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Personalwerbung für die BundeswehrGefährlich verengter Blick

Tanja Tricarico
Kommentar von Tanja Tricarico

Die Bundeswehr soll an Schulen mehr Präsenz zeigen, geht es nach Eva Högl. Das ist problematisch - Soldat:in sein ist eben kein normaler Job.

Will mehr Bundeswehr in der Schule: Wehrbeauftragte Eva Högl Foto: Julian Stratenschulte / dpa

E s herrscht Krieg in Europa. Die Bundesregierung pumpt ganz selbstverständlich Milliarden in die Landesverteidigung. Aber gehört zur Zeitenwende auch die Normalisierung der Einsätze der Bundeswehr? Die Tätigkeit als Sol­da­t:in als gewöhnliche Berufsoption? Geht es nach Verteidigungsminister Boris Pistorius oder der Wehrbeauftragten Eva Högl, dann lautet die Antwort: Ja. Pistorius will für die Nachwuchsgewinnung Praktika bei der Truppe für junge Menschen anbieten. Högl will, dass die Arbeit der Bundeswehr stärker in den Schullehrplan einfließt. Werbeverbote für die Bundeswehr an Schulen sehen beide kritisch.

Ihre Haltungen sind bitter. Junge Menschen, Be­rufs­an­fän­ge­r:in­nen, brauchen Orientierung für die Berufswahl und ein breites Spektrum an Ausbildungsangeboten. Kommen mit den Werbekampagnen für die Bundeswehr auch die Kampagnen für eine Ausbildung bei Friedensinitiativen, beim THW, für den Katastrophenschutz – also für die Bereiche, die ebenso für die viel beschworene Resilienz des Landes sorgen? Sicher nicht.

Und ob bei der Verherrlichung von Technik, von Disziplin und Ordnung tatsächlich gleichermaßen diskutiert wird, dass Tod und Überleben fundamentaler Bestandteil des Jobs sind? Zweifelhaft. Der Fokus auf militärische Aufrüstung blickt gefährlich verengt auf die geopolitischen Veränderungen unserer Zeit.

Die Personalnot in der Bundeswehr ist unbestritten. Bis 2031 sollen 20.000 neue Sol­da­t:in­nen gefunden werden. International hat die Bundesregierung Zusagen gemacht. Die Zeit läuft also, um neues Personal zu gewinnen. Auch deshalb läuft in diesen Tagen die PR-Maschinerie der Bundeswehr auf Hochtouren; soziale Medien werden mit markigen Botschaften vom Air-Defender-Manöver geflutet.

Der Tag der Bundeswehr am vergangenen Samstag an bundesweit zehn Standorten wurde zum Volksfest mit Truppenschau. Ja, es herrschen andere Zeiten als noch vor dem 24. Februar 2022, also vor dem brutalen Angriff Russlands auf die Ukraine. Die Normalisierung der Bundeswehr schreitet voran, deren kritische Beleuchtung und Alternativen allerdings nicht.

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Tanja Tricarico
wochentaz
Schreibt seit 2016 für die taz. Themen: Außen- und Sicherheitspolitik, Entwicklungszusammenarbeit, früher auch Digitalisierung. Leitet derzeit das Politik-Team der wochentaz. Privat im Einsatz für www.geschichte-hat-zukunft.org
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13 Kommentare

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  • Wehrkundeunterricht... Die DDRisierung der BRD schreitet weiter voran...

  • Augen auf bei der Berufswahl!



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    Aus sonntagsblatt.de:



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    "Es war bis vor einigen Jahren so, dass man unbehelligt ganz normal an der Uni Medizin studiert, hier und da mal eine Übung in Semesterferien gemacht hat und dann am Ende des Medizinstudiums nach dem Staatsexamen kam die sogenannte PUMA - die post- universitäre militärische Ausbildung - und da hat die angehende Ärztin gemerkt, dass das Krankentransportfahrzeug bewaffnet ist, und dass sie im Ernstfall, nicht in erster Linie Ärztin, sondern Soldatin ist. Das hat dann oft zu Kriegsdienstverweigerung geführt, weil man einfach so mitschwimmen konnte, ohne während der Ausbildung so richtig zu merken, was das eigentlich für ein Beruf ist."



    Wolfgang Burggraf, Theologe, EAK Bonn



    [Evangelische Arbeitsgemeinschaft für Kriegsdienstverweigerung und Frieden]

  • "Und ob bei der Verherrlichung von Technik, von Disziplin und Ordnung tatsächlich gleichermaßen diskutiert wird, dass Tod und Überleben fundamentaler Bestandteil des Jobs sind?"

    Sehr wahrscheinlich nicht. Heute morgen wurden auf n-tv junge Leute interviewt, die beim Tag der der offenen Tür in einer Kaserne waren. Es war nur die Rede von Karrierechancen und interessanten Berufsfeldern. Über Särge kein Wort.

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      So ähnlich ging es uns vor 1.5 Wochen am Hamburger Hauptbahnhof, wo scheinbar ein Soldat jungen Menschen 12-16 (wahrscheinlich) viel vom Job erzählte (Leutnant müsste es gewesen sein) auch da keine Infos wieviele Soldaten aus Afghanistan nicht mehr lebend zurückkamen etc.



      Aber das sind ja zuviele Kleinigkeiten..NICHT!

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Halten Sie die Jugendlichen denn wirklich für so naiv, dass ihnen die Gefahren nicht bewusst ist?

      Es ist doch in anderen Berufen mit besonderen Gefahren ähnlich.

      Wer zur Polizei geht, weiß, dass man dort getötet werden kann.

      Wer in der Krankenpflege in der Psychiatrie oder im Maßregelvollzug arbeitet, ist sich bewusst, dass das durchaus lebensgefährlich ist.

      Bei der Auszubildendenakquise wird es dennoch nicht thematisiert.

      Sind alles Jobs, wo es im öffentlichen Interesse liegt, dass sie jemand tut.

      Und wo man zu wenig Linke findet.

      • @rero:

        Das fragen sie wirklich?



        Wenn ein Bild gezeichnet wird, wo man mit Waffen erhaben über anderen ist?

        Gebe einen Menschen Macht und du erfährst viel über sein Wesen. Wenn man aber nicht die Macht zeigt und nicht gleichzeitig die Gefahren aufzeigt, bekommen wir das Ergebnis was wir teilweise schon bei den Polizisten haben. Hinrichtungen mit MPs weil man andersweitig sich nicht mehr zu helfen weiß. So kann man dann auch die Ausbildung bewerten...ich nenne es einfach "amerikanische Verhältnisse". Etwas was wir definitiv nicht gebrauchen!

      • @rero:

        "Halten Sie die Jugendlichen denn wirklich für so naiv, dass ihnen die Gefahren nicht bewusst ist?"

        Wir reden von einer Generation, die ihr gesamtes Leben ins Netzt stellt, ohne an die Folgen zu denken. Und von einem Alter, in dem Menschen noch leicht beeinflussbar sind.

        Ihre Beispiele sind etwas merkwürdig. Ist der Unterschied zwischen Krieg und Frieden wirklich so schwer zu erkennen? Gerade jetzt?

        • @warum_denkt_keiner_nach?:

          Gerade jetzt brauchen wir nun mal mehr Soldatinnen und Soldaten. Sie wissen, wer uns diese Situation aufzwingt.

          • @Suryo:

            Und? Was hat das damit zu tun, wie ehrlich man zu Jugendlichen ist? Heiligt der Zweck die Mittel?

            • @warum_denkt_keiner_nach?:

              Halten Sie Jugendliche für naiv?

              • @Suryo:

                s.o.

                • @warum_denkt_keiner_nach?:

                  Ich finde das unredlich. Ich bin inzwischen seit 14 Jahren Soldat und Vorgesetzter und erkläre - nicht nur seit Beginn des Angriffskriegs auf die Ukraine - jedem der es hören oder eben nicht hören will, dass es beim Soldatenberuf immer ums töten und getötet werden geht. Meine Vorgesetzten haben das nie anders gehalten und auch in all den Informationen die ich vor meinem Eintritt bekam, wurde die Ernsthaftigkeit dieses Berufes nie verschwiegen.



                  Ich finde genau das gehört auch - im Rahmen des Beutelsbacher Konsens - in die Schulen.