Pakt für bessere Arbeitsbedingungen: Textilbündnis bröckelt
Kirchliche Entwicklungsorganisationen verlassen den Pakt für bessere Standards in der globalen Bekleidungsindustrie. Viele Firmen sind schon weg.
Der freiwillige Zusammenschluss aus Politik, Entwicklungsorganisationen, Gewerkschaften und Firmen wurde 2014 auf Initiative des damaligen Entwicklungsministers Gerd Müller (CSU) gegründet – als Reaktion auf Unfälle in Textilfabriken Asiens mit Tausenden Toten und Verletzten. Die derzeit rund 130 Mitglieder, darunter große Firmen wie Adidas, Aldi, H&M und KiK, vereinbarten etwa, für mehr Arbeitssicherheit in Fabriken, höhere Löhne und das Verbot gefährlicher Chemikalien zu sorgen.
Für Dusch Silva haben sich die Hoffnungen nicht erfüllt: „Es gibt viel zu wenige konkrete Fortschritte.“ Neben CIR tritt das Amt für Mission und Ökumene der Evangelischen Kirche von Westfalen aus dem Bündnis aus. Besonders in der Lohnfrage bewege sich quasi nichts, bemängeln die Organisationen. Die hiesigen Firmen würden kaum etwas dafür tun, dass die Beschäftigten der Zulieferfabriken existenzsichernde Löhne erhielten. Die Kritik teilt Gisela Burckhardt von der Organisation Femnet in Bonn: „Die Bilanz nach sieben Jahren ist mager.“
Unmut herrscht auch bei manchen Firmen. Wolfgang Grupp junior vom Unternehmen Trigema hält den bürokratischen Aufwand bei den Fortschrittsberichten, die das Bündnis verlangt, für zu hoch. Das sei der Grund für den Abschied gewesen, so Grupp, Sohn des Firmenchefs. Die Standards halte man aber trotzdem ein. Unter anderem wegen der Fortschrittsberichte seien „26 Unternehmen aus dem Textilbündnis ausgetreten, was wir ausdrücklich bedauern“, teilte der Verband Textil und Mode mit. Darunter sind Edeka und Humana. 70 Firmen beteiligen sich augenblicklich.
Mehr konkrete Vorteile
Seit 2014 hat sich das Umfeld verändert. Mittlerweile gibt es den „Grünen Knopf“ mit vergleichbaren Standards. Außerdem hat der Bundestag das Lieferkettengesetz verabschiedet, das für alle Branchen einschließlich des Textilsektors ökologische und soziale Mindeststandards vorschreibt.
Gisela Burckhardt, Organisation Femnet
Femnet-Chefin Burckhardt will trotzdem am Bündnis festhalten. Sie stellt dafür aber Forderungen – wie auch die Organisation Inkota. Im Wesentlichen geht es darum, dass das Textilbündnis mehr konkrete Vorteile für die Beschäftigten erbringen solle und die Firmen zu Fortschritten verpflichtet werden müssten.
Der Verband Textil und Mode erklärte, „das Textilbündnis macht Sinn, wenn es sich stärker auf die Bündnisinitiativen fokussiert“. Das sind freiwillige Vorhaben, an denen sich Unternehmen beteiligen können, aber nicht müssen. Als positives Beispiel nannte der Verband eine Initiative im südindischen Bundesstaat Tamil Nadu, wo Arbeiterinnen in Spinnereien und Nähereien darin unterstützt werden, ihre Rechte durchzusetzen. Außerdem solle das Textilbündnis den Firmen helfen, das Lieferkettengesetz umzusetzen.
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