Pferdefleisch in Lebensmitteln: Ab ins Tiefkühlgericht
Pferd statt Rind ist wohl bei Verbrauchern in mehreren europäischen Ländern auf dem Teller gelandet. Behörden ermitteln, doch die Lieferwege sind verworren.
BERLIN taz/afp/dpa | Es ist bereits das zweite Mal innerhalb weniger Wochen, dass der Fund von Pferdefleisch in verarbeiteten Lebensmitteln für Verunsicherung unter Verbrauchern sorgt. In den vergangenen Tagen haben Supermärkte in Großbritannien, Irland, Frankreich und Schweden mehrere Fertiggerichte aus den Regalen genommen und die Hersteller Rückrufaktionen gestartet. In einigen Stichproben bestand der Fleischanteil der Gerichte komplett aus Pferde- statt aus dem angegebenen Rindfleisch.
Woher das Pferdefleisch stammt und wie es statt Rindfleisch in die Fertigmahlzeiten gelangen konnte, ist noch unklar. Fest steht bislang nur: Die Lieferwege sind verworren. Der Lebensmittelkonzern Findus, unter dessen Namen ein Teil der zurückgerufenen Produkte verkauft wurde, gab an, das Fleisch vom Lebensmittelproduzenten Comigel mit Sitz im ostfranzösischen Metz geliefert zu bekommen. Der soll das ursprünglich aus Rumänien stammende Fleisch wiederum von dem französischen Zulieferer Spanghero erhalten haben. Sowohl Findus als auch Spanghero haben angekündigt, Klage einzureichen.
Der Vorsitzende des rumänischen Lebensmittelhändler-Verbandes Romalimenta, Sorin Minea, zeigte sich skeptisch. „Ich bin mir sicher, dass der Importeur wusste, dass es sich nicht um Rindfleisch handelt“, sagte Minea der Nachrichtenagentur afp. „Pferdefleisch hat einen besonderen Geschmack, eine besondere Farbe und eine besondere Beschaffenheit.“ In Rumänien gebe es drei Pferdeschlachthöfe, von denen Fleisch nach Frankreich und Italien geliefert werde.
Die britische Lebensmittelbehörde FSA bezeichnete die Vorkommnisse als Fälle „entweder grober Fahrlässigkeit oder möglicher Kriminalität“. FSA-Direktorin Catherine Brown forderte die Industrie auf „zu beweisen, dass die Lebensmittel im Verkauf auch enthalten, was auf dem Etikett steht“. Ob weitere Produkte betroffen sind, soll nun eine Testreihe klären. Deren Ergebnisse soll die Industrie bis zum 15. Februar an die Behörde melden.
Nordrhein-Westfalen will Kontrollen verschärfen
Nach Angaben der irischen Lebensmittelbehörde werde derzeit untersucht, ob das Pferdefleisch das Medikament Phenylbutazon enthält. Zwar sei das gesundheitliche Risiko beim Verzehr niedrig, doch das Schmerzmittel darf in der EU nicht eingesetzt werden, wenn die Tiere zu Lebensmitteln verarbeitet werden sollen.
Comigel, dessen Webseite nach Beginn des Skandals aus dem Netz genommen wurde, soll Tiefkühlgerichte auch nach Belgien, in die Niederlande und Deutschland exportieren. Das nordrhein-westfälische Verbraucherschutzministerium kündigte bereits an, die Kontrollen zu verschärfen. Bislang habe es aber keine Auffälligkeiten gegeben. Die Lebensmittelüberwachung liegt in Deutschland in der Zuständigkeit der Bundesländer.
Bereits im Januar hatte die irische Lebensmittelbehörde in Burgern großer Supermarktketten nicht deklariertes Pferdefleisch gefunden. Betroffen waren auch die irischen Töchter der deutschen Discounter Aldi und Lidl. Damals hatten vier Supermarktketten in Großbritannien und Irland Hamburger aus dem Verkauf genommen. Auch hier schoben die Produzenten die Verantwortung weiter. Nach Behördenangaben waren die Produkte zum ersten Mal auf Pferdefleisch untersucht worden – möglicherweise wurden sie also über Jahre in dieser Zusammensetzung verkauft.
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