piwik no script img

Plagiatsaffäre um BildungsministerinSchavan will bleiben

Das mögliche Uni-Verfahren wegen der Plagiatsvorwürfe um Schavans Doktorarbeit führt zu Rücktrittsforderungen. Sie weist die Kritik indes weit von sich.

Hat noch kein Bock zu gehn: Bundesbildungsministerin Annette Schavan Bild: dapd

BERLIN dpa | Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) setzt sich gegen Plagiatsvorwürfe zu ihrer Doktorarbeit und gegen Rücktritts-Spekulationen zur Wehr. „Ich habe meine Arbeit nach bestem Wissen und Gewissen erstellt. Deshalb weise ich die Vorwürfe entschieden zurück“, sagte sie der Zeitung Die Welt.

Zugleich bestritt Schavan Rücktrittsgedanken: „Ich möchte Ministerin bleiben über die Bundestagswahl hinaus.“ Sie erfahre „ungewöhnlich viel Ermutigung und Unterstützung in der Wissenschaft, der Politik und einer breiten Öffentlichkeit“.

Zuvor war bekanntgeworden, dass der Promotionsausschuss der Universität Düsseldorf ein Prüfungsverfahren zum Entzug des Doktortitels empfiehlt. Ein Gutachter der Universität will eine „leitende Täuschungsabsicht“ der Ministerin bei ihrer 1980 fertiggestellten Arbeit „Person und Gewissen“ erkennen. Am 22. Januar entscheidet der Fakultätsrat der Philosophischen Fakultät, ob das Verfahren eröffnet wird.

Schavan verwies darauf, dass zu einem fairen Verfahren auch Diskretion gehöre. „Deshalb habe ich in der Öffentlichkeit im Wesentlichen geschwiegen und werde das auch weiterhin tun. Wenn die Universität es anders handhabt, gilt: Jeder trägt Verantwortung für das, was er öffentlich sagt.“

SPD fordert Rücktritt

Die SPD setzt Schavan derweil wegen des drohenden Verfahrens zur Aberkennung ihres Doktortitels unter Druck. SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles forderte in der Bild am Sonntag: „Sollte sich herausstellen, dass Frau Schavan plagiiert hat, ist sie als Wissenschaftsministerin untragbar. Wenn sie das wissenschaftliche Handwerk nicht ordnungsgemäß ausgeübt hat, muss sie Konsequenzen ziehen.“

Der FDP-Forschungspolitiker Martin Neumann hatte Schavan zuletzt ebenfalls einen Rücktritt nahegelegt, sollten sich die Vorwürfe im Zusammenhang mit ihrer Doktorarbeit bestätigen. „Sie ist verantwortungsvoll genug, um zu wissen, welche Konsequenzen sie – je nach Ausgang – zu ziehen hat“, sagte der forschungspolitische Sprecher der FDP-Fraktion der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS). Neumann fügte hinzu: „Je länger so ein Verfahren läuft, desto schwieriger wird es für beide Seiten.“

Spekulationen um Rücktritt

Schavans Sprecher Robin Mishra hatte schon am Samstag Spekulationen über mögliche Rücktrittsüberlegungen der Ministerin zurückgewiesen. „Da ist nichts dran“, sagte er. Bisher hatte es in der Debatte über angebliche Plagiate in Schavans Doktorarbeit weder aus der Koalition noch aus der Opposition konkrete Rücktrittsforderungen gegeben.

Auch einige hohe Funktionäre der Wissenschaftsorganisationen hatten sich eher schützend vor Schavan gestellt - zunächst müsse das Untersuchungsergebnis der Universität Düsseldorf abgewartet werden.

Die FAS schreibt, die enge Vertraute von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) denke „offenbar“ selbst darüber nach, ihr Amt aufzugeben, falls der Fakultätsrat der Philosophischen Fakultät der Universität ein Verfahren zur Aberkennung ihres Doktortitels einleiten sollte.

Dabei beruft sich die Zeitung auf Unionskreise. So habe die Ministerin selbst die Frage aufgeworfen, ob sie im Amt bleiben könne, sollte die Universität ein Verfahren eröffnen. Laut Spiegel-Bericht war die Empfehlung des Düsseldorfer Promotionsausschusses einstimmig mit 7 zu 0 Stimmen. Schavan wird vorgeworfen, Quellen nicht korrekt ausgewiesen zu haben.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

9 Kommentare

 / 
  • J
    jimmygjan

    Gegenüber den Hochschulabsolventen, welche nur mit befriedigend oder ausreichend (bei Juristen sind dies etwa 2/3 der Absolventen) examiniert haben und nie die Chance bekommen zu promovieren, sind die Fälle der Promotion mit Plagiatsvorwurf eine himmelschreiende Ungerechtigkeit.

    Ohne einen Nachweis dafür zu liefern, besteht für mich die Vermutung, dass mit dem richtigen Parteibuch und dementsprechender Förderung durch die Hochschule die "Wege" geebnet werden.

    Wir leben in einem wunderschönen Land. Eine Bananenrepublik lässt grüßen.

  • DA
    Dr. Ahmet

    Bei Katholiban reicht doch einmal Beichten, dann ist alles wieder Ok, habe ich gehört.

  • OP
    Otto Pardey

    Die Schavan klebt genauso wie alle anderen

    an ihrem Sessel,

    es ist ja so schoen in Deutschland u.a.

    die Buerger zu bescheissen.

  • F
    F.Krueger

    Die gute Frau klebt schon erheblich an Ihrem Stuhl. Von den prall gefuellten Fleischtoepfen entfernt man sich halt nicht so gerne. Eine plagiatierende Wissenschaftsministerin ist jedoch voellig untragbar. Das wuerden so manche ja direkt als Freibrief auslegen. Bin gespannt wann der naechste Plagiator aus der Politik bekannt wird. Scheint in diesen Kreisen ja Gang und Gebe zu sein.

  • A
    aka

    Schavans Arm reicht offensichtlich immer noch weit. In der Frankfurter Rundschau wurde heute gleich eine ganze Reihe von kritischen Kommentaren entfernt,

    die zwar scharf, dabei aber weder rassistisch noch sexistisch waren, noch zu Gewalt aufforderten oder persoenliche Beschimpfungen enthielten. Meine Kommentare, die um die Kriterien der FR fuer Loeschung fragten, wurden ebenfalls geloescht. Wenn mir nicht vor ein paar Tagen das Gleiche passiert waere, wuerde ich es nun auch fuer einen Zufall bzw. ein technisches Problem halten, dass ich mich seitdem weder mit meinem bisherigen noch dem extr4ra neu angeforderten Passwort fuer die Kommentarfunktion der FR einloggen kann. Die Freiheit der Presse scheint immer weiter zu erodieren. Hoffentlich haelt die TAZ weiter stand.

  • VB
    Volker Birk

    Zurücktreten ist aus der Mode gekommen. Und nur wegen einem Verfahren in Sachen Doktorarbeit muss doch eine Bundesbildungsministerin nicht zurücktreten.

     

    Sie wäre damit sogar in guter Gesellschaft bei einem Finanzminister, der mal 100.000 DM "vergessen" hat, sowie einem Entwicklungshilfeminister, der im Wahlkampf noch sein jetziges Amt abschaffen wollte.

     

    Merkels Gruselkabinett wird's aushalten. Die Leute wählen das ja auch.

  • W
    Wüstenratte

    Da schawant mir, es geht nur um die Art an möglichst viel der bunten Knete zu glangen. Dort, wo sie ist, in der Quasselbude und bei Muddi in der Ministrantenbande bekommst sie die , in der Wirtschaft müßte sie dafür arbeiten, und das vielleicht ohne Doktortitel.

  • D
    Detlev

    Sie ist chancenlos, aber verzweifelt. Eine schlechte Mischung. Immerhin dürfte Merkel jetzt bald was zu tun haben, denn so wie Freiherr zu Gutenberg darf Schavan nicht enden. Bleibt also nur massiver Druck auf die Universität auszuüben und dort die Leitungsebene zu mobben - schwer, denn die CDU regiert nicht mehr NRW.

    Ich denke mal, Annette Schavan wird im Frühjahr einen peinlichen Abgang unter Zwang hinlegen.

  • T
    TreeSc

    Wissenschaft by Ermutigung. Alle Achtung. Fehlt ja nur noch ein Referendum. Warum haben diese WerteInDenRaumSteller nicht den Anstand, es gut sein zu lassen, wenn gut ist. (Fast) jeder weiß, dass sie gehen muss. Aber sie glaubt, die Ausnahme zu sein, bei der die Spielregeln neu verhandelt werden können.