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Plan für abgelehnte AsylbewerberSeehofer fordert Festsetzung

Der Bundesinnenminister will abgelehnte Asylbewerber einsperren, damit sie nicht „verschwinden“. Demnächst will er dazu Maßnahmen vorschlagen.

Horst Seehofer möchte konsequenter abschieben Foto: ap

Berlin taz | Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) will die Ingewahrsamnahme abgelehnter Asylbewerber ausweiten. „Wenn jemand abgeschoben werden soll, sollten wir ihn in Gewahrsam nehmen, damit er zum Zeitpunkt der Abschiebung nicht verschwunden ist“, sagte er der Rhein-Neckar-Zeitung. Anfang 2019 werde er der Koalition ein „Bündel“ von Maßnahmen vorschlagen, um „die rechtlichen Grundlagen für Abschiebungen und Rückführungen nochmals zu verschärfen“.

Diese Ankündigungen sind nicht neu – sie finden sich bereits in Seehofers „Masterplan Migration“. Dort fordert er eine „praktikablere Ausgestaltung der Abschiebungshaft“ zur „Verhinderung von Untertauchen im Falle bevorstehender Abschiebung“.

Unter dem umgangssprachlichen Begriff „Abschiebungshaft“ summieren sich unterschiedliche Instrumente, wie die Vorbereitungshaft, die Sicherungshaft, die Ingewahrsamnahme sowie der Ausreisegewahrsam, für die jeweils unterschiedliche Bedingungen gelten. Auf welche Form Seehofer sich bezieht, ist bislang unklar. Eine Abschiebungshaft ist laut Gesetz „unzulässig, wenn der Zweck der Haft durch ein milderes, ebenfalls ausreichendes anderes Mittel erreicht werden kann“.

Abschiebungen können außer an Unauffindbarkeit einer Person aus anderen Gründen scheitern – etwa, weil der Abzuschiebende aus gesundheitlichen Gründen nicht reisefähig ist oder weil das Herkunftsland sich weigert, ihn zurückzunehmen. 2017 seien 20.923 Rückführungen an Flughäfen vor der Übergabe an die Bundespolizei gescheitert, erklärte das Bundesinnenministerium. Davon 7.120 wegen einer „nicht erfolgten Zuführung am Flugtag“.

Eine Abschiebungshaft ist laut Gesetz unzulässig, wenn der Zweck der Haft durch ein milderes, ebenfalls ausreichendes anderes Mittel erreicht werden kann

„Es wird jetzt die Aufgabe von Herrn Seehofer sein, das Defizit klar zu umreißen und einen konkreten Vorschlag zu unterbreiten“, sagte Lars Castellucci, migrationspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, der taz. Die SPD verschließe sich „sinnvollen Maßnahmen zur Ordnung und Steuerung von Migration nicht“, sagte Castellucci – „aber wir beteiligen uns auch nicht an anlasslosem Aktionismus.

Die Grüne Luise Amtsberg nannte Seehofers Ankündigung einen „total irren Plan“. Er könne „doch nicht ernsthaft fordern, alle ausreisepflichtigen Personen in Abschiebehaft zu nehmen“. Der Freiheitsentzug sei „einer der massivsten Eingriffe in die Grundrechte eines Menschen“ und „zu Recht“ nur als Ultima Ratio zulässig, sagte Amtsberg. Ulla Jelpke von der Linksfraktion nannte die angekündigten Verschärfungen bei Rückführungen „fatal“: Schon jetzt häuften sich „Berichte über Polizeigewalt, Fesselungen, Demütigungen und Familientrennungen bei Abschiebungen“, so Jelpke.

Dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zufolge waren Ende Oktober 234.986 Menschen in Deutschland ausreisepflichtig. 177.874 davon hatten eine Duldung, die Abschiebung war also zumindest zeitweise ausgesetzt. Bei 57.112 Personen war das nicht der Fall.

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13 Kommentare

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  • Die Faktenlage sieht doch so aus, dass unser Innenminister verfassungsfeindliche Positionen vertritt und ein gefährlicherer Rechtspopulist und Rechtsextremist ist als Gauland.

    Fakt ist auch, dass der Verfassungsschutz dem Neofaschisten namens Seehofer untersteht.

    Im postfaktischen Zeitalter sind die Fakten, die ich hier anführe natürlich Fake-News.

    In welchem Land sollen verfassungstreue Deutsche eigentlich Asyl beantragen, wenn Seehofer auf die Idee kommt, politische Gegner (Gefährder?) in Gewahrsam zu nehmen und dies durchsetzt? Dies kann nämlich passieren, wenn die schweigende Mehrheit im Land nichts gegen Seehofer unternimmt.

  • @Regierung: Könnt ihr euch jetzt mal anderen Themen widmen? Irgendwann muss doch mal Schluss sein mit dieser Paranoia. Wie wäre es denn mal mit Sicherstellen von bezahlbarem Wohnraum, ein Rentenkonzept, länger als bis zum Ende der Legislaturperiode usw. usf.

    @ Lars Castellucci: Unsinn, die SPD nickt alles ab, was der Chef (CxU) vorlegt.

  • Angesichts der hohen Anzahl "misslungener" Abschiebungen, die auf ein Untertauchen kurz vor der Abschiebung zurück zu führen sind und der damit verbundenen hohen Kosten finde ich die Forderung nachvollziehbar und unterstütze diese.

    Zur Erinnerung, die Betroffenen sind alle ausreisepfichtig und kommen dieser Pflicht nicht nach.

    • @DiMa:

      Wie können Sie vereinbaren, dass Menschen Freiheitsentzug bekommen, ohne dass sie wegen einer Straftat verurteilt worden sind, und dass wir in einem Rechtsstaaten unter Habeas Corpus weiter leben?



      Wie werden Sie euphemistisch diese Lager-die-keine-Gefängnisse-sind-weil-man-drin-sitzt-ohne-in-Haft-zu-sein nennen?

      • 8G
        83492 (Profil gelöscht)
        @Eulenspiegel:

        "Wie können Sie vereinbaren, dass Menschen Freiheitsentzug bekommen, ohne dass sie wegen einer Straftat verurteilt worden sind, und dass wir in einem Rechtsstaaten unter Habeas Corpus weiter leben?"

        Das wird Sie schockieren, aber das geht auch jetzt schon:

        "Kann ein Zwangsgeld nicht beglichen werden oder erscheint es von vornherein aussichtlos, kommt die Verhängung einer Zwangshaft in Betracht. Die Androhung der Haft und ggf. auch dessen Durchführung soll, noch stärker als das Zwangsgeld, die Willensbeugung des Betroffenen bewirken."

        www.heckmann.net/v...ungsvollstreckung/

  • Werden im nächsten Schritt muslimische Asylsuchende mit einem gelben Halbmond am Ärmel markiert, damit man sie schneller erkennt?

    • @Michi W...:

      Weshalb der Islambezug? Dürfen Georgier etwa auf einmal bleiben?

  • 8G
    81331 (Profil gelöscht)

    ...Freiheitsberaubung, Herr Seehofer, so etwas nennt man Freiheitsberaubung.



    Was haben Ihnen diese Menschen eigentlich angetan?!

    • @81331 (Profil gelöscht):

      Auch der Freiheitsentzug ist im Rahmen gesetzlicher Grenzen zulässig.

      "Diese Menschen" haben Herrn Seehofer persönlich nichts "angetan", sie kommen jedoch ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nach und Kosten den Steuerzahler durch ein Untertauchen kurz vor de Abschiebung ein Haufen Geld. FErner wird die Funktionsfähigkeit der Verwaltung parziell stark beeinträchtigt. Alles gute Gründe.

    • 9G
      97684 (Profil gelöscht)
      @81331 (Profil gelöscht):

      Werte (r)Virilio



      Sie haben völlig recht. "Aber.Finden Sie Ihre Kommentar nicht etwas zu emotional, unsachlich?

      Nein, Scherz beiseite, bleiben Sie so.Schreiben und denken Sie weiter so.

      Mich hat Ihr Kommentar gefreut.

  • Wo ist denn bloß das Problem bzw. das Empörungspotential? Es muss sich doch niemand abschieben oder in Gewahrsam nehmen lassen. Ist der Antrag abgelehnt, hat das Rechtsmittel nicht geholfen, war auch der Folgeantrag, die Petition, das Schreiben an die Härtefallkommission erfolglos und mag die Kirchengemeinde auch kein Kirchenasyl gewähren, dann schützt die freiwillige Ausreise vor Haft und Abschiebung. Einfach machen!

  • 9G
    97684 (Profil gelöscht)

    Kommentar entfernt. Bitte bleiben Sie sachlich.

    • 9G
      97684 (Profil gelöscht)
      @97684 (Profil gelöscht):

      Noch eine sachliche Antwort.



      Ich hör immer"sachlich". Warum sieht man bloss nix Sachliches in unserer ständig die Worte "Realismus" und "Pragmatismus" und "Sachlichkeit " Politik.



      Da denk ich mir dich mal: Ändert zwar nix. Aber sei mal etwas unsachlich in dieser sachlichen und rationalen nur auf Fakten und toller Kommunikation beruhenden Weltwirklichkeit. Das wir wegschmelzen und in 50 -200 Jahren nix und niemand mehr da ist, der "sachlich " ist, Kriegstreiber in Ost und West, Nord und Süd sich dran machen den näxten Krieg vorzubereiten. Die paar sozialen Errungenschaften mit Volkes Einverständnis an die Wand gefahren werden- geschenkt. ....



      Iwo. Bleiben wir sachlich