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Parteiausschluss gescheitertGrüne darf grün bleiben

Die Abgeordnete Nebahat Güçlü muss trotz eines umstrittenen Auftritts nicht die Partei verlassen, urteilt das Landesschiedsgericht.

Bleibt in der Partei, aber darf sie auch in die Fraktion? Die Grüne Nebahat Güçlü. Bild: dpa

HAMBURG taz | Für Hamburgs Grünen-Parteivorstand ist es eine herbe Niederlage: Einstimmig lehnte das Schiedsgericht am Samstagabend nach fünfstündiger Sitzung dessen Antrag ab, die Abgeordnete Nebahat Güçlü aus der Partei auszuschließen.

Auch mildere Ordnungsmaßnahmen wurden nicht verhängt, eine Verwarnung etwa. Der Landesvorstand müsse nun endlich einsehen, dass der Ausschlussantrag „ein riesiger Irrtum war – rechtlich, politisch und menschlich“, kommentiert Güçlü diese Entscheidung. Der Vorstand wiederum teilte mit, das weitere Vorgehen erst zu beraten, wenn die schriftliche Begründung vorliegt.

Die 49-Jährige war am 18. Januar im Bürgerschaftswahlkampf auf einer Veranstaltung des Vereins „Türk Federasyon“ aufgetreten. Diese gilt als deutsche Vertretung der türkischen „Partei der Nationalistischen Bewegung“ (MHP) und soll den rechtsnationalistischen „Grauen Wölfen“ nahe stehen. Güçlü sagte, das habe sie nicht gewusst, der Vorstand befand, sie habe der Partei trotzdem geschadet: „Es ist inakzeptabel, dort um Stimmen zu werben.“

Güçlü keilte zurück: „Ich lasse nicht meine Integrität als überzeugte Antirassistin und Demokratin infrage stellen.“ Sie stehe „für den Dialog zwischen Kulturen und Weltanschauungen“, stellte die Politologin und langjährige Geschäftsführerin einer interkulturellen Begegnungsstätte klar.

Zur Person

Nebahat Güçlü wurde 1965 in der Türkei geboren und wanderte im Mai 1970 mit ihren Eltern in Deutschland ein, seit 1995 ist sie deutsche Staatsbürgerin.

Persönlich: Geschieden, eine Tochter.

Ausbildung: 1986 Abitur, 1992 Politik-Diplom

Beruf: Projektleiterin und Geschäftsführerin in der Deutsch-Ausländischen Begegnungsstätte und der Interkulturellen Begegnungsstätte sowie aktiv in Beiräten und Vorständen von Stiftungen, Gewerkschaften, Frauenverbänden, Migrantenvereinen und der Deutsch-Türkischen Gemeinde.

Politik: 2004 bis 2010 Grünen-Abgeordnete in der Bürgerschaft, von 2008 bis 2010 deren Vizepräsidentin.

Das Landesschiedsgericht urteilt nun, Güçlüs Verhalten sei zu missbilligen: Sie hätte an jener Veranstaltung nicht teilnehmen dürfen. In der Verhandlung am Samstag habe Güçlü selbst eingeräumt, „einen Fehler“ gemacht zu haben. Dies habe das Schiedsgericht veranlasst, keine Sanktionen zu verhängen. Der Antrag des Vorstandes an das Schiedsgericht sei zwar zulässig und gerechtfertigt gewesen, inhaltlich aber abzuweisen.

Bei den Beteiligten liegen nun weiter die Nerven blank. Denn nach Einschätzung des Landesvorstandes – Parteichefin Katharina Fegebank, ihr Stellvertreter Manuel Sarrazin und Schatzmeister Michael Gwosdz – hat Güçlü sich vor dem Schiedsgericht „erstmals von der Türk Federasyon distanziert“.

Das wiederum weist Güçlü zurück: Sie habe sich bereits am 25. Januar schriftlich von der Organisation „und deren rechtsnationalem Gedankengut“ distanziert – nur habe der Vorstand das nicht zur Kenntnis nehmen wollen.

Die harte Gangart des Grünen-Vorstands könnte sich mit Sorge wegen böser Schlagzeilen so kurz vor der Bürgerschaftswahl vom 15. Februar erklären lassen. Im internen Protokoll seiner Sitzung am 26. Januar, das der taz vorliegt, heißt es, das Vorgehen gegen Güçlü müsse „bis zur Wahl durchzuhalten sein“. Sollte danach das Schiedsgericht den Ausschlussantrag verwerfen, werde der Landesvorstand sich bei Güçlü „entschuldigen“. Dazu wäre nun Gelegenheit.

Zuvor aber wird über den Status von Güçlü in der Bürgerschaft verhandelt: Am 2. März hatte die Grünen-Fraktion sich ohne sie konstituiert, Güçlü ist fraktionslos. Am heutigen Montagnachmittag ist ein Gespräch mit dem Fraktionsvorstand terminiert. „Ich gehe da ergebnisoffen hin“, sagt Güçlü. Sollte ihr die Mitarbeit angeboten werden, werde sie „genau prüfen müssen, ob die Vertrauensbasis dafür reicht“.

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1 Kommentar

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  • Richtig so. Wenn Spitzengrüne wie Marieluise Beck offen an Konferenzen der us-amerikanischen Fracking-/Rüstungsindustrie zur Verwertung der Osteuropakrise teilnehmen dürfen, dann kann ein Parteiausschluß für eine - anscheinend - versehentliche Teilnahme an Veranstaltungen rechtsnationaltürkischer Briefkastentarnorganisationen wirklich nicht angemessen sein.

    Daniela Schneckenburger hat mal mit einer Tarnorganisation der MLPD gegen Nazis demonstriert. Sie hatte sich 2006 in Gelsenkirchen verlaufen, und war zur falschen von drei Demos gegangen.

    So etwas passiert eben.