Parteiübergreifender Bürgerschaftsantrag: Bremen soll Queere besser pflegen

Die Bremer Bürgerschaftsfraktionen von SPD, Grünen und Linken fordern, die Interessen queerer Menschen in der Altenpflege besser zu berücksichtigen.

Eine Regenbogen-Fahne weht im Gemeinschaftsraum einer Wohngemeinschaft für homosexuelle Senioren in Berlin, die sich um den Esstisch zum Mittagessen versammelt haben.

Ein seltenes Bild: Pflegebedürftige in einer WG für homosexuelle Senioren 2015 in Berlin Foto: Stephanie Pilick/dpa

BREMEN taz | Queersensibel soll die Altenpflege im Land Bremen nach dem Willen der RGR-Fraktionen in der Bürgerschaft werden. In einem gemeinsamen Antrag fordern SPD, Grüne und die Linke unter anderem, dass zusammen mit den Bil­dungs­trä­ge­r*in­nen für die Pflegeausbildung, dem Bremer Rat&Tat-Zentrum sowie dem Verein Trans*­Recht die Weiterbildungsangebote für Pflegekräfte verbessert werden.

Bremen hat in diesem Feld schon erste Schritte unternommen. Das Thema der queersensiblen Pflege ist seit Ende 2019 in mehreren Lernfeldern des Lehrplans zur Pflegeausbildung verankert. Eine Broschüre des Rat&Tat-Zentrums und der Senatorin für Soziales, Jugend, Integration und Sport gibt zudem Pflegenden Informationen über die Bedürfnisse queerer pflegebedürftiger Menschen und Handlungsempfehlungen.

In dem Antrag bemängeln die Fraktionen dennoch, dass es an Fachkenntnissen und Sensibilität für das Thema fehlt. Queere alte Menschen seien meist besonders pflegebedürftig, da sie oft keine Kinder hätten, die sich um sie kümmern könnten, und in vielen Fällen von ihren biologischen Familien wenig bis keine Unterstützung erführen. Viele outeten sich nicht und zögen sich aus Angst vor Diskriminierung immer mehr zurück. Auch deswegen wollen die Parteien die Interessen queerer Pflegebedürftiger institutionell festschreiben.

„Es fängt damit an, dass Pflegekräfte für das Thema sensibilisiert werden, trans Menschen nicht misgendert werden und geklärt ist, wer Schwule und Lesben pflegt. Solche Maßnahmen können die Heilung und Genesung deutlich beeinflussen“, sagt Maja Tegeler, Sprecherin für Queer der Linksfraktion und Mitglied der Gesundheitsdeputation.

Die Fraktionen fordern vom Senat ein Konzept, wie in Pflegeeinrichtungen speziell auf die Bedürfnisse queerer Menschen eingegangen werden kann

In dem Antrag fordern die Fraktionen vom Senat ein Konzept, wie in Pflegeeinrichtungen speziell auf die Bedürfnisse queerer Menschen eingegangen werden kann. Das Rat&Tat-Zentrum entwickelte eine Checkliste für Pflegeeinrichtungen, anhand derer diese herausfinden können, wie queersensibel sie schon arbeiten. Aber es brauche feste Regeln und Kennzeichnungen für Einrichtungen, an denen sich Außenstehende orientieren können, so der Antrag.

Ein Beispiel kann das Qualitätssiegel „Lebensort Vielfalt“ sein, das vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert wird und auf das sich das Rat&Tat-Zentrum mit seiner Checkliste stützt. „Das Qualitätssiegel ist ein Modell, das wir uns auch für Bremen vorstellen können“, sagt Tegeler. Bisher sind mit diesem Siegel deutschlandweit aber erst elf Einrichtungen ausgezeichnet, allein sechs davon befinden sich in Berlin und Umgebung. Eine Einrichtung in Bremen oder dem Rest des Nordens mit diesem Siegel gibt es nicht.

Eine Verpflichtung zur Zertifizierung von Pflegeeinrichtungen könne aber keine Lösung sein, meint Tegeler. „Das geht nicht von heute auf morgen. Die Pflegekräfte müssen erst weitergebildet werden. Vielmehr müssen wir es vor allem schon in der Ausbildung verankern.“

In Hamburg hatte die dort oppositionelle Bürgerschaftsfraktion der Linken im August vergangenen Jahres einen ähnlichen Antrag eingebracht. Dort wurde der Antrag an den Gesundheitsausschuss überwiesen, wo er bisher noch nicht wieder auf der Tagesordnung stand.

In Bremen will man sichergehen, dass der Senat die Forderungen auch umsetzt. Innerhalb des ersten Jahres nach Beschluss in der zuständigen Deputation für Soziales, Jugend und Integration soll er Bericht über die Umsetzung erstatten.

Die An­trag­stel­le­r*in­nen hoffen, dass sie ihren Antrag noch diese Legislaturperiode in der Bürgerschaft beschließen können. Doch die Zeit wird knapp. Im März wird es wahrscheinlich nichts mehr, die Tagesordnung für die Sitzung ist so voll, dass der Antrag wohl nicht mehr behandelt werden kann. Wieder auf die Tagesordnung käme er im April. Dann aber muss er angesichts der vielen Themen, die vor dem Ende der Legislaturperiode noch beschlossen werden sollen, eventuell ohne Debatte abgestimmt werden.

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