Palästinensische Gefangene: Misshandlungen mit System
Eine Menschenrechtsgruppe wirft Israel in einem Bericht Folter von palästinensischen Gefangenen vor. Dazu hat sie 55 Ex-Insassen befragt.
Es handele sich „zweifellos um eine organisierte, erklärte Politik der israelischen Gefängnisbehörde“, heißt es in dem Bericht. Nach Informationen von B’Tselem wurden zuletzt mehr als 9.600 Palästinenser in israelischen Gefängnissen festgehalten – etwa die Hälfte davon ohne offizielle Anklage. B’Tselem ist eine über Spenden finanzierte israelische Menschenrechtsgruppe, die sich gegen die Besatzung der palästinensischen Gebiete und für gleiche Rechte für Juden und Palästinenser einsetzt. Laut der israelischen Aktivistengruppe HaMoked hat sich die Zahl palästinensischer Häftlinge in israelischen Gefängnissen in den vergangenen zehn Monaten verdoppelt. Der Anstieg gehe zum Teil auf etwa 1.500 Häftlinge aus dem Gazastreifen zurück.
Vergangene Woche hatte bereits das Menschenrechtsbüro der Vereinten Nationen einen Bericht veröffentlicht, in dem ähnliche Vorwürfe gemacht wurden. Demnach sind mindestens 53 Menschen in israelischem Gewahrsam ums Leben gekommen. UN-Menschenrechtskommissar Volker Türk sprach bei der Vorstellung des Berichts unter anderem von Waterboarding und dem Loslassen von Hunden auf Häftlinge. Den Inhaftierten sei meist kein Grund für ihre Festnahme genannt oder kein Zugang zu Anwälten gewährt worden. Im Westjordanland gingen daraufhin am Samstag Hunderte von Menschen zum Protest auf die Straße.
Das israelische Militär ermittelt derzeit in einem Fall schwerer sexueller Misshandlung eines palästinensischen Terroristen durch Soldaten in dem Militärlager Sde Teiman im Süden Israels. Dieser Fall hat in Israel für Diskussionen gesorgt. Ein israelischer Armeesprecher sagte nun, man prüfe die Vorwürfe von B’Tselem. Eine Sprecherin der israelischen Gefängnisbehörde erinnerte daran, dass seit Beginn des Gazakriegs vor zehn Monaten die Haftbedingungen sogenannter Sicherheitshäftlinge auf Anweisung des Ministers für nationale Sicherheit, Itamar Ben-Gvir, verschärft worden seien.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken
Waffen für die Ukraine
Bidens Taktik, Scholz’ Chance
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen