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Polizeigewalt in WisconsinZwei Tote bei Protesten

Bei Ausschreitungen in der US-Stadt Kenosha sind zwei Menschen ums Leben gekommen. Wisconsins Gouverneur Tony Evers rief den Notstand aus.

Ein verletzter Demonstrant nach Protesten gegen Polizeigewalt in Kenosha County am 25. August Foto: Instagram/reuters

Kenosha dpa/afp | Bei den Protesten gegen Rassismus und Polizeigewalt im US-Bundesstaat Wisconsin sind zwei Menschen erschossen worden. Ein weiterer Mensch sei am Dienstagabend bei Zusammenstößen verschiedener Gruppen in der US-Stadt Kenosha verletzt worden, teilte die Polizei mit. Ermittelt wird Medienberichten zufolge, ob die Schüsse im Zusammenhang mit der Anwesenheit bewaffneter, selbsternannter weißer Milizen in der Stadt standen.

Der Gouverneur von Wisconsin, der Demokrat Tony Evers, rief nach den Ausschreitungen den Notstand aus und ordnete eine verstärkte Präsenz der Nationalgarde in der Stadt an. Zugleich stand er unter verstärktem Druck aus Washington, die Situation unter Kontrolle zu bringen. „Vergangene Nacht war es nicht genug“, sagte der amtierende Vize-Heimatschutzminister Ken Cuccinelli dem TV-Sender Fox News. „Ich stelle infrage, ob er genug unternimmt – und ausreichend schnell.“

Die Mutter von Jacob Blake, der von Schüssen eines Polizisten lebensgefährlich verletzt wurde, forderte derweil mit ergreifenden Worten das Ende des Rassismus in den USA. „Ich wende mich an alle, egal ob weiß, schwarz, japanisch, rot, braun. Niemand ist dem anderen überlegen“, sagte Julia Jackson am Dienstag bei einer Pressekonferenz in der Stadt Kenosha. Sie sprach sich gegen gewaltsame Proteste aus, nachdem in der Stadt zwei Nächte in Folge Gebäude und Autos gebrannt hatten.

Ungeachtet der Tatsache, dass die Nationalgarde bereits im Einsatz ist, verlangte Präsident Donald Trump, sie auf die Straßen zu bringen. „Beenden Sie das Problem schnell!“, forderte er Evers in einem Tweet auf. Der Gouverneur warnte die Demonstranten, dass es eine Grenze zwischen friedlichem Protest und Ausschreitungen gebe, die Familien und Geschäfte gefährdeten.

Der 29-jährige Familienvater Jacob Blake war am Sonntag in Kenosha durch Schüsse der Polizei in seinen Rücken schwer verletzt worden. Auf einem Video ist zu sehen, wie Blake zu seinem Auto geht, gefolgt von zwei Polizisten mit gezogenen Waffen. Eine der Waffen ist auf seinen Rücken gerichtet. Als Blake die Fahrertür öffnet und sich ins Auto beugt, fallen Schüsse aus nächster Nähe. Nach Angaben des Anwalts der Familie, Ben Crump, saßen in dem Auto Blakes Kinder im Alter von drei, fünf und acht Jahren.

Blake ist laut seiner Familie nun ab der Hüfte gelähmt

Blake ist nun nach Angaben der Familie von der Hüfte abwärts gelähmt. Einige Kugeln hätten die Wirbelsäule getroffen. „Es wird ein Wunder brauchen, damit er wieder laufen kann“, sagte Anwalt Crumb. Blake haben auch Verletzungen im Bauchbereich, an Nieren und Leber und ihm seien große Teile des Dickdarms und des Dünndarms entfernt worden, sagte Anwalt Patrick Salvi.

„Er schoss sieben Mal auf meinen Sohn. Sieben Mal!“, sagte Jacob Blake senior. „Als wäre er nichts wert. Aber er ist ein Mensch und er ist etwas wert.“ Mutter Julia Jackson sagte unter Tränen, ihr Sohn wäre gegen die Gewalt, wenn er davon wüsste. „Wir brauchen Heilung.“ Harte Worte kamen von Blakes Schwester Letetra Widman: „Ich bin nicht traurig. Ich bin wütend und erschöpft. Ich habe nicht geweint. Ich habe vor Jahren aufgehört, zu weinen. Ich sehe seit Jahren, wie die Polizei Menschen, die wie ich aussehen, ermordet.“ Sie wolle kein Mitleid: „Ich will Wandel.“

In den USA hatte der Tod des Afroamerikaners George Floyd bei einem brutalen Polizeieinsatz in Minneapolis (Minnesota) Ende Mai landesweite Proteste ausgelöst. Die Debatte spielt auch im US-Wahlkampf eine zentrale Rolle. Die Republikanische Partei nahm Blake in das Gebet zum Auftakt des zweiten Tags ihres Parteitags auf.

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3 Kommentare

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  • Ich moechte hier mal ein Loblieb auf die deutsche Polizei und Polizeifuehrung loswerden. Nicht das alles gut ist, bei weitem nicht, aber wenn man dass mal mit diesen Polizeikraeften in der USA vergleicht ist unsere doch schon sehr zurueckhaltend...

  • Dann können ja jetzt die Nationalgardisten den Schulterschluss mit rassistischen Milizen üben. Dass die USA sich derart schnell an den Rand eines Bürgerkriegsszenarios bewegen würden, hätte ich jetzt auch nicht gedacht.

  • Höchstwahrscheinlich hat Rassismus hier auch eine Rolle gespielt, denn der Polizist hätte bei einem nicht dunkelhäutigen Menschen höchstwahrscheinlich nicht geschossen.

    Abgesehen davon - schaut man sich das Video an - mit welcher Ruhe und Gelassenheit die Geschehnisse ablaufen - scheint mir völlig klar zu sein, daß es hier ganz eindeutig um eine Machtdemonstration ging. Der Polizist war sauer, ignoriert worden zu sein und wollte zeigen, wer der Stärke ist. Und wer in einer solchen Situation siebenmal schiesst, noch dazu von hinten in den Rücken, dem ist das Überleben des Betreffenden völlig gleichgültig.