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Pläne der BundestagsfraktionSPD will 365-Euro-Jahresticket

Bus und Bahn für einen Euro am Tag. Die Sozialdemokraten wollen den öffentlichen Personennahverkehr deutlich vergünstigen.

Straßenbahn vor dem Berliner Fernsehturm am Alexanderplatz Foto: dpa

Berlin dpa | In der Diskussion um mehr Klimaschutz will die SPD-Fraktion im Bundestag die Preise für den öffentlichen Nahverkehr deutlich senken. „Wir wollen, dass jede und jeder flächendeckend mit Bus und Bahn zu bezahlbaren Preisen, egal ob in der Großstadt oder auf dem Land, unterwegs sein kann“, heißt es in einem Entwurf, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt und über den die Süddeutsche Zeitung berichtete. Kommunen sollten deshalb „bei der schrittweisen Einführung eines 365-Euro-Jahrestickets“ unterstützt werden.

Interims-Fraktionschef Rolf Mützenich sagte zum Auftakt einer zweitägigen Fraktionsklausur: „Ich glaube, es wird auf jeden Fall etwas kommen, was den öffentlichen Nahverkehr noch attraktiver macht als bisher.“ In einigen Städten wie Bonn und Reutlingen gibt es solche Nahverkehrs-Jahreskarten zum Preis von einem Euro pro Tag bereits, wenn auch vorerst zum Teil nur für einen begrenzten Zeitraum. In Berlin wird das günstige Jahresticket bereits diskutiert.

In einem Papier, das die Fraktion am Freitag beschließen will, fordern die Sozialdemokraten auch mehr europäische Anstrengung für den Klimaschutz. So müsse das EU-Klimaschutzziel für 2030 angehoben werden, und zwar von 40 auf bis zu 55 Prozent Treibhausgasminderung gegenüber 1990.

Auch Fliegen müsse europaweit wieder einen angemessenen Preis bekommen. „Alles das, was wir national beschließen, wird keine Zukunft haben, wenn es uns nicht gemeinsam gelingt, es zusammen eben auch mit Europa (…) umzusetzen“, betonte Mützenich.

Deutschland soll mehr an EU zahlen

Deutschland muss aus Sicht der Fraktion in Europa insgesamt mehr Verantwortung übernehmen – und auch mehr Geld in die EU-Kasse zahlen. Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft 2020 wollen die Sozialdemokraten nutzen, um die EU in Sachen Klimaschutz und Steuergerechtigkeit, bei internationalen Beziehungen und in der Migrationspolitik voranzubringen. Fraktionsvize Achim Post sagte: „Statt einseitiger Sparpolitik und ewigem Klein-Klein braucht Europa eine mutige Zukunftsstrategie 2030, die Klimaschutz, soziale Gerechtigkeit und wirtschaftliche Innovation verbindet.“ Nötig sei eine „Schubumkehr hin zu deutlich mehr nachhaltigen Zukunftsinvestitionen“.

Daneben fordert die Fraktion eine „Qualifizierungsoffensive“ für Deutschland. Unter anderem soll die Weiterbildung von Arbeitslosengeld- oder Grundsicherungsbeziehern verbessert werden. „Die Obergrenze für Weiterbildungsmaßnahmen von 24 Monaten muss in beiden Fällen endlich aufgehoben werden“, heißt es in einer Resolution der Fraktionsspitze, über die auch das Redaktionsnetzwerk Deutschland berichtete.

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28 Kommentare

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  • Oder Autofahrer müssen sich zukünftig an den gesamtgesellschaftlichen Kosten ihres Fortbewegungsmittels beteiligen. D.h. sie zahlen auch für Gesundheitlichen Folgeschäden, für Umweltschäden, Lärmbelastung und Flächenverschwendung, dass Geld fließt in den öffentlichen Nah- und Fernverkehr der dann ausgebaut und gratis angeboten werden kann.

  • Dann bitteschön erst mal die Spardiktate der Schuldenbremsen für die Kommunen abschaffen, oder die Kommunen aus Bundesmitteln besser ausstatten. Die wissen schon wie es geht, allein es fehlt das Geld.

    Die SPD braucht sich nicht in den Vordergrund zu spielen, sie könnte ja auch einfach mal Politik machen. Wenns knallt, dann ist das eben so, und bei Neuwahlen können sie wenigstens sagen, dass sie es schon durchsetzen wollten. Immer nur Abnicken, was CDU/CSU will hilft für die nächsten Wahlergebnisse nicht weiter.

  • Ich finde das immer noch zu teuer ! Wenn man damit wirklich eine verkehrspolitische Lenkung erzielen möchte dürfte das höchstens die Hälfte kosten.

  • Den ÖPNV zu verbilligen, hilft sicher dem ärmeren Teil der Bevölkerung, wenn die Leute denn überhaupt akzeptablen ÖPNV vor Ort haben. Ganz schlecht ist die Verbilligung also nicht. Aber das dafür zugeschossene Geld (Subventionen) muss irgendwoher kommen. Wichtiger erscheint auch mir, dass der ÖPNV attraktiver ausgestaltet wird: z. B. Taktzeiten verdichten, mehr Linien oder Sammeltaxen anbieten.

    Ein zweiter Aspekt ist mir noch wichtiger: Der Mobilitätsbedarf ist in Deutschland sehr hoch. Sichtbar wird das beispielsweise daran:

    Außer in hoch verdichteten Gebieten gibt es kaum noch Geschäfte des täglichen Bedarfs in Wohngebieten, die für alle bequem zu Fuß erreichbar sind.

    Unternehmen muten ihren Beschäftigten zu, weite Strecken zur Arbeit zu fahren, indem sie Standorte zusammenlegen oder Beschäftigte an einen anderen Standort am entgegengesetzten Ende der Großstadt oder in eine andere Stadt in der Nähe versetzen. Die Job-Center der Arbeitsagenturen verpflichten ihre Klienten oft, weite Strecken zum Arbeitsplatz auf sich zu nehmen. Das schafft zusätzlichen Verkehr.

    Wenn nicht nur eine(r) in der Familie arbeitet, lässt sich der Wohnort nicht immer so wählen, dass es kurze Wege zu beiden Arbeitsplätzen gibt.

    Allerdings gilt auch: Wer sich auf dem Land oder in der Kleinstadt niederlässt, weiß in aller Regel um die weiten Wege und das schlechte ÖPNV-Angebot dort. Mancher, der es sich leisten könnte, in einer größeren Stadt zu wohnen, zieht trotzdem ins Grüne und fährt mit jeweils einem Auto je Beschäftigtem in der Familie zur Arbeit - und vorher die Kinder in die Schule. Ist das so, braucht man nicht jammern, denn man hatte die Wahl. Dass es in den größeren Städten keinen billigen Wohnraum gebe, widerspricht meiner Beobachtung. In Großstädten leben viele Ärmere. Man muss aber vielleicht mit einem Altbau zufrieden sein (haben übrigens oft geräumige Zimmer, die man teilen kann; praktisch für größere Familien). Einen Garten direkt am Haus gibt's dann auch nicht.

  • "Auch Fliegen müsse europaweit wieder einen angemessenen Preis bekommen."

    Damit der Plebs zu Hause bleibt...

  • Und morgen kommt dann die CDU mit einem 180 Euro Jahresticket für alle Hinfahrten. (;o))

  • Das wollen auch Grüne SPD und Linkspartei in Bremen.

    Kommt aber nicht.

    Wien hat es!

    Man muss nicht die CDU „zerstören“.



    Es reicht bereits Grüne, SPD und Linkspartei anzutreiben um einen sofortigen Schwenk auf regionaler Basis einzuleiten.

    Aber wahrscheinlich wird es dann doch wieder Merkel/die CDU umsetzen. ;-)

  • 8G
    83379 (Profil gelöscht)

    Wir brauchen guten Nahverkehr im Umland und in der Pampa dafür Geld ausgeben jetzt nicht noch den Städtern die Tickets Vergünstigen, das ist die falsche Priorität.

  • Ein attraktiver ÖPNV ist der mit niedrigen Taktzeiten und ausgedehnter Netz. Wenn es noch schnell, sauber und sicher ist, um so besser. Der Preis ist eine nachrangige Geschichte, denn selbst ein kostenloser Bus nichts nützt, wenn der mich nicht zur Arbeit oder Kino bringt. Gibt es einmal ein funktionierendes System, kann man sich um billige Tickets für Studierende Arbeitslose und Co kümmern. Oder wie seht Ihr das?

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @Doktor No:

      Heute mal wieder einige der besonderen Art schwarmförmig unterwegs?

      Können die neuen Programme schon Fragen stellen?

      • @76530 (Profil gelöscht):

        Oh ja. Wir Schwärmer können auch Fragen stellen.

  • In unserer Gegend (Umland von Bonn, der „Lead City“) findet Busverkehr samstags bis mittags, Sonntag gar nicht statt.

    Eine Anwendung des „preiswerten Tests“ scheiterte, da nicht mehr im Bonner Stadtgebiet.

    Eine Monatskarte im Abo kostet über 120 Euro, alle Fahrten über die Verbundgrenze haben sich (früher Anschlussticket für 3,20, heute EinfachWeiter-Ticket für 6,50 pro Person und Strecke) in den letzten Jahr grob verteuert.

    Ich glaube die Geschichte mit günstigerem und kundenfreundlichen ÖPNV nicht mehr.

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @Sven2000:

      Als Geschichte kann man das ruhig glauben. Passt gut in Märchenbücher.

  • 1. Muss wohl Wahlk(r)ampf sein.



    2. Ein attraktiver ÖPNV exsistert im Allgemeinen nur in größeren Städten.

    Alle Anderen Mitbürger haben davon nichts und die Kommunen können es auch nicht leisten aus eigener Kraft.

    • @Waldo:

      Hä? Das ist ein Vorhaben der SPD im Bundestag. Vorschläge zur Refinanzierung würden mich auch intererssieren. So wie Sie Ihren Kommentar formulieren, klingt dieser



      aber eher nach Schlechtreden des Vorhabens. (Dazu sei gesagt, dass ich keineswegs ein Fan der SPD bin). Für einen einhergehenden Ausbau des ÖPNVs sollte es meiner Ansicht nach auch gehen. Alleine von einer Preissenkung haben allerdings Mitbürger*innen bereits etwas, nämlich die mit geringem Einkommen.

      • @Uranus:

        ... wobei ich Wolfgang Leiberg in seiner Kritik schon recht geben würde. Bessere Lösungen gäbe es durchaus. Mehr hilft mehr. ;)



        Bereits jetzt gibt es in manchen Städten bereits Vergünstigungen. In Berlin z.B. können Menschen mit geringem Einkommen fahrscheinfrei den ÖPNV nutzen (>Berlinpass).

        • 7G
          76530 (Profil gelöscht)
          @Uranus:

          Den Hinweis auf Berlin (wie auch auf andere Metropolen) hört Wolfgang Leiberg auch öfter. Er fragt sich dann, ob Foristen bereit sind, über den eigenen Tellerrand zu schauen - auf die Teller, die nicht so üppig gefüllt sind.

          Für alle, die auf dem flachen Lande ihr irdisches Dasein fristen, ist der Hinweis auf Großstädte nicht nur wenig hilfreich, sondern eher ärgerlich. Umsomehr, als dass zunehmend weniger betuchte Menschen aus den Städten mangels Geld raus MÜSSEN, nicht wollen.

          Um am Beispiel zu verdeutlichen, was ich meine: mal auf rmv.de die Verbindungen zwischen Gießen und Wetzlar anschauen. Linien 310 und 312 eingeben.

          Danach gerne mit mir weiter debattieren. Zum Beispiel auch unter dem Aspekt, wieviele Menschen in den Großräumen als Nutznießer - und wieviele in der Pampa als Ausgegrenzte leben.

          Überschrift: soziale Gerechtigkeit für die, die es brauchen.

          • @76530 (Profil gelöscht):

            Ajo, sischer dat. Gegen eine Anwendung des Berliner Passes auf's Hässeländle hätte ich nichts einzuwenden. Notfalls ginge aber auch wohl 'n Hässe-/Gießen-/Wetzlar-...wasauchimmer-pass. ;)

            • 7G
              76530 (Profil gelöscht)
              @Uranus:

              Glauben Sie allen Ernstes, für die Betroffenen käme es auf die Deklaration und Darstellung an? Entscheidend ist, was hinten rauskommt. Alte Pfälzer Weisheit.

              • @76530 (Profil gelöscht):

                Aber Hallo! Vom Berliner Flair kann mensch nicht genug kriegen! ;)

  • Ich kann mir gut vorstellen, dass man auf die 365 € pro Jahr auch noch verzichten kann, wenn man die Herstellung, Vertrieb, Kontrolle und Überwachung der ganzen Tickets verzichten und den ÖPNV kostenlos machen würde.

    Vielleicht rechnet ein schlauer Kopf das einmal aus?

    • @Thomas Elias:

      Bezogen auf die Berliner BVG (U-Bahn, Tram und Bus):



      Bei 90 Kontrolleuren (keine aktuelle Zahl, dürfte jetzt wohl höher sein), davon 40 BVG-Mitarbeitenden (etwa 2100 EUR im Monat) und 50 Externen (etwa 1400 EUR im Monat) können wir von mind. 1.850.000 EUR Gehältern für Kontrolleure ausgehen. Daher bräuchten wir 5 Millionen gekaufte 365 EUR-Tickets in Berlin, um das auszugleichen. Die Kontrolleure der Deutschen Bahn (S Bahn) sind da noch nicht enthalten.

      Kostenlose Tickets hätten den Nebeneffekt, dass die Bahnen noch voller werden und mehr Vorfälle auftreten, die den ÖPNV unterbrechen (Kriminalität, Defekte Züge etc.). Die Verkersgesellschaft selbst hätte weniger Geld, also gehen Arbeitsplätze verloren und es wird nicht mer nachgerüstet. Außer der Staat gibt großzügige Zuschüsse. Wenn die in einer Rezession dann aber wegfallen oder gekürzt werden, ist die Idee zusammen mit dem ÖPNV gestorben.

      Wie wäre es denn ert mal mit einem gut funktionierenden ÖPNV im gesamten Bundesgebiet, für dessen Nutzung man angemessen bezahlt? Über günstigere Tickets kann man dann immer noch reden.

      • 7G
        76530 (Profil gelöscht)
        @Devil's Advocate:

        Bei soviel Großzügigkeit fällt Einem FAST nichts mehr ein.

        Wenn Ihre Großzügigkeit auch noch als Ziel die Bedürftigen hätte - und nicht die, die schon haben: Gwücklunsch.

        Schöne Grüße an die BVG ... am Besten bei "Mensch Meier" von TonSteineScherben. Werden Sie nicht kennen ...

        • @76530 (Profil gelöscht):

          Es git für Bedürftige, hauptsächlich Bezieher von Arbeitslosengeld II, den Berlinpass, der wiederum vergünstigte Tickets für den ÖPNV ermöglicht. Auch Studierende erhalten Vergünstigungen. Ich stehe der Unterstützug Bedürftiger nicht entgegen - ganz im Gegenteil. Aber wieso sollten auch die, die es sich leisten können - insbesondere wenn viele Unternehmen und Verwaltungen ein Firmenticket anbieten - eine Vergünstigung durch das kostenlose bzw. 365€-Ticket für alle erhalten?

          • 7G
            76530 (Profil gelöscht)
            @Devil's Advocate:

            Scheindebatten: Nein, danke.

            Wenn Sie neben einem Herz für Kontrolleure und BVG-Mitarbeiter auch eines für Bedürftige haben, die keine Vergünstigungen erhalten: um so besser - für Sie. Neid führt zu Verhärtungen des Herzens.

            Wenn nicht, auch kein Drama. In meinem weiteren Leben ist Ihre Einstellung eher von rudimentärer Bedeutung.

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Dass, um die Worte des Herrn Mützenich zu gebrauchen, etwas kommen wird, was den ÖPNV "noch attraktiver macht als bisher", ist keine Leistung. Dazu müsste er erst einmal attraktiv sein.

    Menschen, die auf dem platten Land wohnen und qua Fahrplan systematisch daran gehindert werden, abends oder an Sonn- und Feiertagen das Haus zu verlassen, verdient den Begriff 'Verkehr' nicht. Eher den der Fortbewegungsverhinderung.

    Placebos sind seit jeher beliebt. 365 € sind für Armutsrentner und HartzIVler ein Riesenbetrag. Einer, der für viele nicht zu stemmen ist.

    Kostenloser ÖPNV - oder Grundrente und HatzIV erhöhen. Alles Andere ist Augenwischerei, SPD.

  • 0G
    06455 (Profil gelöscht)

    Fordern kann man vieles. Machen muss man es!