Ortskräfte der Bundeswehr: Kein Rettungsplan für Mali-Helfer
Dem Bundeswehreinsatz in Mali droht der Abbruch. Doch die Bundesregierung hat keine Pläne, wie sie im Ernstfall die Ortskräfte dort evakuieren will.
In der Bundespressekonferenz wurde am 12. August deutlich, dass die Bundesregierung konkrete Evakuierungspläne für die Ortskräfte bislang für nicht notwendig erachtet. Eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes sagte, es ginge derzeit lediglich, “darum, einen Überblick zu haben“. Es liege eine gemeinsame Liste der diversen verantwortlichen Ministerien vor, welches Personal evakuierungswürdig sei. Die Frage, ob eigentlich geplante Änderungsvorhaben beim Ortskräfteverfahren umgesetzt wurden, blieb unbeantwortet.
Für das Bundesverteidigungsministerium sind derzeit 59 Ortkräfte in Mali im Einsatz, für das Auswärtige Amt noch einmal 16. Dazu kommen wohl noch weitere Ortskräfte für die GIZ, Ende 2021 waren es rund 300, aktuellere Zahlen sind nicht verfügbar.
Hintergrund der Sorgen um die Ortskräfte ist, dass der deutsche Einsatz im Rahmen der MINUSMA-Mission der Vereinten Nationen vor wenigen Tagen auf den bloßen Selbstschutz der deutschen Truppen heruntergefahren wurde. Zuvor hatte die malische Regierung Bundeswehrmaschinen die Überflugrechte verweigert. Diese sind notwendig, um die deutschen Soldaten zu versorgen und regelmäßig auszutauschen. Am 18. August wurden die Flüge aber wieder aufgenommen, eine zivile Maschine mit 90 Bundeswehrsoldaten an Bord durfte in Bamako landen. Dennoch bestehen weiterhin Zweifel an der Verlässlichkeit der malischen Militärjunta, die im Mai 2021 durch einen Putsch an die macht gekommen war.
Erinnerungen an das Afghanistan-Debakel
Bisher hält die Bundesregierung am MINUSMA-Einsatz der Bundeswehr aber weiter fest. Ziel der Militärmission ist es, Mali zu stabilisieren und verschiedene islamistische Gruppierungen an einer Machtübernahme zu hindern. Die EU-Trainingsmission zur Stärkung der Sicherheitskräfte im Sahel (EUTM) war bereits im Mai ins Nachbarland Niger verlegt worden, nachdem Kräften der malischen Armee vorgeworfen wurde, an Menschenrechtsverletzungen beteiligt gewesen zu sein.
Die aktuellen Geschenisse in Mali wecken Erinnerungen an den überhasteten Abzug der Nato-Truppen aus Afghanistan im Sommer 2021. Viele der dort für die Bundesregierung tätigen Ortskräfte wurden im Land zurückgelassen und waren so einer Verfolgung durch die Taliban ausgesetzt. Einige von ihnen konnten bis heute nicht evakuiert werden.
Auf den Truppenabzug war die Bundesregierung damals nicht vorbereitet, verantwortliche Ministerien verfolgten im Umgang mit den Otskräften keine einheitliche Linie. Eine gemeinsame Liste aller Ortskräfte gab es nicht. Zudem wurden damals nicht alle Personen als Ortskräfte eingestuft, die tatsächlich für die Bundesregierung tätig waren. Wer mit einem Arbeitsvertrag direkt bei einer deutschen Institution angestellt war, wurde berücksichtigt. Wer allerdings für ein Subunternehmen gearbeitet hatte, einen Werkvertrag hatte oder als Selbstständiger für die Bundesregierung arbeitete, war nach dem Dafürhalten der Bundesregierung nicht evakuierungswürdig.
An dieser Arbeitsgrundlage hat sich seitdem nichts geändert. Die Zahl der tatsächlich durch ihre Tätigkeit für die deutsche Bundesregierung gefährdeten Malier:innen könnte also weitaus höher liegen, als sie die Bundesregierung angibt.
Marcus Grotian vom Patenschaftsnetzwerk Afghanische Ortskräfte e.V. sieht die Gefahr, dass sich eine ähnliche Situation wie in Afghanistan wiederholen könnte. Dies sagte er auf dem ersten Kongress afghanischer Ortskräfte am 13. August in Berlin. Sein Verein plant eine Satzungsänderung, um im Ernstfall auch malischen Ortskräften helfen zu können.
Auch Vertreter der Koalitionsparteien auf dem Kongress waren sich einig, dass die Ortskräftedefinition der Bundesregierung dringend angepasst werden müsse und in Notsituationen mehr Flexibilität nötig sei. Passiert ist seitdem nichts.
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