Olympyada-yada-yada: Ist eSport sportlicher als Bridge?
Dieses Internet. Es bringt Dinge hervor. Sogar ganze Sportarten. Aber ist eSport wirklich Sport? Und wenn ja, was für einer?
Als das Internet für die Generation Ü50 noch komplettes Neuland war – wir schreiben das Jahr 1998 nach Christus –, da schaffte es die Tantensportart Bridge in die Schlagzeilen. Der damalige Präsident des Internationalen Olympischen Komitees, Juan Antonio Samaranch, postulierte, dieses Kartenspiel sei definitiv ein Sport, „und als solcher ist euer Platz hier unter allen anderen Sportarten“.
Bridge galt seinerzeit als Nummer zwei unter den Geistessportarten, hinter dem Schachspiel, was durchaus logisch erscheint, geht es doch um Spielintelligenz, Kombinationsgabe und strategisches Denken. Aber eines fehlt Bridge-Runden natürlich genauso wie dem Schachspiel: die sogenannte „eigenmotorische Aktivität“, weswegen das IOC immer wieder skeptisch auf die tatsächlich kaum transpirierenden Denker schaut.
Über Bridge redet heute keiner mehr, und beim Schach ist man sich mittlerweile so weit einig, dass die Geschwindigkeit der Gedankenblitze für eine Anerkennung als Sportart ausreicht, auch wenn der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) 2013 die Förderungswürdigkeit des Schachsports kurzzeitig anzweifelte, doch die empörte Gemeinde konnte wohl stichhaltig nachweisen, dass am Brett trotz katatonischer Starre viele Kalorien verbrannt werden.
Ballerspiele sind zu unethisch um als Sport zu gelten
Seit 1998 sind viele Bits und Bytes durch die Kabel des Internets geflossen. Virtuelle Spiele sind groß geworden und mit ihnen die weltweiten Gemeinden der Gambler. Ballerspiele, aber auch Sportspiele wie FIFA19 oder NBA2K beherrschen die Szene, und es dauerte nicht lang, bis die Gretchenfrage gestellt wurde: Ist eGambling ein Sport? Wird man, da sich eSport-Nationalteams Duelle liefern und Fußballbundesligisten eigene eSport-Profis unter Vertrag nehmen, diese Zocker bald bei Olympischen Spielen sehen?
Wohl eher nicht, denn der DOSB findet, nur „virtuelle Sportarten“ wie die Fußball- oder Basketballsimulationen, seien „anschlussfähig“ an den organisierten Sport. Ballerspiele wie „Counter Strike“ oder „League of Legends“ sind davon ausgenommen, weil „die deutlich sichtbare und explizite Darstellung des Tötens von virtuellen Gegnern“ mit den ethischen Werten des Sports nicht vereinbar sei.
Bei den „guten“ eSport-Spielen konzentriert sich die Verbandskritik nun nicht mehr auf deren Couch-Potatoe-Moment, sondern auf den kommerziellen Aspekt: Im eSport stünden gewinnorientierte, global agierende Unternehmen im Vordergrund, und die entschieden demokratiefeindlich über Regeln, Inhalte und Spielformen.
Wer bestimmt eigentlich, was Sport ist?
Die Olympia- und Sportverwalter mögen kulturell fremdeln mit einer Szene, die mehr und mehr die Rituale des etablierten Sports kopiert und sogar große Hallen wie die Arena am Ostbahnhof in Berlin füllt, aber ihre Grundintention ist nicht die schlechteste: Leute, geht raus auf den Bolzplatz oder schließt euch dem FC Traktor Dingenskirchen an!
Die eSport-Szene, anders als die von Samaranch nobilitierten Bridge-Runden, lacht natürlich über diese Opi-Ratschläge und die etwas hilflose Flucht in den Antikapitalismus. Unsere Sit-ups und Joggingrunden im Park machen wir doch eh, sagen sie, anders lässt sich unser Pensum vorm Computer ja gar nicht durchhalten.
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