Personalwechsel im Weißen Haus: Trump entlässt Sicherheitsberaterin
Der US-Präsident kommt einer öffentlichen Forderung seiner First Lady nach, Mira Ricardel zu entlassen. Dem war offenbar ein Streit vorausgegangen.
Nur einen Tag später verjagte der US-Präsident diese Mitarbeiterin tatsächlich aus dem Weißen Haus. Sie soll nun eine „neue Rolle“ in der Administration übernehmen. Es geht um eine Frau, die der breiten Öffentlichkeit bislang kaum bekannt war: die bisherige stellvertretende Nationale Sicherheitsberaterin Mira Ricardel. Diesen Job ist sie nun los. Was steckt dahinter?
Am Dienstag stand Ricardel bei einem öffentlichen Auftritt noch wenige Meter von Donald Trump entfernt im Weißen Haus, bei einem Termin zum hinduistischen Fest Diwali. Kurz danach kam die aufsehenerregende Botschaft von Melania Trump. Über ihre Sprecherin ließ sie erklären, Ricardel habe es nach „Auffassung des Büros der First Lady“ nicht länger verdient, für das Weiße Haus zu arbeiten.
Kaum mehr als 24 Stunden später folgte Donald Trumps Entscheidung. Seine Sprecherin Sarah Sanders teilte am Mittwochabend (Ortszeit) mit, Ricardel werde zwar weiter den Präsidenten unterstützen. Sie werde das Weiße Haus aber verlassen und eine „neue Rolle“ in der Administration übernehmen. Der US-Präsident sei dankbar für Ricardels fortdauernden Dienst. Sie war bislang Stellvertreterin des Nationalen Sicherheitsberaters John Bolton.
Nach US-Medienberichten war Ricardel in den vergangenen Wochen mit Melania Trumps Büro aneinandergeraten – wegen organisatorischer Fragen rund um die erste Solo-Auslandsreise der First Lady nach Afrika. Unter anderem soll es um Sitzplätze im Flieger gegangen sein. Ricardel habe auch Differenzen mit Mitgliedern der Regierung gehabt, darunter Verteidigungsminister James Mattis. Der Clinch mit der First Lady wurde ihr aber offenbar zum Verhängnis.
Nur: Ist Streit mit der Frau des Präsidenten ein triftiger Grund, jemanden vom Posten als stellvertretende Nationale Sicherheitsberaterin abzuziehen?
Wie groß ist der Einfluss der First Lady?
Der Schritt wirft Fragen zum Einfluss von Melania Trump auf – und dazu, wie sehr sie sich in die Regierungsarbeit einmischen darf. Mit öffentlichen Stellungnahmen hält sich die First Lady üblicherweise sehr zurück, noch dazu mit Äußerungen politischer Art. In der Vergangenheit war sie streckenweise öffentlich nahezu unsichtbar, über Wochen abgetaucht. Dass sie nun offensiv die Entlassung einer hohen Regierungsvertreterin verlangte, ließ umso mehr aufhorchen.
Am Rande ihrer Afrika-Reise hatte Melania Trump dem US-Sender ABC ein langes Interview gegeben, in dem sie andeutete, dass sie sich mit Einschätzungen zu Personalfragen nicht zurückhält. Dort erklärte sie, es gebe Menschen im Weißen Haus, die nicht vertrauenswürdig seien. Auf die Frage, ob sie ihrem Mann gesagt habe, wen sie so einschätze, erklärte sie: „Mehrere Leute arbeiten nicht mehr dort.“
Aber wenn ihr Einfluss wirklich so groß ist, warum muss sie eine Personalie öffentlich angehen, anstatt ihrem Mann dies diskret einzuflüstern – wie dies auch First Ladies vor ihr getan haben? Die Außenwirkung für Donald Trump ist schließlich nicht ideal: Der vermeintlich mächtigste Mann der Welt steht nun entweder da als Mann, der unter der Fuchtel seiner Ehefrau steht. Oder als ein US-Präsident, der unumwunden persönliche Befindlichkeiten seiner Familie zur Grundlage für politische Entscheidungen macht.
Auch für Melania Trump ist der Schritt heikel. Die ersten spotten bereits über eine First Lady, die eine öffentliche Kampagne gegen Mobbing gestartet hat und nun eine unliebsame Mitarbeiterin aus dem Weißen Haus mobbt. Oder ist der Fall ein Beleg für ein Kommunikationsproblem zwischen Trump und seiner Frau, eine Kraftprobe zwischen dem „West Wing“ und dem „East Wing“ des Weißen Hauses?
Die Washington Post berichtete, Melania Trump sei zunächst auf internen Kanälen gegen Ricardel vorgegangen. Bolton habe sich jedoch vor seine Stellvertreterin gestellt. Die First Lady sei daraufhin an die Öffentlichkeit gegangen. Die beiden Frauen sollen sich übrigens nie persönlich begegnet sein.
Nicht die Letzte, die geht
Klar ist auf jeden Fall, dass die Episode einmal mehr für einiges Durcheinander in der US-Regierungszentrale spricht und für die Außenwirkung von Trumps Präsidentschaft nicht sehr zuträglich ist.
US-Medien berichten unter Berufung auf Trumps Umfeld, um die Laune des Präsidenten stehe es derzeit nicht zum Besten – unter anderem, weil die Kongresswahl für seine Republikaner nicht so gut lief wie von ihm erhofft. Der Präsident macht kein Geheimnis daraus, dass er mit einigen Mitgliedern seines Regierungsapparats unzufrieden ist.
Regierungsmitarbeiter über Trump
Direkt nach den Kongresswahlen drängte er seinen Justizminister Jeff Sessions aus dem Amt. Mehrere müssen derzeit um ihre Jobs bangen. US-Medien zufolge gelten als Wackelkandidaten momentan vor allem Heimatschutzministerin Kirstjen Nielsen und der Stabschef im Weißen Haus, John Kelly. Aber auch andere könnte es treffen. US-Medien zitieren einen nicht genannten Regierungsmitarbeiter mit den Worten, Trump sei „angepisst von verdammt noch mal fast jedem“ in seinem Umfeld.
Dass es hinter den Kulissen – oft auch öffentlich zur Schau gestellt – heftige Kämpfe im Weißen Haus gibt, ist kein Geheimnis. Es erfordert einige Mühe, auf dem neuesten Stand zu bleiben, wer mit wem nicht kann und wer in welcher Allianz gegen wen arbeitet. Absolut sicher vor einem Rauswurf dürften sich derzeit nur Familienmitglieder – und Angeheiratete – im Weißen Haus fühlen.
Ricardel war sicher nicht die letzte aus Trumps Mannschaft, die ihren Posten verliert. Aber sie ist die erste, die auf öffentlichen Wunsch der First Lady gehen musste.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Die Wahrheit
Der erste Schnee
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja