Polizeigewerkschaft in Sachsen-Anhalt: Von Elektroschockerfirma gesponsert
Laut Presseberichten finanziert das Unternehmen Taser Veranstaltungen der Deutschen Polizeigewerkschaft in Sachsen-Anhalt. Diese macht für Taser kräftig Werbung.
Die Tageszeitung Neues Deutschland verweist in dem Zusammenhang auf Aussagen des stellvertretenden Landesvorsitzenden der DPolG, Stefan Perlbach, wonach der Taser die Lücke zwischen Schlagstock, Pfefferspray und Schusswaffengebrauch schließen solle. Der Griff zur Pistole könne so in vielen Fällen angeblich vermieden werden.
Ungefähr wortgleich äußerte sich laut dem Online-Portal der Mediengruppe Straubinger Tagblatt/Landshuter Zeitung erst am vergangenen Donnerstag August Janker, der DPolG-Vorsitzende des Bezirks Niederbayern. Bei einer Informationsveranstaltung in der Justizvollzugsakademie in Straubing, auf der zwei Vertreter der Taser-Herstellerfirma Gelegenheit hatten, die Vorzüge des „Distanz-Elektro-Impuls-Geräts“ darzustellen.
Janker assistierte den Unternehmensvertretern: Was sich im täglichen Arbeitsalltag bei den deutschen Sondereinsatzkommandos (SEK) in den vergangenen Jahren bewährt hat, könnte auch bei den niederbayerischen Polizisten für mehr Sicherheit sorgen, erklärte er.
Widerstand auch in den Reihen der Polizei
Beim Taser handelt es sich um eine pistolenähnliche Elektroimpulswaffe, die zwei oder vier mit Widerhaken versehene Projektile abschießt. Über die mit den Projektilen verbundenen, rund sieben Meter langen Drähte werden elektrische Impulse auf den Körper der Zielperson übertragen. Die dadurch ausgelösten Muskelkrämpfe lassen den Getroffenen innerhalb von Sekunden kampfunfähig zusammenklappen.
In den USA werden Elektroschocker von der Polizei routinemäßig verwendet. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat in der Vergangenheit immer wieder die Verharmlosung dieser Waffe kritisiert, die zu einer Herabsetzung der Schwelle ihrer Anwendung führe. Dabei gibt es widersprüchliche Aussagen zur Wirkung des Tasers. Taser International selbst bezeichnet ihr Produkt als „nicht-tödliche Waffe“. Nach einer Amnesty-International-Studie von 2008 starben seit 2001 allein in den USA 331 Menschen während oder nach dem Einsatz der Waffe, wobei in etwa 40 Fällen Gerichtsmediziner den Einsatz der Waffe als Teil der Ursache oder Ursache des Todes auswiesen
Der Einsatz des Elektroschockers stößt auf Widerstand auch in den Reihen der Polizei. Laut Neues Deutschland erklärte der Chef der mit der DPolG konkurrierenden und größeren Gewerkschaft der Polizei, Uwe Petermann, er halte den Einsatz nur für Spezialeinheiten für sinnvoll, weil dafür mehr Personal und Training notwendig sei.
Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht kann sich zwar vorstellen, Spezialeinsatzkommandos mit Elektroimpulsgeräten auszustatten, hat gegen andere Einsatzbereiche jedoch Einwände. Dagegen spräche der deutlich erhöhte Schulungsaufwand. Zudem seien die Geräte rechtlich ähnlich zu behandeln wie eine Schusswaffe. OP
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Bundestag bewilligt Rüstungsprojekte
Fürs Militär ist Kohle da
Kürzungen im Berliner Haushalt
Kultur vor dem Aus
Grüne über das Gezerre um Paragraf 218
„Absolut unüblich und respektlos“
BSW-Chefin im ZDF
Wagenknecht räumt Irrtum vor russischem Angriff ein
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren