Oppositionspolitiker nach Wahl in Uganda: Staat fürchtet Bobi Wine
Der Oppositionspolitiker Bobi Wine erhielt bei der Präsidentschaftswahl knapp 35 Prozent der Stimmen. Seitdem befindet er sich in Hausarrest.
Knapp 35 Prozent erhielt der Jungpolitiker offiziell. Selbst das wäre ein sensationelles Ergebnis für Bobi Wine, der bei den Wahlen vor fünf Jahren noch überhaupt keine Rolle spielte. Damals war der 1982 geborene Mann noch Filmschauspieler und Rapmusiker, der nach seinem Studium an der Makerere-Universität in Ugandas Hauptstadt Kampala bekifft mit Dreadlocks auftrat und mit seiner Band Ghetto Republic of Uganja – ein Wortspiel aus dem Landesnamen Uganda und einem Slangbegriff für Marihuana – für nicht nur positive Aufmerksamkeit sorgte.
„Präsident von Uganja“ nannte er sich oder „Ghetto President“. Und als Staatspräsident Museveni vor den Wahlen 2011 selbst zu Rapmusik griff, um sich bei der Jugend anzubiedern, und damit Ugandas Musiker zur Parteinahme zwang, war Bobi Wines Position klar: in der Opposition, auf der Seite der frustrierten, kreativen und aufsässigen Slumjugend in einem Land mit dem schnellsten Bevölkerungswachstum der Welt und nur geringen Chancen für die junge Generation.
Die alten Oppositionsparteien Ugandas verblassten, der junge Scharfmacher Bobi Wine war der neue Star. 2017 ließ er sich als Parteiloser unter der Parole „People Power“ ins Parlament wählen, frisiert und aufgeräumt, aber provokant und rebellisch. Der Staat erkannte die Gefahr sofort. Sein Fahrer wurde erschossen, er wurde verhaftet und gefoltert, musste monatelang ins Ausland, nahm sich US-Anwälte. Bobi Wine wurde schneller zum Staatsfeind als er sich politisch überhaupt festigen konnte. Er verkündete 2019 seine Präsidentschaftskandidatur und machte aus seiner Bewegung „People Power“ die Partei National Unity Platform (NUP), weitgehend als Einmannshow.
Bobi Wines Wahlkampf unter Coronabedingungen wurde zum Hürdenlauf, mit Festnahmen, Beschuss und körperlicher Gewalt. Allein das genügte; politische Inhalte musste er gar nicht mehr vorbringen. Seine Kritiker werfen ihm vor, gar keine zu haben.
Andere merken an, dass der ugandische Staat ungewöhnlich viel Energie zur Bekämpfung eines Menschen aufwendet, den er zugleich als Mischung aus verachtenswertem Nichtsnutz und gefährlichem Putschisten beschimpft. Nun sitzt Bobi Wine von Soldaten belagert in seinem Haus in Kampala. An seinem Schicksal, nicht so sehr dem des ewigen Präsidenten, entscheidet sich Ugandas politische Zukunft.
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