Petition für Warmwasser im Freibad: „Man hält diese Kälte nicht aus“
Ralf Wendling hat eine Petition gestartet. Er fordert 25 Grad Beckentemperatur in Freibädern. Die könnten auch mit Solarpanelen heizen.
taz: Herr Wendling, sind Sie ein Warmduscher?
Ralf Wendling: Nein, überhaupt nicht. Ich bin trainiert, schwimme regelmäßig seit 20 Jahren. Wie kommen Sie darauf?
Ralf Wendling wohnt seit 28 Jahren in Berlin und geht seit 20 Jahren drei bis viermal die Woche schwimmen.
taz: Nachdem die Bäder-Betriebe angekündigt haben, die Freibäder bis auf wenige Ausnahmen nicht mehr zu beheizen, fordern Sie in einer Petition mindestens 25 Grad Beckentemperatur. Ist das nicht ein bisschen viel?
Wendling: Die normale Wassertemperatur, egal ob im Olympia- oder im Prinzenbad, betrug früher 26 oder 27 Grad. Mit der Energiepreiskrise vor drei Jahren wurde das dann auf 22 Grad gedrückt, was auch schon unangenehm sein kann. Ich halte 25 Grad für eine angemessene Temperatur, aber über ein, zwei Grad kann man sich unterhalten.
taz: Die Bäder werden dieses Jahr mit 12 Grad kaltem Wasser befüllt und sollen sich dann durch die höhere Außentemperatur und Sonneneinstrahlung erwärmen. Warum lehnen Sie das ab?
Wendling: Man hält diese Kälte einfach nicht aus. Ein ordentliches Schwimmprogramm für die körperliche Fitness besteht aus 1.000 Metern, dafür braucht der normale Schwimmer 30 Minuten. So lange bleiben Sie aber nicht im Wasser. Da kühlen die Extremitäten dermaßen aus, es kann zu Unterkühlungen kommen. Auch an Schwimmunterricht für Kinder ist dann nicht mehr zu denken.
taz: Wie lang wird es dauern, bis die Temperaturen auf ein aushaltbares Maß ansteigen?
Wendling: Im Mai haben wir noch Nachttemperaturen von 7 bis 10 Grad und es dauert lange am Morgen, bis die Sonne aufs Wasser scheint. Ein Becken mit Bodentiefen von zwei Metern erwärmt sich nicht so schnell. Deswegen wird es im Juni noch knüppelhart, vor Juli wird man da kaum schwimmen können. Das Problem ist: Dann bleiben die Besucher aus, wie schon nach der Absenkung auf 22 Grad viele weggeblieben sind. Aber wenn niemand mehr kommt und Eintritt zahlt, wird das letztlich zu Bäderschließungen führen. Und in den verbliebenen beheizten Bädern stauen sich dann die Besucher.
taz: Beheizt werden nur noch jene Bäder mit Solarabsorberanlagen. Können Sie das aus ökologischer Sicht verstehen?
Wendling: Es ist richtig, mit regenerativen Energien zu heizen. Aber dann wäre jetzt doch der Zeitpunkt für eine Umstellung in allen Bädern. Solarabsorber und -panels sind so günstig geworden. Kombiniert mit Natrium-Ionen-Batterien als Energiespeicher wäre das die ideale Lösung.
taz: Die Bäder argumentieren, ihnen ist der Heizkostenzuschuss vom Senat gestrichen worden, der spart auch in anderen Bereichen. Wen sehen Sie in der Verantwortung?
Wendling: Es geht gar nicht um eine Schulddiskussion, es sollte hier einfach nicht der Rotstift angesetzt werden. Die Einsparungen bewegen sich gemessen am Haushalt im Promillebereich. Aber Schwimmen ist Volkssport und trägt viel zur allgemeinen Gesundheit bei. Was da eingespart wird, zahlen später die Krankenkassen wegen Fettleibigkeit.
taz: Sind die angekündigten Preiserhöhungen nicht das viel größere Problem?
Wendling: Es ist einfach alles eine Unverschämtheit. 7 Euro Eintritt sind für Menschen ohne Geld eine richtige Melodie. Das wird dazu führen, dass sich viele keine Karte mehr leisen können. Normalerweise müsste der Volkssport allen gratis zur Verfügung stehen.
taz: Was wollen Sie mit der Petition erreichen?
Wendling: Wenn jetzt hier keiner muckt, werden die Dinger bald zubetoniert. Ich hoffe also auf 100.000 Unterstützer. Auch habe ich schon eine Klage gegen den Senat vorbereitet, die ich beim Verwaltungsgericht einreichen werde.
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