Permafrostböden tauen auf: Nicht mehr lange tiefgefroren

Dass Permafrostböden auftauen, ist seit Jahren bekannt. Eine neue Studie sieht einige Gebiete schon verloren, macht aber auch Hoffnung.

Eine Frau schüttet Wasser aus einem Plastikeimer auf eine dampfende Moorlandschaft. Um sie herum stehen mannshohes Gräser.

Im vergangenen Sommer war es so heiß, dass die sibirischen Moore brannten Foto: reuters

BERLIN taz | In den Mooren Nordskandinaviens und Westsibiriens, deren tiefere Schichten ganzjährig gefroren sind, steckt doppelt so viel Kohlenstoff wie in Europas Wäldern. For­sche­r*in­nen aus Großbritannien haben jetzt herausgefunden, dass die Moore schneller auftauen als gedacht. Schon in diesem Jahrzehnt werden 38 Prozent der Fläche, die kalt und trocken genug für die Permafrostmoore sind, zu warm oder nass sein, schreiben sie in der Zeitschrift Nature.

Das führt dazu, dass Mikroben aktiv werden, die je nach Umweltbedingungen Kohlenstoffdioxid oder Methan produzieren. Die Fläche, in der Permafrostmoore existieren können, wird der Studie zufolge um mindestens 58 Prozent schrumpfen. Es könnte sogar sein, dass die Moore vollständig auftauen. Das heißt nicht, dass der Kohlenstoff dort sofort entweicht, sondern dass er schneller oder langsamer freigesetzt wird – je nachdem, wie viel CO2 die Menschheit noch ausstößt.

Denn besonders interessant an der Studie ist, dass die For­sche­r*in­nen ihre Modelle mit bereits entwickelten sozioökonomischen Szenarien gefüttert haben, anstatt verschiedene Treibhausgaskonzentrationen zu verwenden.

Auch der Weltklimarat ist für seinen aktuellen, sechsten Bericht auf diese Szenarien umgestiegen. Sie basieren jeweils auf verschiedenen Annahmen, wie sich die Welt zum Beispiel durch Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum sowie neue Technologien und Bildung verändern könnte und wie das den Ausstoß von Treibhausgasen beeinflusst. Wenn diese Szenarien in die Modelle einfließen, wird sichtbar, dass es einen direkten Unterschied macht, wie die nationale und internationale Politik handelt. Im besten Fall würde sich die Erde zum Ende des Jahrhunderts wieder abkühlen.

Rückkopplungseffekte verhindern Erholung

Das reicht laut der Studie nicht, um die Permafrostböden in Skandinavien zu retten. In Sibirien, wo mehr Kohlenstoff gespeichert ist, könnten sie sich weiter nördlich erneut bilden. Dort würden sie aber nur 62 Prozent der Kohlenstoffmenge speichern, die 1990 in den Mooren lag. Das liegt vor allem daran, dass es weiter nördlich noch kälter und trockener ist. Dort wachsen weniger Pflanzen, deren Kohlenstoff vom Moor eingeschlossen werden kann.

Die Simulationen zeigen auch, dass ein nahezu vollständiges Verschwinden der Moore nur im besten Szenario zu verhindern ist; es passiert bei den moderaten Szenarien nur später als bei den besonders dramatischen. „Sobald die Moore anfangen zu tauen, setzen Rückkopplungseffekte ein, die eine direkte Erholung verhindern“, erklärt Martin Wilmking von der Universität Greifswald.

Höhere Temperaturen bedeuten gleichzeitig, dass Pflanzen besser wachsen. Wie viel Kohlenstoff so der Atmosphäre wieder entzogen werden kann, ist schwer vorauszusagen. Die Stu­di­en­au­to­r*in­nen gehen von zwischen 40 und mehr als 100 Prozent des in den tieferen Schichten der Moore gebundenen Kohlenstoffs aus. Aber, gibt Wilmking zu bedenken: „Was aus dem Boden herauskommt, wird nicht sofort wieder aufgenommen. Bis dort Wälder gewachsen sind, dauert es 100, 200 Jahre. Das bringt uns jetzt nichts.“

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