piwik no script img

Pflanzen und ihre BestäuberFortpflanzung ist Teamwork

Nicht nur Bienen sind wichtige Bestäuber, sondern auch Motten und Fliegen. Für Pflanzen ist wichtig, wie das Insekten-Team zusammengestellt ist.

Die bekannte Schmeißfliege Foto: imago

Viele Pflanzen sind darauf angewiesen, dass ein Insekt vorbeikommt und sie bestäubt. Dieses Insekt muss dann auch noch den richtigen Pollen dabeihaben. Und es muss ein Insekt der richtigen Art sein. Zum Beispiel können Bienen manche Pflanzenarten besser bestäuben als Fliegen oder Motten. Eine These in der Ökologie ist deswegen, dass es wichtig ist, wie die Bestäuberpopulation an einem Ort zusammengesetzt ist, also zum Beispiel wie viele Motten es im Vergleich zu Bienen gibt.

Bislang gibt es aber keine Studien, die die Beziehung zwischen Pflanzen und Bestäubern langfristig untersucht haben. Die bisherige Forschung konzentriert sich vor allem auf Bienen. Dabei kommen Fliegen in nördlicheren Regionen viel häufiger vor und sind weniger wählerisch, was ihre Nahrung und Brutorte angeht.

Die Studie

For­sche­r*in­nen aus Halle und Leipzig haben deshalb untersucht, welche Insekten welche Pflanzen besuchen. Dafür waren sie in der Nähe des finnischen Ortes Kittilä, der etwa 120 Kilometer nördlich des Polarkreises liegt. Dort hat der Biologe Frans Silén von 1895 bis 1900 das Gleiche getan. Die For­sche­r*in­nen konnten nun seine Ergebnisse mit ihren eigenen vergleichen und so herausfinden, wie sich die Zusammensetzung der Bestäuber in der Region verändert hat. Ihre Ergebnisse veröffentlichten sie im Fachmagazin Nature.

Als Silén die Bestäuber beobachtet hat, kamen dort noch Schwebfliegen und Motten am häufigsten vor. Heute sind es vor allem Muscoi­dea-Fliegen – darunter die bekannte Schmeißfliege – und Hummeln. Außerdem waren die Bestäuber früher auf bestimmte Pflanzen stärker spezialisiert, heute dominieren Generalisten.

wochentaz

Dieser Text stammt aus der wochentaz. Unserer Wochenzeitung von links! In der wochentaz geht es jede Woche um die Welt, wie sie ist – und wie sie sein könnte. Eine linke Wochenzeitung mit Stimme, Haltung und dem besonderen taz-Blick auf die Welt. Jeden Samstag neu am Kiosk und natürlich im Abo.

Das kann ein Problem sein für Pflanzen, die ihren Nektar so lagern, dass nur bestimmte Insekten an ihn kommen. Den Nektar der Prachtnelke zum Beispiel können nur wenige Mottenarten wie die Heidelbeer-Silbereule erreichen, wodurch sie seltener besucht wird und sich weniger gut fortpflanzen kann.

Dass heute häufiger die gleichen Insektenarten verschiedene Pflanzenarten anfliegen, hat den Vorteil, dass die Bestäuber belastbarer sind, weil es nicht so schlimm ist, wenn eine Art ausfällt – eine andere kann ihren Job relativ leicht übernehmen. Generalisten sind aber üblicherweise schlechter im Pollen-Übertragen, deswegen kann es sein, dass sich einige Pflanzenarten schlechter fortpflanzen.

Was bringt’s?

Wahrscheinlich hat sich die Zusammensetzung der Bestäuberpopulationen wegen der Erd­erhitzung verändert. Die subarktische ­Region, in der Kittilä liegt, ist eine der sich am schnellsten aufwärmenden Gegenden der Welt. Weil die For­sche­r*in­nen nur Daten von zwei Zeitpunkten haben, können sie den Effekt der steigenden Temperaturen nicht eindeutig beweisen.

Da das Land immer noch genauso genutzt wird wie Anfang des 20. Jahrhunderts, ist es aber sehr wahrscheinlich, dass der Klimawandel der ausschlaggebende Grund ist. Dass in Kittilä inzwischen Generalisten dominieren, könnte also auch ein Vorbote für Entwicklungen bei uns sein.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • Seltsam dass der Verlust von Riechen und Geschmack einhergehen mit dem Verlust von Lebensfreude in unserer Gesellschaft.



    Ein Schelm, wer an reinen Zufall denkt !

  • "Viele Pflanzen sind darauf angewiesen, dass ein Insekt vorbeikommt und sie bestäubt." Das bedeutet (festhalten) SEX zwischen den Arten.



    Das ist eine Ohrfeige für alle, die behaupten: "survival of the fittest".



    Unsere Lebensweise ist damit obsolet, ciao !

    • @Theseus:

      Genauso sicher ist, dass Viren u. Bakterien nicht "böse" sind, sondern biologische Botschaften überbringen.