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PKK-Gründerin hingerichtetEmpörung über brutalen Mord

Nach der Hinrichtung dreier PKK-Aktivistinnen in Paris wird über die Täter spekuliert. War es eine interne Abrechnung oder ein Anschlag türkischer Extremisten?

Die drei kurdischen Aktivistinnen sind regelrecht exekutiert worden. Bild: reuters

PARIS taz | Die regelrechte Hinrichtung von drei kurdischen Aktivistinnen mitten in Paris hat in Frankreich für politische Aufregung gesorgt. Die drei Frauen waren in der Nacht zum Donnerstag in den Räumen des kurdischen Informationszentrums tot aufgefunden worden. Die Pariser Polizei erklärte, die drei seien mit Kopfschüssen getötet worden. In kurdischen Erklärungen hieß es, einem Opfer sei auch in den Bauch geschossen worden.

Bei den drei Frauen handelt es sich um die Leiterin des Zentrums, Fidan Dogan (40), die auch Vertreterin des Kurdischen Nationalkongresses in Frankreich ist. Das zweite Opfer ist Sakine Cansiz (54), die als Gründungsmitglied der PKK (Arbeiterpartei Kurdistan) bezeichnet wird. Das dritte Opfer des Mordanschlags wurde als Leyla Söylemez (32) identifiziert, sie war Aktivistin einer kurdischen Jugendorganisation.

Laut Polizei hat die Tat am Mittwochnachmittag gegen 15 Uhr stattgefunden. Bekannte der drei Frauen waren besorgt, weil bei Anrufen im Zentrum an der Rue Lafayette, unweit des Pariser Bahnhofs Gare du Nord, niemand antwortete. Als sie schließlich in der Nacht vor Ort eintrafen, fanden sie eine blutverschmierte Eingangstür. Sie hätten dann die Tür aufgebrochen, um ins Haus zu gelangen, sagte Mehmet Ulker, der Vorsitzende der Föderation der Kurdenvereine in Frankreich (Feyka).

Obwohl sich das Kurdistan-Informationszentrum in einem sehr belebten Quartier befindet, hat angeblich niemand die Schüsse oder sonst etwas Verdächtiges gehört. Man vermutet, dass bei der Tat Schalldämpfer eingesetzt wurden. Offenbar seien die Täter auch nicht mit Gewalt in das Zentrum eingedrungen.

Anschlag trotz polizeilicher Überwachung

Der französische Innenminister Manuel Valls erklärte am Donnerstag am Tatort, es handle sich um eine Exekution, und es sei für Frankreich „unerträglich“, dass sich auf seinem Territorium ein solcher Mordanschlag ereignen könne. Zu den Hintergründen der Tat gibt es bislang lediglich Spekulationen. Diese kreisen meistens um die Gespräche zwischen den türkischen Behörden und dem inhaftierten PKK-Führer Abdullah Öcalan.

Der Verdacht der Kurden richtet sich dabei gegen extremistische türkische Kreise. Ein Sprecher des Kurdischen Zentrums für Öffentlichkeitsarbeit in Frankfurt erklärte, alle Indizien sprächen für einen geplanten politischen Mord. Es sei empörend und verdächtig, dass es zu diesem Anschlag kommen konnte, obwohl doch das Zentrum an der Rue Lafayette wie auch die Opfer selbst wegen ihrer politischen Vergangenheit von der französischen Polizei überwacht worden seien.

Laut der Tageszeitung Hürriyet wies der stellvertretende Vorsitzende der türkischen Regierungspartei AKP, Hüseyin Celik, diese Verdächtigung zurück. Er erklärte, es handle sich wohl eher um eine innerparteiliche Abrechnung der PKK. Die PKK wird von den USA und der EU als terroristische Organisation eingestuft.

Mehrere hundert Kurden und Kurdinnen demonstrierten am Mittag vor dem Kurdistan-Zentrum in Paris. In Frankreich leben fast 200.000 Kurden.

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11 Kommentare

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  • A
    Azad

    Die Türkei setzt zu Friedensgesprächen mit der PKK an (wohlgemerkt vor den bald anstehenden Wahlen... Erdogan möchte ja Präsident werden und dafür sorgen, dass er der mächtigste Mann der Türkei wird) und währenddessen kommt es zu weiteren Kämpfen.

    Die drei kurdischen Aktivistinnen werden hingerichtet und die Türkei schiebt es direkt auf die PKK, ohne jeglichen Beweis. Gleichzeitig fordert Erdogan von Frankreich sofortige Aufklärung und eine Erklärung dazu, warum Hollande sich mit eine der ermordeten Aktivistin getroffen hätte.

    Dabei vergisst Erdogan wahrscheinlich dass er selbst die Aufklärung von Massakern in der Türkei (Roboski) gar nicht beachtet, und selbst von Anfang an Kontakte zu islamistischen Terrorgruppen wie die Hamas und die Al-Qaida pflegt, sie finanziert und mit Waffen ausstattet, um gegen Israel und inzwischen auch gegen die Kurden in Syrien zu kämpfen.

    Die Türkei war ein starker Partner Israels. Bis zu dem Moment an dem sie sich plötzlich auf die Seite der islamischen Länder gestellt hat. Dann kamen Kommentare wie "Ihr tötet Menschen!"..... während in den kurdischen Dörfern permanent von Sicherheitskräften Frauen vergewaltigt, Kinder geschlagen/misshandelt und Männer getötet werden, ohne dass sie Konsequenzen befürchten müssen.

    Die Türkei war auch ein starker Partner Syriens. Aber auch nur bis zu dem Moment an dem abzusehen war, dass Assad fallen wird. Auf einmal wird die Türkei der zentrale Gegner Syriens und finanziert die Rebellen. Ziel ist es auf der Gewinnerseite zu stehen um ein Kurdistan auf syrischem Boden zu verhindern. Dabei werden auch Al-Qaida Kämpfer bewaffnet und von der Türkei nach Syrien geschleust.

    Die Türkische Regierung ist so hinterhältig, dass ich ihnen zutraue selbst hinter den Morden zu stehen, um es aussehen zu lassen als könnte man mit der PKK nicht verhandeln.

    Mit Kommentaren, ob wahrheitsgemäß oder nicht, die nur den Zweck haben die Türkei gut darzustellen rechne ich jetzt aus Erfahrung schon.

  • RD
    Rainer David W. Früh

    Ente off.......: "Am naheliegsten ist ganz klar das die rechtsextremistische Front National hinter dem Terroranschlag steckt!"

    Ey Sudelede, ganz sicher, dass nicht wenigstens ein Zionist dabei war????

  • MD
    Maik Desens

    Warum sollte die Türkei PKK Aktivisten töten, die für einen Dialog mit der Türkei waren? Und wie kann man in eine Gebäude rein, die nicht jeder betreten darf, dann 3 Menschen töten und einfach davon kommen? Die Franzosen sind mit dabei würde ich sagen. Mal sehen wann die Täter, bzw. ob die Täter gefasst werden.

  • E
    end.the.occupation

    Ich habe die Befürchtung das die französische Regierung von Deutschland gelernt hat und auf dem rechten Auge blau ist. Am naheliegsten ist ganz klar das die rechtsextremistische Front National hinter dem Terroranschlag steckt!

  • F
    Friendensgespräche

    solange es eine relation zwischen des türkischen "deep state" der Türkei und der Lösung des kurdischen Problems gibt, wird es schwerig, eine Gesamtlösung zu finden.Alle Bemühungen scheiterten immer wieder entweder weil sie sich aufeinander mit Finger zeig(t)en und ihre Verluste beklag(t)en oder weil kurz davor ein solcher knallharter Angriff stattfand und jedes mal wenn die Türken und Kurden kurz vorher ein friendsgespräch suchten gerieten friendsliche Menschen vor Ort immer wieder in den Spiral der Gewalt,So wird es schweriger gemacht, einen Konsenz zu finden.

  • A
    Anonym

    Haha... Serkan Küpeli, woher stammt denn bitte die Zahl 30.000?!

     

    Quizfrage: Wie viele ArmenierInnen sind während der Jahre 1915/ 1916 hingerichtet worden?

     

    Kleiner Tipp: Die Lösung ist nicht null!

  • HB
    Hand Beld

    Grausam was passiert.

    Ich finde so ein Land wie die Türkei gehört nicht in die EU.

    Die Türkei will keinen Frieden, wenn etwas passiert schieben sie es der PKK zu.

    Beispiel: Roboski in Kurdistan 34 Menschen, darunter 21 aus einer Familie und auch noch sehr jung, starben.

    Wer war es wieder angeblich die PKK.

    Erdogan hat selbst mal gesagt egal ob Frau oder Kind wär Kurde und PKK ist und stolz auf seine Herkunft ist, soll die gerechte Strafe dafür kriegen. Hunderte Jugendliche sitzen im Gefängnis, warum weil sie für ihre Sprache, Freiheit und Anerkennung demonstieren.

    Jedenfalls soll die Türkei nicht in die EU. Erdogan ist nicht menschlich

    Ein sehr schlechter Präsident für die Türkei.

    Wünsche den Familien-Mitglieder alles Gute

    Ruhe in Frieden für die Opfer

  • S
    Sophie

    Kein Staat, kein Diktator, kein Agressor kann für längere Zeit ein besiegtes Volk mit Waffengewalt unterdrücken!

     

    Nichts im Universum ist stärker und ausdauernder als der WUNSCH NACH FREIHEIT, gegen diesen Wunsch kann keine Regierung bestehen ebenso wenig ein Tyrann mit seiner Armee.

  • S
    Stan

    Und schon wieder werden die Opfer zu Tätern gemacht. Unglaublich, dass auch in der taz, die von der türkischen Regierungspartei AKP verbreiteten Gerüchte von interner Abrechnung überhaupt in Erwägung gezogen wird.

  • T
    tommy

    "Empörung über brutalen Mord"

     

    Gibt es eigentlich auch Morde, die nicht brutal sind?

  • SK
    Serkan Küpeli

    Das gibt wieder einen Grund für die PKK zu morden! Die PKK will gar kein Frieden sie wollen nur Terror und Blut, dieser tripple mord ist ein zenario um die "Friedengespräche" zu stören!

     

    Ob die Verhandlungen mit der teroristischen PKK, die über 30.000 Menschenleben auf dem gewissen haben, nun "Friedensgespräche" sind oder eine kaptulierung der Türkischen Regierung ist unter Regie der USA und der CIA ist noch eine andere Disskussion!