Palästina wieder ohne Regierungschef: Hamdallah wirft hin
Wegen Kompetenzgerangels mit Präsident Abbas reicht Rami Hamdallah nach zwei Wochen seinen Rücktritt ein. Das gefährdet John Kerrys Verhandlungspläne.
JERUSALEM taz | Die personalpolitischen Geschäfte der Palästinensischen Autonomiebehörde im Westjordanland kommen nicht zur Ruhe. Ganze zwei Wochen hielt der Linguist Rami Hamdallah das Zepter als Regierungschef in der Hand, am Donnerstag hatte er schon wieder genug.
Kompetenzstreitigkeiten mit Präsident Mahmud Abbas, so verlautete aus Ramallah, führten Hamdallah dazu, sein Rücktrittsgesuch einzureichen. Aus den gleichen Gründen gab auch sein Vorgänger Salam Fayyad zu Beginn des Jahres das hohe Regierungsamt auf – hatte aber die Geschäfte aber bis zur Nominierung Ramdallahs weiter geführt.
Der Machtkampf der Palästinenser wird immer mehr zu einer Farce. Nicht nur, dass es de facto seit Jahren zwei verschiedene Regierungen gibt, eine im Westjordanland (Fatah) und eine im Gazastreifen (Hamas). Die Fatah scheint auch mit sich allein alles andere als gut zurechtzukommen.
Gerade hatte US-Außenminister John Kerry, der verzweifelt darum ringt, Israel und die Palästinenser erneut zu Verhandlungen zu bewegen, für kommende Woche einen weiteren Besuch in der Region angekündigt. Dies dürfte angesichts der neuen Entwicklungen schwierig werden.
Nitzan warnt vor Eskalation
Zwar ist der palästinensische Regierungschef zuallererst für innenpolitische Angelegenheiten zuständig und nicht für den Friedensprozess. Dennoch dürfte das Hin und Her in Palästinas Führungsriege dem Chefdiplomaten aus Washington die Mission nicht gerade erleichtern. Sollte Kerry scheitern, so warnte erst diese Woche der israelische Generalmajor Alon Nitzan müsse man mit Unmut auf palästinensischer Seite rechnen. Die Situation könnte eskalieren.
Ein Mindestmaß an Stabilität und Transparenz ist auch Voraussetzung, um die internationalen Geldgeber bei der Stange zu halten, die das wacklige Gerüst der Palästinensischen Autonomiebehörde mit regelmäßigen Finanzspritzen vor dem Zusammenbruch retten.
Hamdallah hätte zudem die nationale Versöhnung vorantreiben sollen, obschon die Hamas mit seiner Nominierung, die Abbas ohne Absprachen mit der Führung im Gazastreifen vornahm, schon nicht glücklich war. Noch ist unklar, ob der Präsident das Rücktrittsgesuch Hamdallahs annehmen wird.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israel, Nan Goldin und die Linke
Politische Spiritualität?
Matheleistungen an Grundschulen
Ein Viertel kann nicht richtig rechnen
Innenminister zur Migrationspolitik
Härter, immer härter
Nikotinbeutel Snus
Wie ein Pflaster – aber mit Style
Börsen-Rekordhoch
Der DAX ist nicht alles
Israels Brüche der Waffenruhe
Die USA sind kein neutraler Partner