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Paket zu Justizreformen im BundestagFür straffere Strafprozesse

Die Koalition plant auf Vorschlag der Justiz Einschnitte bei Beweis- und Befangenheitsanträgen. Anwälte und Opposition kritisieren das Vorhaben.

Auch sie muss effizienter arbeiten: Justizia Foto: Ralph Peters/imago images

Freiburg taz | „Das ist ein bis dato kaum denkbarer Raubbau an Justizgrundrechten“, protestieren die Strafverteidiger-Vereinigungen. Gemeint ist der Gesetzentwurf der Großen Koalition zur „Modernisierung des Strafverfahrens“, der an diesem Donnerstag erstmals im Bundestag beraten wurde. Die Anwälte kritisieren vor allem Einschränkungen bei Beweis- und bei Befangenheitsanträgen.

„Wir wollen verhindern, dass Strafprozesse erheblich verzögert werden oder gar platzen, weil Verfahrensrechte missbraucht werden“, sagte Johannes Fechner, der rechtspolitische Sprecher der SPD. Seine CDU-Kollegin Elisabeth Winkelmeier-Becker erinnerte an den Prozess gegen 26 Neonazis vom Aktionsbüro Mittelrhein, der 2017 nach viereinhalb Jahren eingestellt wurde, als der vorsitzende Richter in Pension ging. „Zuvor gab es 240 Beweisanträge und 500 erfolglose Befangenheitsanträge“, so Winkelmeier-Becker.

Schon bisher können Beweisanträge abgelehnt werden, wenn sie „zum Zweck der Prozessverschleppung gestellt“ wurden. In der gerichtlichen Praxis wird dieser Ablehnungsgrund aber wenig genutzt. Denn bisher musste ein derartiger Beweisantrag geeignet sein, den Prozess „erheblich“ zu verzögern. Auf dieses Merkmal will die Koalition künftig verzichten, es genügt dann eine vermeintliche Verschleppungsabsicht. Außerdem sollen solche Anträge künftig leichter abgelehnt werden können, indem ihnen von vornherein der Charakter eines „Beweisantrags“ verweigert wird.

Heftige Kritik der Anwälte findet auch die von der Bundesregierung geplante Verschärfung des Befangenheitsrechts. Ein abgelehnter Richter soll künftig zwei Wochen weiterverhandeln können, bis über den Antrag entschieden ist. Der Deutsche Anwaltverein befürchtet, dass keine „unbeeinflusste Entscheidung“ über den Befangenheitsantrag mehr möglich ist, wenn bei einer Stattgabe bis zu zwei Wochen Prozessgeschehen wiederholt werden müssten.

Die Richter sind dafür

Dagegen hatte der Deutsche Richterbund die Vorschläge der Koalition als „erfreulich“ bewertet. Sie könnten „die Verfahrensführung vereinfachen, ohne berechtigte Interessen der Angeklagten zu beschneiden“. Das Lob wundert nicht, die Koalition hatte vor allem Vorschläge aus der Justiz aufgegriffen.

Die Opposition im Bundestag schlug sich aber eher auf die Seite der Anwälte. FDP, Grüne und Linke kritisierten die Verschärfungen im Verfahrensrecht. „Es wäre ehrlicher, von einem Gesetz zur Beschneidung von Beschuldigten- und Angeklagtenrechten zu sprechen“, sagte Friedrich Straetmanns, Abgeordneter der Linken. Auf den Neonazi-Prozess von Koblenz ging allerdings keiner der Kritiker ein.

Überraschend kündigte Justiz-Staatssekretär Christian Lange (SPD) im Bundestag die Einsetzung einer Expertenkommission an. Sie soll prüfen, „ob und wie Strafverfahren audio-visuell dokumentiert werden können“. Bisher sind Ton- und Bild-Aufzeichnungen von Strafprozessen auch für interne Zwecke nicht erlaubt, die Richter stützen sich auf ihre handschriftlichen Notizen.

Deutschland ist hier international belächeltes Schlusslicht, weil die Richter bisher jede Reform ablehnen. FDP, Grüne und Linke begrüßten Langes Ankündigung. „Vielleicht kommt es ja noch zu einer wirklichen Modernisierung“, erklärte die Grüne Canan Bayram. Die CDU/CSU sagte zumindest nichts gegen die Ankündigung des Staatssekretärs.

Das Gesetzespaket zur Modernisieriung der Strafverfahren umfasst 12 Einzelpunkte, unter anderem die DNA-Analyse von Tatortspuren auf Hautfarbe und Alter des mutmaßlichen Täters. Nächsten Montag ist eine Experten-Anhörung vorgesehen. Schon Ende der Woche soll das Paket im Bundestag beschlossen werden.

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2 Kommentare

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  • Na dann mal nicht die Rechtsschutzverkürzer der Exekutive & im Parlament!



    Sondern die Profis zu Wort kommen lassen.



    www.google.com/sea...id=chrome&ie=UTF-8



    "Die Bundesregierung hat nicht einmal zwei Jahre nach der letzten Novellierung des Strafverfahrens und der StPO erneut Gesetzesänderungen für den Strafprozess auf den Weg gebracht.

    Die Strafverteidigervereinigung NRW e.V. lehnt sowohl die angestrebten Maßnahmen des Eckpunktepapiers, als auch die Begründung für die Änderungen überwiegend ab. Hiermit sind ein weiterer Abbau von Beschuldigtenrechten und Eingriffe in den Grundrechtsschutz verbunden.

    Begrüßt wird die Bündelung der Nebenklagevertretung, die dringend erforderlich ist, um Verfahren für die Justiz organisatorisch überhaupt noch handhabbar zu machen. Ebenso begrüßenswert ist die Harmonisierung für Qualitätsstandards für Gerichtsdolmetscher.

    Zu den Eckpunkten der Bundesregierung im Einzelnen: ... siehe dort.



    & kleiner Auszug -



    "..Strafrecht wird seit langem von der Politik missbraucht: als Heilsversprechen für gesellschaftliche Probleme, als Ablenkung des Volkes wie im Circus Maximus und als Profilierungsfeld für Politiker.

    Dabei ist der Blick für Fakten schon lange verloren gegangen.

    Immer neue Straftatbestände, immer höher gesteigerte Strafrahmen, immer neue Eingriffsbefugnisse der Ermittlungsbehörden führen zu einer vorhersehbaren Mehrbelastung der Justiz. Trotz seit Jahren sinkender Zahlen in der Polizeilichen Kriminalitätsstatistik ist die herbeigeredete Verbrechensfurcht so groß wie nie. Die Politik bietet für die selbst herbeigeredete Angst der Bevölkerung Lösungen durch mehr Strafe und Rechteabbau im Strafprozess an.

    Wo wird das enden? Gibt es bei dem Hunger nach mehr Strafe, immer schnelleren und effektiveren Verfahren irgendeine Grenze? ....ff kl Rest

    • @Lowandorder:

      & passender Auszugs)Rest -

      "...Das Eckpunktepapier der Bundesregierung bedient den Rausch nach härterem, schnellerem und symbolischen Vorgehen. Dies ist das Ergebnis geschickter Lobbyarbeit von weder demokratisch, noch sonst legitimierten Zusammenkünften wie dem „Strafkammertag“. Es ist ein Beispiel für post-faktische Politik...."

      kurz - anschließe mich.

      unterm--- bin sicher --



      Einiges wird - aus den dort genannten Gründen in Karlsruhe mit Sicherheit keinen Bestand haben.



      &



      Das sollte auch deutlich gesagt sein.