Politische Krise in Venezuela: Generalstaatsanwältin entlassen
Die Verfassungsgebende Versammlung enthebt Luisa Ortega Díaz ihres Amtes. Die kritische Juristin weigert sich jedoch, diesen Schritt anzuerkennen.
Die Verfassungsgebende Versammlung soll Venezuelas Grundgesetz umschreiben und hat weitreichende Befugnisse. Präsident Nicolás Maduro will die Versammlung nach eigener Aussage auch nutzen, um die Immunität von Oppositionspolitikern aufzuheben. Das hat zu Befürchtungen geführt, der Präsident werde das Land in eine Diktatur treiben.
Angesichts der politischen Krise und der miserablen Wirtschaftslage kommt es seit Monaten zu Protesten, bei denen mindestens 120 Menschen getötet wurden. Maduro sagte, 580 Sicherheitskräfte seien von „terroristischen“ Demonstranten schwer verletzt worden.
Ortega hatte mit juristischen Mitteln versucht, die Verfassungsgebende Versammlung gar nicht erst zusammentreten zu lassen. Am Samstagmorgen (Ortszeit) umstellten knapp 30 Sicherheitskräfte ihren Bürokomplex im Stadtkern von Caracas und versperrten den Zugang. Ortega veröffentlichte auf Twitter offenbar von Sicherheitskameras aufgenommene Fotos, die die Gardisten zeigten. Sie sprach von einer willkürlichen „Belagerung“ ihres Büros. Die Sicherheitskräfte hätten sie mit Schutzschilden angegriffen und sie nicht in ihre Amtsräume gelassen, sagte sie.
Vorwurf des Staatsstreichs
Anschließend beschloss die Verfassungsgebende Versammlung einstimmig, Ortega durch den strammen Regierungsanhänger Tarek William Saab zu ersetzen. Während der Abstimmung riefen regierungstreue Anhänger „Verräterin“ und „Gerechtigkeit ist da“. Saab wurde inzwischen vereidigt.
Ortega warf Maduro vor, einen Staatsstreich gegen die Verfassung anzustreben. Das Vorgehen gegen sie sei nur ein kleines Beispiel dafür, was jedem drohe, der es wage, sich gegen „diese Form totalitärer Herrschaft zu stellen“. Sie werde bis zum letzten Atemzug gegen die Ungerechtigkeiten der Regierung zu kämpfen.
Der Interamerikanische Gerichtshof für Menschenrechte bewilligte Vorsichtsmaßnahmen zum Schutz Ortegas. Sie schwebe in unmittelbarer Gefahr, nachdem Regierungsbeamte ihr Verbindungen zum Terrorismus vorgeworfen hätten, hieß es.
Die Mercosur-Außenminister beschlossen im brasilianischen São Paulo, die Mitgliedschaft Venezuelas in dem Wirtschaftsbund dauerhaft auszusetzen. Das Land halte sich nicht an demokratische Normen. Eine Rückkehr sei nur möglich, wenn die demokratische Ordnung wiederhergestellt sei. Im Dezember war Venezuelas Mercosur-Mitgliedschaft bereits vorläufig suspendiert worden.
Auch in einem weiteren Fall gab es neue Entwicklung. Der führende Oppositionelle Leopoldo López wurde nach einer mehrtägigen Inhaftierung zurück in den Hausarrest entlassen. Das teilte seine Frau Lilian Tintori am späten Samstagabend via Twitter mit. Am vergangenen Dienstag war López ebenso wie der Ex-Bürgermeister von Caracas, Antonio Ledezma, von Sicherheitskräften in ein Militärgefängnis abgeführt worden. Die Festnahmen waren im Ausland verurteilt worden.
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