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Politische GefangeneBelarus lässt bekannte Regimegegner frei

Nach einem Treffen mit dem US-Sondergesandten Kellogg entlässt Lukaschenko 14 Oppositionelle aus der Haft, darunter den Mann der Oppositionsführerin.

Sergej Tichanowski gibt sich bei einer Pressekonferenz nach seiner Freilassung in litauischen Vilnius am Sonntag kämpferisch Foto: Mindaugas Kulbis/ap

Warschau afp | Nach mehr als fünf Jahren im Gefängnis ist in Belarus der Oppositionsführer Sergej Tichanowski überraschend freigekommen. Er wurde am Samstag gemeinsam mit 13 weiteren politischen Gefangenen freigelassen. „Der Präsident hat beschlossen, 14 Verurteilte zu begnadigen“, sagte die Sprecherin des belarussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko, Natalija Eismont, der russischen Nachrichtenagentur Tass. Es habe dazu „eine Anfrage des Präsidenten der Vereinigten Staaten“ gegeben.

Die Freilassungen wurde wenige Stunden nach einem Treffen Lukaschenkos mit dem US-Sondergesandten Keith Kellogg in Minsk bekanntgegeben. Nach Angaben des litauischen Außenministeriums befanden sich Tichanowski, der Ehemann der belarussischen Oppositionspolitikerin Swetlana Tichanowskaja, und die anderen nun „in Litauen in Sicherheit“.

Der litauische Außenminister Kestutis Budrys teilte auf X mit, die 14 Freigelassenen würden „angemessen versorgt“. Weiter erklärte Budrys, die Rolle der USA bei der Freilassung sei „entscheidend“ gewesen.

Er wolle in sein Heimatland zurückkehren, wisse allerdings noch nicht wann, sagte Tichanowski am Sonntag in Litauen vor Journalisten. Tichanowskis Ehefrau veröffentlichte ein Video ihres lächelnden Mannes, der sie nach seiner Freilassung umarmt. In großen Buchstaben stand dabei: „FREE“ (Frei). Swetlana Tichanowskaja dankte US-Präsident Donald Trump und der EU für die Unterstützung zur Freilassung ihres Mannes.

Tichanowskaja: Alle 1150 politischen Gefangenen freilassen

„Es ist schwer, die Freude in meinem Herzen zu beschreiben“, schrieb Tichanowskaja auf X. Auf ihrem Telegram-Kanal hieß es über ihren Mann: „Er ist bei mir, zusammen mit den Kindern. Unsere Familie hat fünf Jahre lang davon geträumt, und wir alle haben seit seiner Verhaftung darauf hingearbeitet.“

Zugleich forderte sie die Freilassung aller „1150 politischen Gefangenen“ in Belarus. Tichanowski wandte sich am Sonntag direkt an den US-Präsidenten: „Trump hat jetzt die Macht und die Chance, alle politischen Gefangenen in Belarus mit einem einzigen Wort zu befreien, und ich bitte ihn, das zu tun, dieses Wort zu sagen“, sagte der Oppositionelle in Vilnius.

Der heute 46-jährige Tichanowski war im Mai 2020 festgenommen worden, nachdem er angekündigt hatte, bei der wenige Monate später stattfindenden Präsidentschaftswahl gegen Machthaber Alexander Lukaschenko antreten zu wollen.

Der Blogger und Regierungsgegner wurde im Dezember 2021 zu 18 Jahren Haft unter anderem wegen der Organisation von Massenunruhen verurteilt. Nach der Inhaftierung Tichanowskis war seine Frau Swetlana an seine Stelle als Präsidentschaftskandidatin gerückt.

Trotz massiver Betrugsvorwürfe wurde Lukaschenko nach der Wahl im August 2020 offiziell zum Sieger erklärt. Dies löste beispiellose Massenproteste aus. Diese wurden gewaltsam niedergeschlagen, tausende Regierungskritiker wurden festgenommen oder flohen ins Exil. Auch Tichanowskaja floh aus ihrer Heimat und kämpft seither aus dem Exil für Demokratie in Belarus.

Tichanoswki: Oppositionsführerin bleibt meine Frau

Tichanowski plant nach seiner Freilassung nicht, seiner Frau ihre Position streitig zu machen. „Die Anführerin der Opposition ist Swetlana Tichanowskaja, meine Frau, und ich werde das nicht infrage stellen“, sagte er.

Unter den 13 anderen freigelassenen politischen Gefangenen befinden sich unter anderem ein Journalist von Radio Free Europe, eine Universitätsprofessorin und ein Geschäftsmann. Auch die schwedisch-belarussische Staatsbürgerin Galina Krasnianskaja, die 2023 wegen des Vorwurfs der Unterstützung der Ukraine festgenommen wurde, wurde freigelassen.

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1 Kommentar

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  • Die Freilassung der Oppositionellen in Belarus ist ein wichtiger Schritt und ein Zeichen von Hoffnung für alle, die für Freiheit und Demokratie eintreten. Ihr Mut verdient großen Respekt. Die USA werden oft kritisch gesehen, dennoch ist diese positive Entwicklung auch ein Verdienst der USA. Es zeigt, dass es auch dort unterschiedliche Stimmen gibt, die sich für Freiheit weltweit einsetzen. Trotzdem bleibt der Kampf in Belarus noch lange nicht vorbei. Ich wünschte mir die EU wäre auch ein wenig durchsetzungsstärker.