer 2020 hatte es schwere Ausschreitungen und Plünderungen durch Jugendliche in der Stuttgarter Innenstadt gegeben, bei denen mehrere Beamte verletzt wurden. Die Vorfälle waren danach vom Innenministerium detailliert analysiert worden.
Auch in der Antifa-Szene Stuttgarts gibt es eine hohe Gewaltbereitschaft, wie der Prozess gegen zwei Mitglieder der Szene 2021 gezeigt hat. Die beiden jungen Männer wurden zu langjährigen Haftstrafen verurteilt, weil sie am Rande einer Querdenker-Demonstration zwei Mitglieder einer rechtsextremen Pseudogewerkschaft aus einer Gruppe heraus angegriffen und schwer verletzt hatten.
Der Stuttgarter Kessel am Mittwoch kam schließlich zu einem einigermaßen friedlichen Ende. Eine Spontankundgebung gegen den Polizeieinsatz konnte auf der Königstraße stattfinden und verlief weitgehend gewaltfrei.
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