Parlament zurück aus der Sommerpause: Auch die CDU nun radikal
Die Verkehrswende sorgt für eine heftige Debatte im Abgeordnetenhaus. Die Union hält Rot-Rot-Grün dabei „Autohasserwahn“ vor.
In der ersten Sitzung nach der Sommerpause, der drittletzten vor der Wahl am 26. September, haut die CDU gleich tüchtig drauf: Rot-Rot-Grün mache Vorgaben statt Angebote, gängele, erzeuge Stau und habe sich – die SPD ausgenommen – lange gegen U-Bahn-Bau gesträubt.
Wie würde für die SPD deren verkehrspolitische Sprecher, Tino Schopf, auf die CDU-Avancen reagieren? Der lässt die Union trotz Übereinstimmung beim U-Bahn-Ausbau und einem 365-Euro-Ticket erst mal abbblitzen: „Glauben Sie allen Ernstes, dass Sie es besser könnten?“ Dann aber setzt er sich mit Blick auf das Mobilitätsgesetz doch vom grünen Koalitionspartner ab: „Dank der SPD-Fraktion reden wir nicht nur über ein Radgesetz.“ Er kritisiert – ohne Adressaten zu nennen – die grüne Senatsverwaltung, Fördermittel nicht genutzt zu haben, und bilanziert: Der Radausbau sei trotz mehr Personal nicht beschleunigt worden.
„Bullerbü des Stillstands“
Dass es bei den Radwegen nicht schnell genug vorangehe, räumt auch die Linksfraktion ein. Ihr Verkehrsexperte, Kristian Ronneburg, kritisiert aber in gleicher Weise die SPD-Forderungen bei der U-Bahn: „Das ist eine Wünsch-dir-was-Liste.“ Ronneburg verweist als rot-rot-grüne Erfolge auf vergünstigte oder sogar Umsonst-Tickets und auf 1.500 bestellte neue U-Bahn-Wagen, derzeit würden nur 1.300 fahren.
Dem FDP-Mann Henner Schmidt schließlich ist die ganze grün verantwortete Verkehrspolitik zu wenig großstädtisch: „Es geht entweder um eine Stadt, die sich bewegt, oder um ein Bullerbü des Stillstands.“ Grüne City-Visionen mit Parks, Fußgängerzonen, stets entspannten Menschen und Lastenrädern unter Dauersonne empfindet er „als so piefig, so spießig, dass mich da manchmal der leichte Brechreiz packt“.
Die grüne Verkehrssenatorin Regine Günther sieht das erwartungsgemäß anders, spricht davon, man habe „unübersehbare Erfolge erzielt“. Die Verkehrswende verortet sie trotzdem noch in der Anfangsphase: Die sei ein Marathonlauf (42,195 km, d. taz), sagt sie, „ich glaube, wir sind bei Kilometer zehn.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen