Polizei fragt nach Gästedaten: Hotels zu Datenschutzverstößen animiert?
Vor dem Fußballduell zwischen Hannover und Schalke: Die Polizei bittet Hotelbetreiber, Gäste aus Gelsenkirchen zu melden. Die Fanhilfe kritisiert das.
So veröffentlichte die Fanhilfe am Donnerstag E-Mails, die diesen Verdacht untermauern: Hotels wurden von der Polizei Hannover um Rückmeldung gebeten, bei ihnen beherbergte Gäste zu melden, denen Gelsenkirchener Postleitzahlen zuzuordnen sind.
Verschickt worden ist eine Mail vergangene Woche von der Polizeiinspektion Hannover an den Hotel- und Gaststättenverband Dehoga. Kurz darauf leitete der Verband die Mail an seine Mitglieder weiter. Es gebe „Hinweise auf eine Anreise einer größeren Gruppe von Problemfans des FC Schalke 04“, heißt es darin. Gesucht werde deshalb nach „größeren Personengruppen mit Wohnsitz in Gelsenkirchen“. Anschließend sind 13 Gelsenkirchener Postleitzahlen aufgelistet.
Sollten Hotelbetriebe der Bitte tatsächlich nachgekommen sein, wäre das „durch die Hotels ein klarer Verstoß gegen die Datenschutzgrundverordnung“, kritisiert die Fanhilfe. Mit der Maßnahme würden Personen aufgrund ihrer bloßen Herkunft unter Generalverdacht gestellt.
Eine Bitte, keine Anordnung
Die Fanhilfe wolle nun den Datenschutzbeauftragten des Landes Niedersachsen anrufen und weitere Schritte prüfen. Sollte sich der Datenschutzbeauftragte der Sicht der Fanhilfe anschließen, könnte er gegen die Hotelbetreiber Bußgelder verhängen.
Kritisiert wird auch der Dehoga, weil er die Mail der Polizei zügig an seine Mitglieder weiterleitete. „Dass der Dehoga hier als Gehilfe der Polizei auftritt, ist nach unserer Auffassung und dem hohen und zu schützenden Gut der Gastdaten nicht nur bedauerlich, sondern befremdlich“, sagt Svenja Mundt von der Fanhilfe. „Offensichtlich ist dem Dehoga der immense Imageschaden, der durch die Weitergabe der Gastdaten entsteht, überhaupt nicht bewusst.“
Auf Nachfrage bestätigt die Polizei die entsprechende Bitte an die Hotels, betont aber dass es sich „nicht um eine Anordnung, uns Daten zur Verfügung zu stellen“ handelte, sagt ein Sprecher. Um einen Verstoß gegen Datenschutzrechte habe es sich dabei auch nicht gehandelt, da keine personenbezogenen Daten angefragt wurden.
Aus der veröffentlichten Mail geht auch hervor, dass die Polizei Hannover nicht zum ersten Mal um die „Mithilfe“ der Hoteliers bittet. So verweist die Polizei in ihrer Mail auf eine „Anreise der Problemsfans“ im Frühjahr: „Nur durch Ihre damalige Hilfe konnten polizeiliche Maßnahmen initiiert und massive Ausschreitungen unterbunden werden.“
Ob sich bei der Polizei in den vergangenen Tagen tatsächlich Hoteliers gemeldet haben, darüber konnte die Pressestelle der Polizei am Freitag noch keine Auskunft geben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Grünes Wahlprogramm 2025
Wirtschaft vor Klima
Tod des Fahrradaktivisten Natenom
Öffentliche Verhandlung vor Gericht entfällt
Parteiprogramme für die Bundestagswahl
Die Groko ist noch nicht gesetzt
Foltergefängnisse in Syrien
Den Kerker im Kopf