Opposition kritisiert Bildungsministerin: Schlechtes Zeugnis für Schavan
Ab Dienstag berät die Uni Düsseldorf über die Plagiatsaffäre von Bildungsministerin Schavan (CDU). Die Opposition findet sie aber auch ohne Skandal unhaltbar.
BERLIN taz | Für die Wissenschaftlerin Annette Schavan geht es um alles: An diesem Dienstag berät der Fakultätsrat der Universität Düsseldorf, ob die Verfehlungen der damaligen Doktorandin so schwer wiegen, dass ihr der Titel aberkannt wird. Eine Entscheidung könnte das Gremium schon Dienstag treffen; als wahrscheinlicher gilt aber, dass sich die Beratungen noch hinziehen werden. Am Ergebnis könnte das politische Schicksal Schavans hängen. Über ihre Bilanz als heutige CDU-Bildungsministerin hat die Opposition dagegen längst geurteilt.
„Mir ist es eigentlich nicht so wichtig, wie es mit Schavans Doktortitel weitergeht“, meint Nicole Gohlke, hochschulpolitische Sprecherin der Linkspartei im Bundestag. Entscheidend sei, ob sie in den sieben Jahren im Amt für gute Universitäten, genügend Studienplätze und gleiche Bildungschancen gesorgt habe. „Das kann ich alles nur mit Nein beantworten, und deshalb ist sie aus politischen Gründen nicht haltbar.“
Der Bildungspolitiker Kai Gehring von den Grünen sagt: „Ministerin Schavan ist blass geblieben, weil ihr die Leitbilder und Visionen fehlen.“ Und die Dortmunder SPD-Abgeordnete Ulla Burchardt, die dem Bildungsausschuss im Bundestag vorsitzt, resümiert: „Schavan hatte viel Geld, aber sie hat kaum Spuren hinterlassen. Sie hat keine einzige zukunftweisende Initiative vorgelegt.“
Der Blick auf die Zahlen lässt Schavan tatsächlich als erfolgreiche Ministerin erscheinen. Der Haushalt ihres Ministeriums ist als einer von wenigen in den vergangenen Jahren gewachsen. 13,7 Milliarden Euro kann Schavan in diesem Jahr ausgeben, 6,2 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Ein Rekord, den Schavan immer wieder gern betont.
Allerdings: Die fetten Jahre neigen sich bereits dem Ende zu. In der mittelfristigen Finanzplanung, darauf weist Grünen-Politiker Gehring hin, sinkt die Summe, die die Bundesregierung für Bildung und Forschung zur Verfügung stellen will. Umso schlimmer, dass Schavan den kurzfristigen Geldsegen aus Sicht der Oppositionspolitiker für die falschen Projekte genutzt hat: viel für die Spitzenforschung, wenig für die Breite. Viel für die Exzellenz, wenig für Benachteiligte.
Keine Bafög-Erhöhung
Beispiel Deutschlandstipendium. Mit dieser Förderung will die Bundesregierung besonders gute Studenten unterstützen. Wirbt eine Hochschule Geld bei der Wirtschaft für die Begabtenförderung ein, legt Schavans Ministerium noch einmal dieselbe Summe drauf. 300 Euro monatlich sollen auf diese Weise für einen Stipendiaten zusammenkommen. „Das war die einzige erkennbare Idee, mit der sie Profil gewinnen wollte“, meint SPD-Politikerin Burchardt.
Und ausgerechnet dieses Projekt bleibt bislang hinter den selbst gesteckten Zielen zurück: 0,5 Prozent aller Studierenden bekommen derzeit ein Deutschlandstipendium, nur halb so viele wie geplant. „Das Versagen von Schavan könnte also nicht offensichtlicher sein“, meint Linken-Politikerin Gohlke. „Nicht nur dass das Deutschlandstipendium ein Rohrkrepierer ist, es ist zudem ein Eliteprojekt.“ Denn für eine Bafög-Erhöhung setze sich die Ministerin nicht ein.
Beispiel Exzellenzinitiative. 680 Millionen Euro steckt Schavan in diesem Jahr in besonders aussichtsreiche Forschung an den Universitäten. Die Verfassung verbietet dem Bund aber die dauerhafte Mitsprache an den Schulen und Hochschulen, daher ist die Förderung befristet. Als Landesministerin hat Schavan dieses sogenannte Kooperationsverbot noch mit ausgehandelt. Jetzt will sie es lockern: Bundesgeld soll es in ihrem Gesetzesvorschlag aber nur für Exzellenzprojekte der Unis geben. Im Moment stocken die Verhandlungen über eine Verfassungsänderung, weil vor allem die rot-grünen Länder das Kooperationsverbot auch für den Schulbereich lockern wollen.
Bildungsarmut ignoriert
Eine verfahrene Situation, für die Kai Gehring von den Grünen auch Schavans Politikstil verantwortlich macht: „Sie schafft es nicht, gemeinsam getragene Lösungen herbeizuführen“, sagt er. Und SPD-Politikerin Burchardt meint: „Wenn die Aufhebung des Kooperationsverbotes für sie ein ernsthaftes Anliegen ist, dann hätte sie auch im Bundestag Gespräche suchen müssen.“
Beispiel Bildungsarmut. Zwischen 15 und 20 Prozent der Viertklässler, das zeigte die Iglu-Studie im vergangenen Jahr, zählen zu den Risikoschülern; der Anteil wird bislang kaum geringer. Wenn die Ergebnisse solcher Untersuchungen der Presse vorgestellt werden, schickt Schavan allerdings meistens ihre Staatssekretäre vor. „Ob sie die eklatante Bildungsarmut hierzulande überhaupt als zentrales Problem ansieht, ist mir schleierhaft“, meint der Grüne Gehring. „Sie regiert an den zentralen Herausforderungen völlig vorbei.“
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