Petition der Woche: Naturschutz unter einem Dach
Die Biosphäre in Potsdam ist warm, feucht, schön – und ein Verlustgeschäft. Aber sollte sie deswegen gleich verschwinden?
In Potsdam wird nichts abgerissen, ohne dass es vorher hitzige Debatten gegeben hätte. Bürgerbeteiligung mobilisiert sich hier von selbst, wenn es um Gebäude geht. Meistens sind die barock oder sozialistisch – oder eben die zur Bundesgartenschau 2001 für 30 Millionen Euro errichtete Biosphäre.
Die Halle am Rande des Buga-Parks im Potsdamer Norden ist ein Tropenhaus mit rund 20.000 Pflanzen und 350 exotischen Tieren, ein beliebtes Ausflugsziel besonders an kalten, grauen Tagen. Betrieben und jährlich mit gut 1,5 Millionen Euro bezuschusst wird sie von der Stadt, genauer von der städtischen Bauholding Pro Potsdam.
Bis zum vergangenen Jahr musste die Biosphäre als Touristenattraktion genutzt werden, das war die Vereinbarung mit dem Land, das kräftig Fördermittel beigesteuert hatte. Weil der Betrieb aber seit mittlerweile über einem Jahrzehnt defizitär läuft, wird seit 2010 ein neuer Betreiber gesucht. Gefunden wurde bislang keiner.
Ideen, was mit der Tropenhalle geschehen soll, wucherten indes wild. Abriss oder Umbau – aber zu was? Derzeit treffen sich dort Muslime zum Freitagsgebet – aber auch nur bis eine neue Moschee fertig ist.
Jeder Umbau wäre teurer
Also die Halle ganz abreißen, wie es die Potsdamer Grünen vorschlagen? Das würde etwa 4 Millionen Euro kosten. Doch dagegen wehren sich viele Bürger. Nora Kiesant hat eine Petition auf den Weg gebracht: gegen einen Abriss, für eine Weiternutzung in modifizierter Form. Und vor allem: für den Erhalt der Arbeitsplätze für 20 Jahre. Mehr als 3.000 Menschen haben seit dem 24. Mai unterschrieben, rund ein Drittel davon aus Potsdam.
Anlass der Petition: Die Potsdamer Tropenhalle soll abgerissen oder umgewidmet werden.
Das will die Initiatorin: die Halle als tropischen Garten weiterbetreiben – mit mehr Zuschüssen der Stadt
Das will sie nicht: ein Jugendzentrum, eine Schule oder ein Schwimmbad
Das will sie eigentlich: ihre Arbeit behalten
Zu finden unter: bit.ly/2s4uJRN
Kiesant hat daran auch persönliches Interesse: Sie hat als selbstständige Umweltpädagogin an der Biosphäre gearbeitet und ist heute dort als Serviceleiterin angestellt. Und sie hängt an diesem Ort, an dem Schüler so viel über Natur und Umweltschutz lernen könnten. „Klar, all die anderen Dinge, die als Nutzungsoption immer wieder im Gespräch sind – ein Jugendklub, eine Schule, ein Kiezbad –, sind für den Stadtteil hier auch wichtig“, sagt sie. „Aber dafür gibt es andere Orte.“ Außerdem sei der dafür nötige Umbau viel zu teuer oder technisch nicht umsetzbar. Zu dem Schluss kommt auch Pro Potsdam. Den gewölbten Boden der Halle zu begradigen, wäre viel zu teuer.
Kiesants Petition unterstützt den Vorschlag von Oberbürgermeister Jann Jacobs von der SPD. Er will einen neuen Betreiber über eine europaweite Ausschreibung suchen. Jemanden mit neuem, attraktiverem und wirtschaftlicherem Konzept. Bis sich das trägt, so heißt es im Petitionstext, soll die Stadt die Förderung auf 1,9 Millionen Euro erhöhen. Weil sich aber niemand findet, wollen die Fraktionen von SPD und CDU die Ausschreibung jetzt erweitern um Betreiber, die Sport- und Spielangebote etablieren wollen.
Kiesant ist dagegen. Zu teuer sei das, der Ort zu besonders. Tatsächlich würde Potsdam mit der Tropenhalle eine der wenigen Touristenattraktionen verlieren, die nichts mit Barock zu tun haben.
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