Phoenix-Interview mit Angela Merkel: Dämpfer für die FDP
Lieblingskoalition Schwarz-Gelb? Nö. Man führe keine Koalitionswahlkämpfe, sagt die Kanzlerin Merkel mit einem Seitenhieb.
Ihre Union liegt in Umfragen bei 40 Prozent, die SPD bei 24. Leicht kann sich da eine gefährliche Siegesgewissheit einschleichen. Am Abend strahlte Phoenix das erste Fernsehinterview der Kanzlerin nach ihrem Urlaub aus – und bei der Aufzeichnung am Nachmittag in einem hellen Atrium der Deutschen Bank in Berlin-Mitte setzte Merkel ein paar Punkte für die heiße Wahlkampfphase.
So verurteilte sie zum Beispiel scharf den rechtsextremen Anschlag in der US-amerikanischen Stadt Charlottesville, bei dem ein 20-jähriger Rechtsextremer in eine Menschenmenge raste und eine junge Frau tötete. „Das ist rassistische, rechtsextreme Gewalt.“ Dagegen müsse man mit aller Kraft und Eindeutigkeit vorgehen, „egal, wo auf der Welt das passiert“. Gleichzeitig vermied sie es, das peinliche Schweigen des US-Präsidenten zu bewerten. Eine diplomatische Krise mit dem wichtigen Handelspartner liegt nicht im Interesse der Kanzlerin.
Sie bekräftigte ihr Ziel, mehr Geld in Verteidigung und Rüstung zu stecken – und verpasste ihrem Mitbewerber dann doch einen Seitenhieb. Die Große Koalition habe sich „insgesamt“ beim Nato-Gipfel von Wales verpflichtet, die Verteidigungsausgaben bis 2024 auf den Richtwert von zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes zuzubewegen, sagt Merkel. Das zielt auf die SPD: Schulz warnt vor einer „Aufrüstungsspirale“ und will das 2-Prozent-Ziel kippen.
Lieber Außenpolitik
Was man innerhalb einer Legislaturperiode zugesagt habe, könne man nicht im Wahlkampf rückgängig machen, sagt Merkel. Aber sie vermeidet jede Formulierung, die als Festlegung verstanden werden könnte. Ob Deutschland bis 2024 unter ihrer Regentschaft tatsächlich seinen Verteidigungsetat verdoppeln oder sich nur ungefähr in diese Richtung bewegen würde, bleibt offen. Und, das ist ihr wichtig: Das Geld werde nicht bei Sozialausgaben gestrichen. Merkel setzt darauf, dass sich die wundersame Vermehrung der Steuereinnahmen fortsetzt.
Am längsten spricht sie in der einstündigen Aufzeichnung über Außenpolitik. So warb sie etwa wieder einmal für eine solidarische Flüchtlingsverteilung in der EU. Einfach zu sagen, man habe nichts damit zu tun, um die Flüchtlinge sollten sich Italien und Griechenland kümmern: „So geht es auch nicht.“ Das kann man fast als Selbstkritik verstehen. Merkels frühere Regierung vertrat genau diese Haltung. 2011 tönte CSU-Innenminister Friedrich, Italien müsse sein Flüchtlingsproblem selbst regeln.
Merkel hat zum Schluss noch einen Dämpfer für die beschwingte FDP parat. Anders als 2009 äußert sie keine Sympathie für ein schwarz-gelbes Bündnis nach der Wahl. Wenn es einen natürlichen Partner gebe, dann sei es die CSU. „Ansonsten führen wir keine Koalitionswahlkämpfe.“
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