Pentagonbericht belastet China: Cyberattacken auf US-Militärtechnik
Mittels Cyberspionage wurde Rüstungstechnik der USA ausspioniert. Das Pentagon macht das chinesische Miliitär dafür verantwortlich.
WASHINGTON ap | Ausgerechnet kurz vor einer Asienreise von US-Verteidigungsminister Chuck Hagel kursiert in Washington ein Pentagonbericht, der chinesische Cyberattacken belegt, mittels derer US-amerikanische Rüstungspläne gestohlen worden seien. Allein 37 Waffensysteme und 29 weitere Verteidigungstechnologien seien online ausspioniert worden.
Nun warnen Sicherheitsexperten schon seit Jahren vor chinesischen Datenkundschaftern. Das Ausmaß der im Bericht erwähnten Spionage zeigt jedoch, wie routiniert die Ausspähungen inzwischen vonstatten gehen. Und angesichts Washingtons Streben nach einem stärkeren militärischen Engagement im asiatisch-pazifischen Raum befürchten die Amerikaner, dass sie ihre militärische Überlegenheit durch die chinesische Spionage verlieren und die Volksrepublik aufholen könnte.
Möglicherweise werde es nun erforderlich sein, das eine oder andere Waffensystem noch einmal zu überarbeiten, sagt James Lewis, Fachmann für Internet-Sicherheit am Forschungsinstitut für strategische und internationale Studien in Washington. „Wenn die wissen, wie's genau funktioniert, können sie sich der Schlagkraft der Waffen entziehen und könnten lernen, wie sie unsere Systeme außer Gefecht setzen“, befürchtet er.
Zu den 37 gehackten Waffensystemen gehören laut dem Pentagonbericht Schlüsseltechnologien wie die Kampfflugzeuge F-35 und F-22 und der Senkrechtstarter MV-22. Auch ein Raketenabwehrsystem, das in großen Höhen operieren kann, haben die Chinesen offenbar ausgespäht. Das System war kürzlich in Guam installiert worden – als Reaktion auf anhaltende Drohungen Nordkoreas, Langstreckenraketen abzufeuern.
Investitionen in die Sicherheit
Aus dem Pentagon hieß es, dass der Bericht auf insgesamt 50 geheimen Hinweisen aus dem Verteidigungsministerium und verschiedenen US-Sicherheitsbehörden sowie der Rüstungsindustrie fuße. Von den Waffenherstellern hat zwar bisher noch keiner öffentlich zugegeben, dass er ausspioniert worden ist. Dennoch legen Briefe an Aktionäre nahe, dass das Problem sehr ernst genommen wird – ganz besonders wenn dritte Firmen als Zulieferer beteiligt sind. So teilte Lockheed Martin, Hersteller von Kampf- und Transportflugzeugen, am Dienstag vor Reportern mit, die Firma habe „erhebliche Investitionen“ in die Sicherheit getätigt.
Seit rund anderthalb Jahren sprechen die US-Behörden immer offener über chinesische Cyberattacken. In seinem jüngsten Bericht hat das Pentagon jedoch zum ersten Mal klar und deutlich die chinesischen Militärs des Datenklaus bezichtigt: „Im Jahr 2012 hat es weltweit zahlreiche Einbrüche in Computersysteme gegeben, darunter auch einige, die der US-Regierung gehören. Einige dieser Einbrüche sind der chinesischen Regierung oder den chinesischen Streitkräften zuzuordnen“, heißt es in dem Bericht.
Fachleute für Internet-Sicherheit fordern bereits seit einiger Zeit, auf den Diebstahl mit Sanktionen zu reagieren. Shawn Henry war früher Internetexperte bei der US-Bundespolizei FBI und steht nun der Sicherheitsfirma CrowdStrike Services vor. Er sagt über die chinesischen Datenspione: „Es kostet sie nichts, es gibt keine Sanktionen, keine diplomatischen Aktivitäten, keine finanziellen Abschreckmittel“. Den Schaden durch den Diebstahl geistigen Eigentums beziffert Henry auf dreistellige Millionenbeträge. Er fordert Verhandlungen mit China darüber, „wo die roten Linien verlaufen und was es für ein Nachspiel hat, wenn diese roten Linien überschritten werden“.
Vom US-Präsidenten Barack Obama wird erwartet, dass er im kommenden Monat das Problem anspricht, wenn er sich in Kalifornien mit Chinas neuem starken Mann Xi Jinping trifft. Pentagon-Sprecher George Little sagte im Vorfeld des Treffens, sein Ministerium habe „volles Vertrauen in unsere Waffensysteme“. Das Pentagon habe zudem eine Reihe von Schritten unternommen, um seine Netzsicherheit zu erhöhen und Bedrohungen früher zu erkennen.
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