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Personalwechsel im Weißen HausTrump entlässt Sicherheitsberaterin

Der US-Präsident kommt einer öffentlichen Forderung seiner First Lady nach, Mira Ricardel zu entlassen. Dem war offenbar ein Streit vorausgegangen.

Mira Ricardel ist die erste, die auf öffentlichen Wunsch der First Lady gehen musste Foto: ap

Washington dpa | An Rauswürfe aus der Regierungsmannschaft von US-Präsident Donald Trump ist die Öffentlichkeit schon gewöhnt, doch der jüngste Personalwechsel im Weißen Haus sticht heraus. Am Dienstag hatte US-First Lady Melania Trump – in einem höchst ungewöhnlichen Schritt – öffentlich die Entlassung einer hochrangigen Regierungsmitarbeiterin gefordert.

Nur einen Tag später verjagte der US-Präsident diese Mitarbeiterin tatsächlich aus dem Weißen Haus. Sie soll nun eine „neue Rolle“ in der Administration übernehmen. Es geht um eine Frau, die der breiten Öffentlichkeit bislang kaum bekannt war: die bisherige stellvertretende Nationale Sicherheitsberaterin Mira Ricardel. Diesen Job ist sie nun los. Was steckt dahinter?

Am Dienstag stand Ricardel bei einem öffentlichen Auftritt noch wenige Meter von Donald Trump entfernt im Weißen Haus, bei einem Termin zum hinduistischen Fest Diwali. Kurz danach kam die aufsehenerregende Botschaft von Melania Trump. Über ihre Sprecherin ließ sie erklären, Ricardel habe es nach „Auffassung des Büros der First Lady“ nicht länger verdient, für das Weiße Haus zu arbeiten.

Kaum mehr als 24 Stunden später folgte Donald Trumps Entscheidung. Seine Sprecherin Sarah Sanders teilte am Mittwochabend (Ortszeit) mit, Ricardel werde zwar weiter den Präsidenten unterstützen. Sie werde das Weiße Haus aber verlassen und eine „neue Rolle“ in der Administration übernehmen. Der US-Präsident sei dankbar für Ricardels fortdauernden Dienst. Sie war bislang Stellvertreterin des Nationalen Sicherheitsberaters John Bolton.

Nach US-Medienberichten war Ricardel in den vergangenen Wochen mit Melania Trumps Büro aneinandergeraten – wegen organisatorischer Fragen rund um die erste Solo-Auslandsreise der First Lady nach Afrika. Unter anderem soll es um Sitzplätze im Flieger gegangen sein. Ricardel habe auch Differenzen mit Mitgliedern der Regierung gehabt, darunter Verteidigungsminister James Mattis. Der Clinch mit der First Lady wurde ihr aber offenbar zum Verhängnis.

Nur: Ist Streit mit der Frau des Präsidenten ein triftiger Grund, jemanden vom Posten als stellvertretende Nationale Sicherheitsberaterin abzuziehen?

Wie groß ist der Einfluss der First Lady?

Der Schritt wirft Fragen zum Einfluss von Melania Trump auf – und dazu, wie sehr sie sich in die Regierungsarbeit einmischen darf. Mit öffentlichen Stellungnahmen hält sich die First Lady üblicherweise sehr zurück, noch dazu mit Äußerungen politischer Art. In der Vergangenheit war sie streckenweise öffentlich nahezu unsichtbar, über Wochen abgetaucht. Dass sie nun offensiv die Entlassung einer hohen Regierungsvertreterin verlangte, ließ umso mehr aufhorchen.

Am Rande ihrer Afrika-Reise hatte Melania Trump dem US-Sender ABC ein langes Interview gegeben, in dem sie andeutete, dass sie sich mit Einschätzungen zu Personalfragen nicht zurückhält. Dort erklärte sie, es gebe Menschen im Weißen Haus, die nicht vertrauenswürdig seien. Auf die Frage, ob sie ihrem Mann gesagt habe, wen sie so einschätze, erklärte sie: „Mehrere Leute arbeiten nicht mehr dort.“

Aber wenn ihr Einfluss wirklich so groß ist, warum muss sie eine Personalie öffentlich angehen, anstatt ihrem Mann dies diskret einzuflüstern – wie dies auch First Ladies vor ihr getan haben? Die Außenwirkung für Donald Trump ist schließlich nicht ideal: Der vermeintlich mächtigste Mann der Welt steht nun entweder da als Mann, der unter der Fuchtel seiner Ehefrau steht. Oder als ein US-Präsident, der unumwunden persönliche Befindlichkeiten seiner Familie zur Grundlage für politische Entscheidungen macht.

Auch für Melania Trump ist der Schritt heikel. Die ersten spotten bereits über eine First Lady, die eine öffentliche Kampagne gegen Mobbing gestartet hat und nun eine unliebsame Mitarbeiterin aus dem Weißen Haus mobbt. Oder ist der Fall ein Beleg für ein Kommunikationsproblem zwischen Trump und seiner Frau, eine Kraftprobe zwischen dem „West Wing“ und dem „East Wing“ des Weißen Hauses?

Die Washington Post berichtete, Melania Trump sei zunächst auf internen Kanälen gegen Ricardel vorgegangen. Bolton habe sich jedoch vor seine Stellvertreterin gestellt. Die First Lady sei daraufhin an die Öffentlichkeit gegangen. Die beiden Frauen sollen sich übrigens nie persönlich begegnet sein.

Nicht die Letzte, die geht

Klar ist auf jeden Fall, dass die Episode einmal mehr für einiges Durcheinander in der US-Regierungszentrale spricht und für die Außenwirkung von Trumps Präsidentschaft nicht sehr zuträglich ist.

US-Medien berichten unter Berufung auf Trumps Umfeld, um die Laune des Präsidenten stehe es derzeit nicht zum Besten – unter anderem, weil die Kongresswahl für seine Republikaner nicht so gut lief wie von ihm erhofft. Der Präsident macht kein Geheimnis daraus, dass er mit einigen Mitgliedern seines Regierungsapparats unzufrieden ist.

angepisst von verdammt noch mal fast jedem

Regierungsmitarbeiter über Trump

Direkt nach den Kongresswahlen drängte er seinen Justizminister Jeff Sessions aus dem Amt. Mehrere müssen derzeit um ihre Jobs bangen. US-Medien zufolge gelten als Wackelkandidaten momentan vor allem Heimatschutzministerin Kirstjen Nielsen und der Stabschef im Weißen Haus, John Kelly. Aber auch andere könnte es treffen. US-Medien zitieren einen nicht genannten Regierungsmitarbeiter mit den Worten, Trump sei „angepisst von verdammt noch mal fast jedem“ in seinem Umfeld.

Dass es hinter den Kulissen – oft auch öffentlich zur Schau gestellt – heftige Kämpfe im Weißen Haus gibt, ist kein Geheimnis. Es erfordert einige Mühe, auf dem neuesten Stand zu bleiben, wer mit wem nicht kann und wer in welcher Allianz gegen wen arbeitet. Absolut sicher vor einem Rauswurf dürften sich derzeit nur Familienmitglieder – und Angeheiratete – im Weißen Haus fühlen.

Ricardel war sicher nicht die letzte aus Trumps Mannschaft, die ihren Posten verliert. Aber sie ist die erste, die auf öffentlichen Wunsch der First Lady gehen musste.

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8 Kommentare

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  • "Der Schritt wirft Fragen zum Einfluss von Melania Trump auf – und dazu, wie sehr sie sich in die Regierungsarbeit einmischen darf."

    Die Tatsache, dass die stellverteretende Sicherheitsberaterin überhaupt so intensiv mit dem Büro der First Lady aneinander geraten kann, sollte Hinweis genug sein: Mit der offiziellen Trennung zwischen Präsidentenamt und Präsidentengattin ist es real nicht so weit her. Auch die First Lady nimmt effektiv staatstragende Aufgaben wahr, indem sie ihre vergleichsweise informelle Nähe zur Macht nutzt, um als fliegende Botschafterin des Präsidenten zu fungieren.

    Das Weiße Haus hat so einiges von einem Königshof. Und auch an solchen haben sich historischimm wieder eher "private" Hofämternach un nach zu informeller oder sogar formalisierter Macht gebracht (Kämmerer, Truchseß, Marschall, Schenk, Mätresse etc.). Was letztlich zählt, ist die tatsächliche Nähe zum Staatsoberhaupt.

    Insofern muss auch eine formal aus dem Machtapparat des West Wing stammende Funktionsträgerin eben mit der First Lady auskommen und kann sich nicht darauf berufen, dass die ja gar kein politisches Mandat habe. So ist es nicht, und das hat Frau Trump wohl jetzt auch mal auf eine Weise klargestellt, die ihre einzigartige Position herausstellt: Jeder Andere "Höfling" im Weißen Haus wäre nämlich für so eine dissonante Pressemeldung gefeuert worden.

  • Ein Streit um Sitzplätze im Flugzeug? Und die beiden Damen sind sich nie begegnet? Echt sonderbare Geschichte.

    • @vulkansturm:

      Nuja, es ging wohl darum, dass Frau Ricardel der First Lady ein paar Mitarbeiter (Aufpasser?) ihres Stabes mit auf die Reise geben wollte und für diese Plätze in der Maschine verlangte, die der East Wing lieber mit Journalisten besetzen wollte - klassischer Revierkampf, also.

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Es ist ein schlechter Treppenwitz der Geschichte, dass Familienclans die politische Geschicke des einflussreichsten Landes auf diese Weise bestimmen. Auch die Kennedys waren mit ihren Verbindungen zur Mafia gewiss keine Kinder von Traurigkeit, sorgten aber in vor-digitalen Zeiten dafür, dass wenigstens der SCHEIN von Funktionalität und Einhaltung von Konventionen und Regeln aufrecht erhalten wurde. Die Bush-Family liess bereits daran zweifeln.

    Mittlerweile darf spekuliert werden, wie viele Entscheidungen Trump selbst fällt und wieviele andere Familienmitglieder. Gestik und Mimik der Beteiligten bei öffentlichen Auftritten dürften jedem Kenner eine Fülle von Erkenntnissen bringen. In meinen Augen keine, die zur Verbesserung der Schlafqualität zart besaiteter Zeitgenossen führen dürfte.

    • @76530 (Profil gelöscht):

      Hinweis vom "Taktiker": Es geht immer und überall, wo große Macht konzentriert ist, um persönlichen Zugang zu dem betreffenden Machthaber. Den kann man sich mit bestimmten Ämtern erzwingen, aber direkter ist er immer, wenn er auf persönlichen Faktoren wie Vertrauen und physische Nähe basiert.

      Insofern ist es ein wenig naiv zu glauben, die nahen Famliemitglieder eines Präsidenten hätten nicht mindestens denselben - auch politischen - Zugriff auf ihn wie seine offiziellen Zuarbeiter, wenn sie das wollen. Gewöhnlich halten sie sich nur raus.

      Ausnahmen gibt es aber genug (Eleanor Roosevelt und Hillary Clinton sind wohl die bekanntesten). Da sich der Präsident ohnehin einen hinreichend großen Teil seines Stabes aussuchen darf, ohne irgendwen um Erlaubnis zu fragen, ist das aber auch nicht wirklich ein Einfallstor für ungewöhnliche Willkür: Ob es nun die Trumps sind, Merkels "Girls' Camp" oder Schröders "FoGs", Leute ohne Amt aber mit Zugang und Vertrauensbonus sind Legion.

      • 7G
        76530 (Profil gelöscht)
        @Normalo:

        Kein Einwand, Herr Taktiker.

        Dass Einflüsterungen von seiten der Familienmitglieder bei Präsidenten bereits früher stattgefunden haben und auch heute noch stattfinden, darf vorausgesetzt werden.

        Im vorliegenden Fall ist es für mich primär eine Stilfrage. Und die bewerten wir Menschen bekanntermaßen nun mal unterschiedlich. Ich störe mich im Fall Trump daran. Vielleicht auch deshalb, weil ich die 'First Lady' nicht mag. Dies ist natürlich kein inhaltlicher Einwand.

        • @76530 (Profil gelöscht):

          Ich find's nicht so schlimm. Was Stil betrifft, können die Trumps ja schon länger ihr Leben in der sprichwörtlichen Ungeniertheit genießen. Ich zumindest habe mit dem Fremdschämen früh im vergangenen Jahr aufgehört (als klar war, dass sich auch mit dem Einzug ins Weiße Haus keine Besserung einstellen würde).

          Und wie schon bei den offiziellen Ernennungen der Eheleute Kushner zu Beratern finde ich es fast schon erfrischend, wie offen diese Familie ihre auch politische Verbindung zum Präsidenten kommuniziert. Nähme sie ihren Einfluss still und klammheimlich (wie die meisten "First Families" vor ihnen), wäre der sicher nicht geringer. Wir würden ihn aber nicht bemerken, sondern könnten ihn nur unterstellen.

          Das könnte sogar Absicht sein. Melania hat wohl erst versucht, das Problem intern und auf dem Dienstweg zu regeln, indem sie mit dem Stabschef geredet hat. Als der nicht spurte, soll sie - OHNE ihren direkten Draht zu dessen Boss zu nutzen - gleich über die Öffentlichkeit gegangen. Ergo: Hinterzimmer? Bettgespräch? Eben gerade nicht! In Amerika nennt man das "Strait Shooting", und so peinlich diese erneute PR-Blamage ist, es gibt sicher Fans, die es zu schätzen wissen.

          • 7G
            76530 (Profil gelöscht)
            @Normalo:

            Ja, da ist etwas dran. Was die Ungeniertheit angeht, bin ich auch ein bißchen (oder mehr als ein bißchen) neidisch. Diesen Status hätte ich auch gerne. Das Schicksal - und eigene Fehler - haben dies verhindert.

            Wenn ich mich richtig erinnere, haben Sie mal geschrieben, selbst im Land der unbegrenzten Zumutungen gewesen zu sein. Für kleine Häppchen aus dem Innenleben von 'terra incognita' bin ich immer wieder dankbar. Das erhält mir einen Rest von Barmherzigkeit.

            Meine eigenen Erfahrungen sind nun fünfzig Jahre alt. Ich durfte 1968 Thanksgivings day live in Baumholder erleben. Ein früher Kulturschock, von dem ich mich nie restlos erholt habe.

            Das gefühlte Motto: Hering schmeckt gut. Schokoladensauce schmeckt auch gut. Wie gut muss erst Hering mit Schokoladensauce schmecken. Von Turkey ganz zu schweigen.

            Abendliche Grüße von der Senioren-Lästerfront.