Opposition über den NSA-Ausschuss: „Unverhältnismäßig und rechtswidrig“
Zum Ende des NSA-Ausschusses gibt es heftige Kritik von der Opposition: Die Regierung habe beim Spionage-Skandal die Aufklärung hintertrieben.
Auslöser für das Gremium waren die Enthüllungen des früheren NSA-Mitarbeiters Edward Snowden. Seit März 2014 hatte der Ausschuss die deutschen Folgen aufzuklären versucht, dafür gut 130 Mal getagt. In der kommenden Woche soll der Abschlussbericht vorgestellt werden.
Die Opposition legte nun schon einmal vor, auf 450 Seiten formulierte sie ihre „Sondervoten“. Die Snowden-Enthüllungen hätten offengelegt, wie die Geheimdienste ein „invasives System der totalen Überwachung“ voranzutreiben versuchten, heißt es dort. Und Deutschland sei ein „Teil des Problems“ gewesen, so Grünen-Obmann Konstantin von Notz – obwohl Kanzlerin Angela Merkel, im Februar letzte Zeugin im Ausschuss, beteuerte, „abhören unter Freunden, das geht gar nicht“.
Die Opposition verweist darauf, dass allein in der BND-Abhörstation Bad Aibling der BND monatlich 1,3 Milliarden Daten an die NSA übermittelt habe – „unverhältnismäßig und offenkundig rechtswidrig“. Der Ausschuss hatte etwa die Operation Eikonal untersucht, mit der BND und NSA von 2005 bis 2008 den zentralen Internetknoten DE-CIX in Frankfurt am Main anzapften. Auch Daten deutscher Bürger und Unternehmen seien davon betroffen gewesen. Eine parlamentarische Genehmigung habe es nicht gegeben. Von einem „andauernden Rechtsbruch“ spricht die Opposition.
Zudem forschte der BND auch mit eigenen Suchwörtern, sogenannten Selektoren, befreundete Regierungen aus, daneben auch die frühere US-Außenministerin Hillary Clinton, die BBC oder das Unternehmen Airbus. Mit den vorgeblichen Antiterrormaßnahmen habe das nichts mehr zu tun gehabt, sagte Linken-Obfrau Renner. „Das ist politische Spionage.“
Gezielte Täuschung vor der Wahl?
Scharfe Kritik übte die Opposition auch an der Bundesregierung. Diese habe bei der Aufklärung „aktives Hintertreiben“ ausgeübt, habe Akten geschwärzt und eine Vernehmung Snowdens verhindert. Und 2013, als die NSA-Affäre publik wurde, habe sie fälschlich ein No-Spy-Abkommen mit den USA versprochen – für Grüne und Linke eine gezielte Täuschung vor der damaligen Bundestagswahl. „Wäre das, was wir heute wissen, damals öffentlich gewesen, wäre die Wahl anders ausgegangen“, sagte der Grüne Christian Ströbele.
Die Koalitionsfraktionen werden dies weniger dramatisch formulieren. Linkspartei und Grüne warfen ihnen schon jetzt eine „beschönigende“ Bewertung vor. Der Vorsitzende des NSA-Ausschusses, CDU-Mann Patrick Sensburg, hat bereits in einem Buch festgehalten, was für ihn von der NSA-Affäre übrig bleibt: wenig. Der Vorwurf eines massenhaftes Abhörens der Deutschen durch den US-Geheimdienst habe sich keinesfalls erhärtet.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“