Ostrenten und Altersarmut: Trostzahlung für DDR-Rentenunrecht
Nach der Wende wurden verschiedene soziale Gruppen aus der DDR bei der Altersversorgung benachteiligt. Nun soll es eine Einmalzahlung richten.
Dessen SPD-Berichterstatterin Rasha Nasr nannte es ein „längst fälliges Zeichen der Anerkennung der Lebensleistung“, auch wenn sie sich „eine andere Lösung gewünscht hätten“. Von den ursprünglich kalkulierten Milliardenbeträgen blieb nur eine mit 500 Millionen Euro ausgestattete Stiftung. Sie erlaubt ab dem kommenden Jahr lediglich eine einmalige „Trostzahlung“ für Antragsberechtigte von 2.500 Euro.
Bei den Beitrittsverhandlungen 1990 vergaß oder ignorierte das Rentenüberleitungsgesetz viele Berufs- und soziale Gruppen. Für Krankenschwestern, Bergleute, Land- und Forstwirte, Handwerker, Beschäftigte im Gesundheits- und Sozialwesen, der Nationalen Volksarmee, der Polizei und des Zolls galten in der DDR Sonderversorgungssysteme.
Diese höheren Ansprüche auf Altersversorgung wurden bei der Wiedervereinigung nicht übernommen. Auch die ab 1991 aus den Staaten der ehemaligen Sowjetunion nach Deutschland eingewanderten etwa 200.000 sogenannten Spätaussiedler und jüdischen Kontingentflüchtlinge konnten kaum mit Rentenzahlungen aus ihrer früheren Heimat rechnen und blieben benachteiligt.
Anfang der 1990er wollte niemand was davon hören
Bei den etwa 300.000 nach DDR-Recht geschiedenen Frauen befand sich der Gesetzgeber allerdings in einem Dilemma. Den in der Bundesrepublik üblichen Versorgungsausgleich durch ihre ehemaligen Männer gab es in der DDR nicht. Der ungleich höhere Anteil berufstätiger Frauen erwarb eigene Rentenansprüche. Den Ausgleich rückwirkend einzuführen, untersagte das angerufene Bundesverfassungsgericht. Für Familienzeiten oder solchen der Mitarbeit im Familienbetrieb entgehen diesen Frauen Rentenansprüche.
Medien und wenige Ost-Politiker machten bereits zu Beginn der 1990er Jahre auf das Problem aufmerksam, fanden aber kaum Beachtung. Im Bundestagswahljahr 2017 entdeckte zumindest die Ost-SPD das Thema wieder. Insbesondere die bis heute amtierende sächsische Sozialministerin Petra Köpping reiste viel umher und sprach mit Opfern. Auf dem Dortmunder Parteitag schaffte es der „Gerechtigkeitsfonds“ dann mit Ach und Krach in das Bundestagswahlprogramm der SPD. Im Koalitionsvertrag mit der CDU 2017 blieben davon ganze zwei Sätze für einen „Härtefallfonds“, die als unerledigte Schuld 2021 in die Ampelkoalition mitgenommen wurden.
Mittlerweile ist die Zahl der Antragsberechtigten durch Tod auf maximal 70.000 geschrumpft. „Ich werde das Gefühl nicht los, dass die Regierenden auf eine biologische Lösung des Problems setzen“, schimpft deshalb die sächsische Landtagsabgeordnete Susanne Schaper (Linke). Sie nennt die beabsichtigte Einmalzahlung einen „Witz“.
Symbolische Trostzahlung dem Bund überlassen
Die langjährige Sprecherin des Vereins der in der DDR geschiedenen Frauen, Marion Böker, bedankt sich bei Politik und Zivilgesellschaft. „Auch wenn das nicht den berechtigten höheren Forderungen der Betroffenen entspricht – es ist der Einstieg“, schrieb sie. Details müssten aber geklärt werden. SPD-Bundestagsabgeordnete wie Kathrin Michel oder Rasha Nasr schoben den Schwarzen Peter an die Bundesländer weiter. Sie und der Bund sollten den Fonds ursprünglich gemeinsam finanzieren. Aber nur Mecklenburg-Vorpommern war dazu bereit.
In ostdeutschen Ländern waren und sind Stimmen zu vernehmen, die vor den finanziellen Dimensionen des wiedergutzumachenden Unrechts kapitulieren. Schätzungen reichten bis an zweistellige Milliardenbeträge heran. Eine symbolische Trostzahlung nach 32 Jahren wolle man lieber dem Bund überlassen, heißt es. Dennoch forderte der Thüringer SPD-Rentenexperte Denny Möller seine rot-rot-grüne Landesregierung auf, diese einmalige Entschädigung zumindest auf 5.000 Euro zu verdoppeln.
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