Parlamentswahlen in Frankreich: Im Haus Macron riecht es angebrannt
Kurz nach den Präsidentschaftswahlen bekommt Macron den ersten Denkzettel: Bei den Parlamentswahlen kommt das linke Wahlbündnis von Mélenchon nahe.
F ür Präsident Emmanuel Macron wird das Regieren in Frankreich nach den Parlamentswahlen kompliziert. Aufgrund der Ergebnisse der ersten Runde könnte er seine absolute Mehrheit in der Nationalversammlung verlieren. Falls seine Koalition aber am kommenden Sonntag weniger als die Hälfte der 577 Abgeordnetensitze erringt, muss er für Kompromisse vermutlich den Konservativen politische Zugeständnisse machen, die bisher in der Opposition waren. Noch ist nichts verloren für Macron und seine Allianz „Ensemble!“, doch in Anbetracht der enttäuschenden Ergebnisse für mehrere kandidierende Minister*innen und andere prominente „Macronisten“ riecht es ein wenig angebrannt. Die linke Wahlunion NUPES dagegen jubelt schon, und ihr linkspopulistischer Chef Jean-Luc Mélenchon will weiterhin glauben machen, dass er Frankreichs nächster Premierminister werde.
Die französische Republik hat ihre Besonderheiten, die – selbst mit freund- oder nachbarschaftlichem Wohlwollen betrachtet – manchmal etwas eigenartig anmuten. Nur gerade sieben Wochen ist es her, dass die Französinnen und Franzosen ihren Präsidenten mit mehr als 58 Prozent der Stimmen wiedergewählt haben. Und nun wollen die Bürger*innen den Präsidenten bereits wieder desavouieren oder in die Schranken weisen.
Der Urnengang am Sonntag war die beste Gelegenheit, ihn zu etwas weniger Arroganz zu mahnen. Denn bei den Präsidentschaftswahlen hatte Macron ja im ersten Wahlgang das Vertrauen von nur 28 Prozent der Stimmen erhalten. In der Stichwahl optierten dann aber viele lediglich für ihn, weil sie ihn als kleineres Übel im Vergleich mit der Rechtsextremen Le Pen vorzogen. Das relativiert die Mehrheit, mit der Macron – ähnlich wie schon seine Vorgänger – im Finale schließlich gewonnen hat.
In solchen Fällen aber bleibt immer ein ungutes Gefühl oder gar der Vorwurf, er sei ja gar nicht als Kandidat einer echten Mehrheit des Volks gewählt worden. Die Stimmberechtigten wollten ihm das nun auf ihre Art in Erinnerung rufen. Dass die Allianz der Regierungsparteien „Ensemble!“ nach den definitiven Ergebnissen nicht klar führt, sondern praktisch ex aequo mit der linken Union NUPES (Nouvelle Union Populaire Écologique et Sociale) gleich zieht, ist allein schon eine Schmach für die bisherige Mehrheit und ihren Staatschef.
Gerade weil zudem in Frankreich der Staatschef über fast beängstigend große Machtbefugnisse verfügt, haben die Bürger*innen ohnehin regelmäßig das Bedürfnis, ihrem gewählten „Monarchen“ einen Denkzettel zu erteilen. Die Regeln der Wahldemokratie geben ihnen die Mittel dazu. Und voraussichtlich kommt Präsident Macron eigentlich noch glimpflich davon, falls nicht völlig wider Erwarten die NUPES mit einem Erdrutschsieg eine Mehrheit erhält. Denn zwei seiner Vorgänger (François Mitterrand und Jacques Chirac) mussten nach verlorenen Parlamentswahlen in einer „Cohabitation“ mit einem politischen Gegner als Premierminister auskommen und ihre Macht teilen. Dass in der zukünftigen Nationalversammlung die Oppositionsparteien wesentlich stärker als bisher sind, kann die Demokratie in Frankreich nur beleben.
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