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Olympische TräumeFür Frieden und Mobilität

Betont antigigantistisch tastet sich das Land Nordrhein-Westfalen an die Olympiabewerbung 2032 heran. Ziel ist auch eine verbesserte Infrastruktur.

Marode Infrastruktur: Gleisanlagen in NRW (Hattingen) Foto: Gottfried Czepluch / Imago Images

Noch ist nichts offiziell. Noch sind die Olympischen Sommerspiele 2032 nicht ausgeschrieben. Doch es gibt schon eine Reihe von Interessenten. Da ist das australische Brisbane, das sich mit dem Bundesstaat Queensland bewerben will, da ist die indonesische Megacity Jakarta und da ist das große Friedensprojekt einer gesamtkoreanischen Bewerbung, von der all diejenigen Sportfunktionäre träumen, die nicht müde werden zu behaupten, dass Olympische Spiele zum Weltfrieden beitragen können.

Und noch eine Region hat ihr Interesse an den Spielen bekundet: die Metropolregion Rhein-Ruhr. Deren Vorstellungen von Olympia hat Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet am Montagabend in der Vertretung des Landes beim Bund in Berlin vorgestellt.

Der referierte in der ihm eigenen landesväterlichen Art seine Vision von Olympia. Und wenn man nicht wüsste, mit welchem Gigantismus die Olympischen Spiele sich in die Stadtgesellschaften früherer Austragungsorte gesprengt haben, man hätte glatt glauben können, das größte Sportevent der Welt könne organisiert werden wie Bundesjugendspiele in Groß.

Laschets Vortrag kam ohne jede nationale Überhöhung des Sports aus. Da war nicht die Rede von der Sportnation Deutschland, es war nichts zu hören von der Wirtschaftsmacht Deutschland, der die Spiele irgendwie zustünden, wie es bei den zuletzt von der Bevölkerung abgelehnten Olympiabewerbungen von München und Hamburg der Fall war. Die Olympiapläne sollen „ein Gegensatz zu manchen Sportereignissen der Vergangenheit“ sein.

Politische Überbau steht schon

Klar, ein bisschen zum Weltfrieden sollen auch Spiele in NRW beitragen. Die Bewerbung wolle auch, so Laschet, „dass wir im Inneren einen Beitrag zur Vielfalt leisten, dass wir uns klar bekennen gegen Antisemitismus und Rassismus, alles, was im Moment überall aufflammt“. Der politische Überbau der Spiele steht schon.

Darunter muss auch nicht viel gebaut werden. 90 Prozent der Sportanlagen, die man braucht, stünden schon in den 14 Städten von Aachen bis Recklinghausen, die sich zu dieser möglichen Olympiabewerbung zusammengetan haben.

Damit die Bewerbung beim Wahlvolk nicht durchfällt, tut man schon jetzt alles, um jeden Eindruck von Gigantismus zu vermeiden. Und so war bei Laschet und den Bürgermeistern, Sport- und Verkehrsdezernenten, die sich am Montag versammelt hatten, viel von Vereinen die Rede, vom Ehrenamt, von der Sanierung der Infrastruktur für den Sportalltag. Auch in der Präsentation von Michael Mronz, dem Initiator der Bewerbung, sind die Wörter Schwimmfähigkeit und Bewegungsarmut häufiger vorgekommen als Gold, Silber, Bronze.

Irgendwie mit künstlicher Intelligenz

Mronz, der die Weltreiterspiele 2006 in Aachen und die Leichtathletik-WM 2009 in Berlin gemanagt hat, war es, der die Idee von Olympia in Nordrhein-Westfalen an die Landesregierung herangetragen hat. Weil die nicht selbst auf die Idee gekommen ist, bezeichnet Laschet die Olympiainitiative gern als Graswurzelbewegung, als würde er nicht durchschauen, dass sich mit Mronz einer aufgemacht hat, der gerade dabei ist, auch für sich selbst lukrative Aufträge an Land zu ziehen.

Mronz versucht die Idee des Antigigantismus so spektakulär, wie es geht, in Szene zu setzen. So will er für die Zeit von Olympia aus der Schalker Arena ein Schwimmstadion machen, und wer die Computeranimationen in seinem Vortrag genau angeschaut hat, der hat die Seilbahn gesehen, die sich durch ein mögliches Olympisches Dorf schwingt, und eine Drohne, die ein Flugtaxi sein könnte. Mobilität ist das Thema, das die Vertreter der Kommunen bei der Olympiabewerbung gewiss am meisten interessiert.

Mit öffentlichen Verkehrsmitteln von einer möglichen Olympiastadt in eine andere zu wollen, ist derzeit nicht gerade ratsam. Von der Innenstadt Recklinghausens bis zum Reiterstadion in Aachen braucht man fast dreieinhalb Stunden. Mit Olympia soll das alles anders werden. „Smart“, wie der Bonner OB Ashok-Alexander Sridharan meinte, und irgendwie mit künstlicher Intelligenz, so sein Düsseldorfer Kollege Thomas Geisel.

Die Vernetzung der Region wird viel kosten. „Wenn wir da ein Konzept haben, dann möchte ich den Finanzminister sehen, der das ablehnt“, meinte Andrea Blome, die Beigeordnte für Verkehr und Mobilität der Stadt Köln. Über die Olympiabewerbung soll möglichst viel Bundesgeld in die marode Infrastruktur des Landes fließen. Mit Weltfrieden hat das zwar nichts zu tun, könnte aber bei der Bevölkerung ganz gut ankommen.

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1 Kommentar

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  • Die Reiter bekommen eigene Quartiere in Aachen, und die handvoll pferdebegeisterter Zuschauer aus Recklinghausen muss eben einen längeren Anfahrtsweg einplanen. Am wichtigsten sind doch ohnehin gute Fernsehübertragungen.



    "Schalke unter Wasser" dürfte auch den Fans anderer Mannschaften gefallen.