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Politik an HochschulenWie politisch darf der AStA sein?

Ein Rechtsstreit an der Universität Frankfurt zeigt: Es ist ungeklärt, wie politisch sich Studierendenvertretungen äußern und engagieren dürfen.

Dürfen sich Studierendenvertreter*innen nur zu hochschulpolitischen Themen äußern? Foto: dpa

Frankfurt taz | Pragmatisch klingt es, was Bodo Steffen zu dem Urteil sagt: „Man kann sich darüber freuen, weil man hat ja nicht verloren.“ Gewünscht hätte sich der Pressereferent des AStA Hannover jedoch ein klares politisches Zeichen in dem Gerichtsstreit zwischen dem Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA) der Uni Frankfurt und einem „Pick-up-Artist“.

Dieser sorgt seit über einem Jahr deutschlandweit für Aufmerksamkeit. Unter anderem der AStA Hannover hatte sich mit den Frankfurtern solidarisiert, denn der Streit hat Relevanz. Betrifft er auch die brisante Trennung von allgemein- und hochschulpolitischem Mandat der ASten. Diese können sich nämlich als gewählte Studierendenvertretungen und Körperschaften öffentlichen Rechts nicht zu allen allgemeinpolitischen Themen äußern. So ist es in den jeweiligen Hochschulgesetzen der Länder geregelt.

Wann genau politisches Engagement jedoch zu weit geht, ist nicht immer klar. Obwohl der rein formale Sieg vor dem Landgericht Frankfurt diese Frage ausklammert, zieht Valentin Fuchs, Vorstand des AStA Frankfurt, dennoch „politischen Aufwind“ aus dem Urteil: „Wir sind erleichtert. Das ist Rückenwind für studentische Plattformen.“

Wann überschreiten ASten ihr politisches Mandat?

Im Kern ging es dem AStA dar­um, sein hochschulpolitisches Mandat nicht beschneiden zu lassen und ein klares Zeichen gegen Sexismus zu setzen. Das Oberlandesgericht hatte dem AStA und dessen Zeitung in seiner Urteilsbegründung vor einem Jahr das Recht abgesprochen, sich zu dem allgemeinpolitischen Thema „Pick-up-Artists“ zu äußern – also zu Männern, die damit prahlen, Frauen notfalls mit Gewalt ins Bett zu kriegen. In letzter Konsequenz fiel das Urteil jedoch deshalb zugunsten des Klägers aus, weil dieser unzulässig identifizierbar gemacht worden sei, so die Begründung.

AStA versus Dating-Coach

Der Streit: Der Frankfurter AStA hatte in seiner Zeitung vom Juni 2015 die sexistischen Anmachtechniken von „Pick-up-Artists“ angeprangert. Die zwei Artikel kritisierten auch einen örtlichen Vertreter der Szene, die sich damit brüstet, möglichst viele Frauen aufzureißen – mitunter gewaltsam. Der Frankfurter „Dating-Coach“ sah seine Persönlichkeitsrechte verletzt und zog vor Gericht.

Die Urteile: Vor dem Oberlandesgericht bekam der Kläger zunächst nicht recht, konnte jedoch in zweiter Instanz eine einstweilige Verfügung gegen den AStA erwirken. Dieser wiederum wollte sich nicht beugen und ließ es auf das Hauptverfahren ankommen. Im Dezember hat das Landgericht Frankfurt die Unterlassungsklage aus formalen Gründen abgewiesen. Der AStA sei der falsche Beklagte.

Die Reaktionen: Deutschlandweit solidarisierten sich Hochschulgruppen mit dem Frankfurter AStA.

Wann aber überschreiten ASten ihr politisches Mandat? Grundsätzlich haben sie die Aufgabe, die Interessen der Student*innen zu vertreten, die von der Wohnungssuche bis zur Rechtsberatung reichen. Große politische Erfolge konnten ASten zuletzt etwa bei Semestertickets und der Abschaffung von Studiengebühren verbuchen.

In Baden-Württemberg setzten sich die ASten aktuell gegen die geplante Wiedereinführung der Studiengebühren ein. Und das ist auch juristisch völlig unstrittig. Auch dass ASten sich klar politisch äußern, wenn sie Antirassismus- oder LGBTI-Referate an ihrer Hochschule aufbauen.

Aufruf zur Pegida-Gegen­demo überschreitet Grenze

Die Meinungen, wann das politische Engagement von Studierendenvertreter*innen das AStA-Mandat sprengt, gehen aber dann auseinander, wenn ihre Aktionen über Hochschulpolitik hinausgehen. So wie an der Uni Osnabrück. Dort hatte im Juli 2015 ein Jurastudent in 74 Einzelfällen gegen den AStA geklagt. Der AStA hätte sich ein allgemeinpolitisches Mandat angemaßt, das ihm nicht zustehe, und vor allem linkspolitische Hochschulgruppen und Projekte unterstützt.

ASten müssen sich zu politisch relevanten Themen äußern

Anwalt Marc-Oliver Srocke

Das Verwaltungsgericht stellte sich auf die Seite des AStAs: Die meisten Fälle seien nach Niedersächsischem Hochschulgesetz noch von dessen „politischem Bildungsauftrag“ gedeckt. Zwölf der Fälle kritisierte das Gericht jedoch als Grenzüberschreitungen – unter anderem den Aufruf zu einer Pegida-Gegendemo und ein Willkommenstransparent für Geflüchtete.

Die Auslegung des Gerichts wirft für Studienvertreter*innen heikle Fragen auf: Können sie sich künftig nicht mehr zu Trump, Rassismus oder Populismus äußern? Wie ernst muss man eine Klage gegen eine Demo nehmen? Können sie sich einen Prozess mit offenem Ausgang finanziell überhaupt leisten?

Warten auf den Präzedenzfall

Medienrechtsanwalt Marc-Oliver Srocke stellt sich klar aufseiten der ASten: „Universität ist ein Ort, an dem Diskurse stattfinden. Es ist die Aufgabe von Studentenvertretungen, sich auch zu gesellschaftlich und politisch relevanten Themen zu äußern.“ Wenn sich ASten – und deren Zeitungen – strikt auf Hochschulthemen beschränken müssten, „dürften sie nur über Mensaessen oder Semesterticket schreiben“. AStA-Zeitungen müsse es möglich sein, Student*innen eine Plattform zur Meinungsäußerung zu bieten.

Diese können sich dann wiederum auf ihr Grundrecht der freien Meinungsäußerung berufen. Und für Srocke wiegt das im Fall des Pick-up-Artisten eindeutig schwerer als vermeintlich verletzte Persönlichkeitsrechte. Das Landgericht hätte also ein klares Zeichen für das politische Mandat von ASten setzen können. Für andere Studierendenvertretungen im Land heißt das: Auf den Präzedenzfall müssen sie noch warten.

Das kann der Streit an der Universität Frankfurt aber noch werden. Der „Pick-up-Artist“ hat Anfang Januar Berufung eingelegt. Es könnte erneut zu einer Verhandlung kommen. AStA-Vorsitzender Valentin Fuchs ist trotz der bisherigen Urteile optimistisch und hofft, dass die Klage dann auch inhaltlich abgewiesen wird.

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2 Kommentare

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  • Eine gewählte Vertretung in ihrer politischen Tätigkeit einzuschränken zeugt von antidemokratischer Gesinnung.

  • Verstehe die Aufregung hier nicht.

     

    "Pick-Up-Artists" propagieren körperliche Gewalt, sprich Nötigung, zum Erreichen ihrer "Ziele". In diesem Fall, Gewalt gegen Frauen.

     

    Frauen sind an jeder Universität in Deutschland eingeschrieben, oft bilden sie die größte Gruppe.

     

    Ein Allgemeiner Studierendenausschuss (AStA) sollte doch das Recht und die Pflicht haben, die immatrikulierten Kolleginnen über entsprechende Gefährder in der Zivilgesellschaft aufzuklären und auf potentielle Überzeugungs-Straftäter vor Ort auch namentlich und mit Bild hinzuweisen.

     

    WTF, WO IST BITTE DAS PROBLEM?!