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Polizeichef für Freigabe weicher DrogenInnenminister verpasste Maulkorb

Das NRW-Innenministerium hat gelogen: Es hatte Münsters Polizeipräsidenten doch verboten, sich für die Legalisierung von Drogen einzusetzen.

Auch über diesen Joint muss der Polizeipräsident schweigen. Bild: dpa

BERLIN taz | Das nordrhein-westfälische Innenministerium hat die Öffentlichkeit in die Irre geführt: Münsters Polizeipräsident Hubert Wimber wurde doch ganz offiziell die Teilnahme an der Gründung der deutschen Sektion von Law Enforcement against Prohibition (LEAP), der Gesetzeshüter gegen Prohibition, verboten. Das geht aus einem Bericht von Innenminister Ralf Jäger (SPD) an den Landtag hervor, der der taz vorliegt.

Der Grüne Wimber hatte eigentlich am 22. Oktober zum Vorsitzenden des Vereins gewählt werden sollen, der sich für die Entkriminalisierung des Konsums weicher Drogen einsetzen will. Doch zwei Tage vorher wurde die Veranstaltung abgeblasen: Der Polizeichef hatte seine Teilnahme kurzfristig abgesagt. Dessen Pressestelle begründete das mit „organisatorischen Gründen“.

Medienberichte, nach denen ihm sein Engagement per dienstrechtlicher Anordnung untersagt worden sei, dementierte das Landesinnenministerium unter Verweis auf die Stellungnahme aus Münster. „Wir begrüßen, dass er von dieser Aufgabe Abstand genommen hat“, zitierte beispielsweise die Münstersche Zeitung einen Ministeriumssprecher, „aber ein Verbot wurde nicht ausgesprochen“.

Das entsprach nicht der Wahrheit, wie aus dem Bericht Jägers hervorgeht. Dort wird die schriftliche Weisung an Wimber offenbart: „Teilnahme und Mitwirkung an dem am 22.10.2014 geplanten Pressetermin im Bundestag in Berlin im Zusammenhang mit der Gründung der Organisation ’LEAP Deutschland‘ sind Ihnen untersagt.“ Dies gelte „während Ihrer Amtszeit als Polizeipräsident auch für alle sonstigen öffentlichen Handlungen und Erklärungen, die die Gründung der LEAP Deutschland oder die von LEAP geplanten Ausführungen an den Deutschen Bundestag unterstützen.“

Auf Antrag der Piratenfraktion beschäftigt sich am Donnerstag der Landtagsinnenausschuss mit dem Maulkorb. „Wer mit solchen Mitteln versucht, unbequeme Wahrheiten zu unterdrücken, muss mit dem Rücken ziemlich an der Wand stehen“, sagte der Piratenabgeordnete Lukas Lamla.

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16 Kommentare

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  • Ich bin Online Shop Manager und ich darf meine Meinung sagen: Legalize it!

  • Da war doch mal was mit organisierter Massenselbstanzeige, oder? Vielleich sollte der Herr ja mal dazu aufrufen um seinen Vorgesetzten zu zeigen wie dämlich die Kriminalisierung von Hasch etc. ist.

    • 8G
      889 (Profil gelöscht)
      @Spider J.:

      Als Selbstkriminalisierung ist sie nicht weniger dämlich.

  • Das ist ein Schritt in die Richtige Richtung. Allerdings sollten wir nicht vergessen, dass gerade auch harte Drogen kontrolliert legalisiert werden sollten. Denn hierdurch sterben tatsächlich jedes Jahr tausende Menschen. Undemokratische Strukturen wie die Mafia oder der Terrorismus werden gefördert. Menschen Sterben an schmutzigen Stoff. Horrende Preise führen zur Beschaffungskriminalität. Wer nur weiche Drogen für die Legalisierung anerkennt dem wird unweigerlich die Einstiegsdrogenkeule ins Gesicht knallen.

    • @globelix:

      Die Einstiegsdrogenkeule ist, wie jeder Mensch, der halbwegs Bescheid weiß, weiß, ein Schuß - oder sagen wir besser ein Schiß, weil´s mehr Spaß macht - in den Ofen.

       

      Ich kenne Dutzende Leute, die früher mal gekifft haben und niemals an irgendwelchen harten Sachen überhaupt nur interessiert waren. Heute sind sie allesamt brave Eltern, gehen arbeiten und kümmern sich um ihre Familien wie Millionen andere Leute auch.

       

      Weit mehr als ehemalige Kiffer kenne ich aber Fälle von Leuten, die sich durch Alk zugrunde gerichtet haben oder die grade noch im letzten Moment die Kurve kriegten.

       

      Umgekehrt: Wer sich mal "Wir Kinder vom Bahnhof Zoo" angeschaut hat, der weiß, daß der Einstieg auf harte Drogen eine Frage des sozialen Umfeldes und nicht der zuvor konsumierten Substanz ist.

       

      Und nicht zuletzt: Alle, die ich kenne, die irgendwann im Leben mit Drogen zu tun hatten, haben nicht mit Cannabis, sondern mit Alk angefangen. Wäre demnach also der Alk die Einstiegsdroge, wenn an der Theorie wirklich was dran sein sollte.

       

      Etwas anderes zu behaupten, ist Lüge, führt zu Desinformation und ist damit m.E. sogar gemeingefährlich: Wenn Jugendliche erst mal herausgefunden haben, daß man sie über Cannabis belogen hat, werden sie auch nicht mehr ernst nehmen, was man ihnen über Heroin erzählt.

  • Wie asozial ist es eigentlich, Menschen einzusperren und wie Verbrecher zu behandeln, nur weil sie in ihrem stillen Kämmerlein eine Pflanze rauchen.

     

    Die Frage danach, wie unethisch es eigentlich ist, Cannabiskonsumenten zu inhaftieren, wird zumindest in den USA schon gestellt:

    It Is Immoral to Cage Humans for Smoking Marijuana - The Atlantic

    http://www.theatlantic.com/politics/archive/2014/01/it-is-immoral-to-cage-humans-for-smoking-marijuana/282830/

     

    Es ist doch offensichtlich, dass klar definierte Lobbies (Angst ums Geschäft: Blockieren Pharma-Firmen die Cannabis-Legalisierung? - http://www.focus.de/gesundheit/angst-ums-geschaeft-blockieren-pharma-firmen-die-cannabis-legalisierung_id_4234486.html) mit Hilfe von ideologischen Interessenvertretern religiöser wie politischer Art eine Legalisierung mit allen Mitteln verhindern wollen. (Buch „Cannabis und Führerschein“ : Die irre Verfolgung der Kiffer - taz.de - http://www.taz.de/!138870/ )

  • Und so ist das hier in diesem Land überall und auf allen Ebenen: BANANENREPUBLIK voller Lügner und korrupter Elemente - Macht kaputt, was Euch kaputtmacht!

     

    Habe ich eigentlich hierzu in der "TAZ" etwas gelesen, ich denke nicht!?

     

    (...) Ein Beispiel für eine "Geheime Staatspolizei": Under Cover-Agentin des Hamburger Staatsschutzes moderiert Sendungen in einem linken Radiosender, schläft mit Aktivistinnen der Roten Flora (...)

    http://www.kritische-polizisten.de/pressemitteilungen/2014-11-11-0-VA_Rote_Flora.html

    • 8G
      889 (Profil gelöscht)
      @DDHecht:

      "Habe ich eigentlich hierzu in der "TAZ" etwas gelesen, ich denke nicht!?"

       

      Woher sollen wir das denn wissen? Darüber berichtet wurde jedenfalls.

      • @889 (Profil gelöscht):

        OK, ich habe den TAZ-Artikel eben gefunden!

  • Jäger ist so die Niete, es vergeht bald keine Woche, in der nicht ein neuer Würg veröffentlicht wird... dass die das in NRW nicht raffen. Aber die anderen taugen ja genausoviel....

  • Münster (bzw. Deutschland) ist trotzdem unsrem Brasilien Lichtjahre voraus. Bei uns äussern sich Polizeichefs im FS (zuletzt "Rede Vida", der Brasilo-Vatikan-Kanal) noch immer monolog und unerwidert per Anachronisten-Mantra: "...Maconha (Marihuana) ist, wie alle wissen (sic), eine Einstiegsdroge zu anderen wie Crack, und also mit allen Mitteln zu bekämpfen...". Der Präsident der das sagte war (noch dazu) ein Gaúcho. Also Nachbar Uruguays. Womit weiterhin zu beweisen ist, dass Brasilien im südamerikanischen Kontext, das reaktionärste und verdummteste Staatsgebilde darstellt. (Siehe auch: http://ch.indymedia.org/de/2011/01/79471.shtml)

    • @Ardaga:

      Mutti Merkel hat auf eine Frage des Hanfverbandes ungefähr genau den gleichen Unsinn verzapft afair.

  • 8G
    889 (Profil gelöscht)

    Ralf Jäger (SPD) ist ein Feind der Demokratie.

    • @889 (Profil gelöscht):

      Ich hab es so verstanden das Jäger den Bericht erst öffentlich gemacht hat?

      naja egal...

      • 8G
        889 (Profil gelöscht)
        @SilenZ:

        Das hast du falsch verstanden.

    • @889 (Profil gelöscht):

      Na und? Sind doch die meisten Politiker.