Parteitag der FDP: Steaks und Riesling
Beim FDP-Parteitag wird Christian Lindner im Amt bestätigt, Generalsekretärin wird Linda Teuteberg. Für Attacken bleibt der FDP-Chef zuständig.
FDP-Parteitage sind weniger unterhaltsam geworden, seitdem Vizeparteichef Wolfgang Kubicki etwas in den Hintergrund getreten ist und Lindner die Abteilung „Attacke“ fast alleine bestreitet.
Kubicki sprach nur kurz angesichts seiner erneuten Kandidatur. Erst keilte er gegen „Fridays for future“ („Ich will den Schülerinnen und Schülern nur sagen: Weder der Staat noch meine Frau werden mir jemals verbieten, dass ich ein Steak esse“), dann verteidigte er Tübingens Grünen-OB Boris Palmer gegen Rassismus-Vorwürfe. Kubicki wurde mit knapp 85 Prozent als Vize bestätigt. Lindner hatte zuvor bei seiner Wiederwahl als Parteivorsitzender 86,6 Prozent erhalten – etwas weniger als die 91 Prozent von 2017.
Für Attacke sind in anderen Parteien Generalsekretäre zuständig. Lindner hatte als Nachfolgerin von Nicola Beer, die als Spitzenkandidatin nach Brüssel geht, die 38jährige Brandenburgerin Linda Teuteberg vorgeschlagen. Sie erhielt am Freitag 92,8 Prozent der Stimmen.
Zuwanderung von Fachkräften
Am Samstag folgte ihre Rede, die solide ausfiel, aber ohne Angriffe gegen die politische Konkurrenz auskam. „Wir wollen den Menschen etwas zurückgeben von den Rekordeinnahmen des Staates, die sie erarbeitet haben“, sagte sie. Der Solidaritätszuschlag soll abgeschafft werden. „Nach der Schuldenbremse im Grundgesetz wollen wir auch eine Belastungsgrenze bei Steuern und Abgaben einziehen.“
Sie forderte ein Einwanderungsgesetz, das die Zuwanderung von Fachkräften ermöglicht. Gleichzeitig soll illegale Migration stärker geordnet und begrenzt werden. „Dazu gehört, dass die in rechtsstaatlichen Verfahren festgestellte Ausreisepflicht auch durchgesetzt wird.“ Beim Thema Klimaschutz, das neben Kubicki auch Lindner zu Angriffen auf die Grünen genutzt hatte, sagte sie lediglich: „Nicht die FDP muss grüner, sondern die Energie- und Klimapolitik in Deutschland muss vernünftiger, muss liberaler werden.“
Teutebergs Nominierung hatte zu einer Rotation bei den Vizeposten geführt. Beer, die nach Brüssel auch weggelobt worden war, hatte vor dem Parteitag überraschend angekündigt, bei der Wahl für einen der Vizeposten anzutreten. Damit hätte sie mit der in der Partei beliebten Marie-Agnes Strack-Zimmermann konkurriert, die daher auf eine erneute Kandidatur verzichtete.
Artikel 15 aus dem Grundgesetz streichen
Dass dieses Manöver für Beer nicht ohne Blessuren abgehen würde, ließ sich ahnen, als der Parteitag Strack-Zimmermann mit überlangem Beifall verabschiedete. Beer erhielt schließlich 58,6 Prozent – für eine Spitzenkandidatin ein blamables Ergebnis.
Am Freitagabend, als sich ein Teil der Delegierten am Huawei-Stand mit Riesling versorgte, verabschiedete der Parteitag auch den im Vorfeld mit großem Echo angekündigten Antrag, den Enteignungs-Artikel 15 aus dem Grundgesetz zu streichen. Eine Reaktion auf das von Mieteraktivisten angestrengte Volksbegehren, große Wohnungskonzerne in Berlin zu enteignen.
„30 Jahre nach dem Sozialismus diskutiert wieder ein ganzes Land über Enteignungen. Unsere Pflicht ist es, sich diesem Ungeist entgegnzustellen“, sagte der Berliner FDP-Fraktonschef Sebastian Czaja zur Begründung. „Es geht nicht darum, das Thema Mieten zu verdrängen, sondern darum, einen Angriff auf Freiheit und Eigentum zurückzudrängen.“ Der Antrag wurde ohne große Debatte mit einer deutlichen Mehrheit angenommen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Gespräche in Israel über Waffenruhe
Größere Chance auf Annexion als auf Frieden
Krieg in der Ukraine
USA will Ukraine Anti-Personen-Minen liefern