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Parlamentswahlen in RusslandGehorsam und Gleichgültigkeit

Klaus-Helge Donath
Kommentar von Klaus-Helge Donath

Klar hat der Kreml bei der Wahl nachgeholfen. Doch wäre das Ergebnis grundsätzlich anders ausgefallen, wenn alles mit rechten Dingen zugegangen wäre?

Stimmauszählung im Wahllokal Nr. 314 in Yuzhno-Sakahalinsk, Russland Foto: Nikolai Mikhalchenko/ITAR-TASS/imago

D ie Dumawahlen sind gelaufen. Ohne größere Erschütterungen. Wladimir Putin und seine Mannschaft hatten alles vorab im Griff und garantieren, dass es weitergeht wie bisher. Präsident Putin thront im Mittelpunkt und lässt keine Abweichungen zu. Russland ist wieder ein autoritärer Staat an der Schwelle zur Diktatur. Volk und Wahlvolk lassen das aber auch mit sich machen.

Zugegeben, Anfang des Jahres gab es eine Menge Protest. Der Kreml konnte damit nicht umgehen und sorgte für Tabula rasa – mit Brutalität und hemmungslosen Sicherheitskräften. Die Zufriedenheit im Land ist dadurch nicht gewachsen, die Bereitschaft, sich offen gegen die führende Elite zu stellen, ist jedoch erneut geschwunden. Mit Demonstrationen wie nach den manipulierten Wahlen 2011 ist zurzeit nicht zu rechnen.

Russland ringt immer noch mit den Folgen der totalitären Herrschaft, und auch die nachwachsende Generation ist noch nicht frei davon. Wieder tendiert das Land dazu, Menschen zu vertreiben, die gesellschaftliche Selbstdiagnose verlangen. Stattdessen verspricht der Kreml bescheidene finanzielle Wohltaten und fordert die Empfänger auf, sich aus allem herauszuhalten. Ihnen erscheint es sinnvoll, für Leute mit Geld und Ressourcen zu stimmen.

Russlands ärmere Schichten halten sich noch immer an den Staat und wählen das System. Der Staat ist Arbeit­geber und Quelle kleinerer Zuwendungen. Überdies spielt er in der russischen Wirtschaft eine wachsende Rolle. Dies scheint vom Kreml auch gewollt zu sein. Wer abhängig ist, wird sich nicht gegen den Arbeitgeber wenden. Russlands autoritäres System ist vom Staat abhängig. Er prägt Gehorsam und nicht zuletzt auch Gleichgültigkeit.

Natürlich ergriff der Kreml alle Maßnahmen, um ein positives Wahlergebnis zu erreichen. Alte und neue Tricks wurden angewandt, die „administrative“ Kraft staatlicher Arbeitgeber erinnerte Staatsbedienstete an das gewünschte Wohlverhalten. Offen bleibt unterdessen: Wäre alles mit rechten Dingen zugegangen, wäre das Ergebnis grundsätzlich dann anders ausgefallen.

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Klaus-Helge Donath
Auslandskorrespondent Russland
Jahrgang 1956, Osteuroparedakteur taz, Korrespondent Moskau und GUS 1990, Studium FU Berlin und Essex/GB Politik, Philosophie, Politische Psychologie.
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3 Kommentare

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  • "Offen bleibt unterdessen: Wäre alles mit rechten Dingen zugegangen, wäre das Ergebnis grundsätzlich dann anders ausgefallen."

    Bei einer ehrlichen Wahl hätte "Einiges Russland" etwa 30-35% der Stimmen im landesweiten Durchschnitt bekommen, und 15-20 % in Moskau und Petersburg. Wenn überhaupt, da bei einer ehrlichen Wahl Hunderte rechtwidrig schon im Vorfeld ausgeschlossene Kandidaten (darunter auch der rechtswidrig in Haft gehaltene Nawalny und seine rechtswidrig nicht zugelassene Partei) an der Wahl hätten teilnehmen dürfen, und weil diese Politiker in einem ehrlichen Wahlkampf die gleiche materielle Ausstattung und denselben Zugang zu Medien (insbesondere das Fernsehen) gehabt hätten.

    • @Barbara Falk:

      ich bin mir nicht sicher ob ich noch in den nächsten 50,60,70 Jahren je eine freie Wahl in Russland erleben werde.

      • @danny schneider:

        Natürlich werden wir das erleben. Sogar Sie und ich persönlich, also viel eher. Nur wird Putin nicht durch eine freie Wahl von der Bildfläche verschwinden. Wie die aktuelle "Dumawahl" eindrücklich illustriert.