Olympia-Historie: So mancher Boykott zeigte Wirkung

Die Geschichte der Olympischen Spiele ist auch eine Geschichte von politischen Drohungen. Ein unvollständiger Überblick.

Ein Pro-Olympia-Plakat wird von mehreren Menschen hochgehalten

Protest gegen den westdeutschen Boykott der Olympischen Spiele 1980 in Moskau, hier in Dortmund Foto: Rose/imago

1924, Paris: Britische Fußballer boykottieren, weil aus ihrer Sicht fragwürdige Amateure aus Uruguay teilnehmen.

1928, Amsterdam: Britische Sportlerinnen boykottieren die Wettbewerbe, weil ihnen die erstmalige Zulassung von Frauen zur Leichtathletik nicht weit genug geht.

Der Welttennisverband ILTF zieht sich aus der Olympischen Bewegung zurück. Über Jahrzehnte gibt es kein Tennis mehr bei Olympia

1932, Los Angeles: Im Streit über das Amateurstatut boykottiert der Weltfußballverband Fifa das olympische Turnier. Im Vorfeld trägt er 1930 in Uruguay eine eigene WM aus

Weil der Läufer Paavo Nurmi wegen Verstoßes gegen das Amateurstatut gesperrt wurde, droht Finnland mit einem Olympiaboykott.

1936, Berlin: Spanien boykottiert die Nazispiele in Berlin. Ein Boykott der USA wird lange diskutiert und im letzten Moment abgelehnt.

Volksolympiade in Barcelona: Unter anderem mit Teams aus den Kolonien Algerien und Marokko sowie Katalonien, Baskenland, Galicien und Palästina soll eine Gegenveranstaltung zu den Nazispielen stattfinden. Der Spanische Bürgerkrieg verhindert dies.

World Labor Athletic Carnival in New York: 1936 findet eine Gegenolympiade des jüdischen Arbeitersports statt.

1956, Melbourne: Ägypten, Irak und Libanon boykottieren wegen der Suezkrise, in der sich Australien mit Frankreich solidarisiert hatte.

Die Niederlande, Spanien und die Schweiz boykottieren wegen des Einmarschs der Sowjetunion in Ungarn.

Die Volksrepublik China fehlt aus Protest gegen die Anerkennung Taiwans durch das IOC.

1960, Rom: Taiwan durfte nicht mehr als „China“ antreten. Es nahm „unter Protest“ an der Eröffnungszeremonie unter dem Namen Taiwan teil.

1963, Ganefo in Jakarta: Als Indonesien 1962 zu den Asienspielen Sportler aus Israel und Taiwan nicht einreisen ließ, drohten ihm Sanktionen. Präsident Achmed Sukarno rief daraufhin die Games of the New Emerging Forces, die Spiele der aufstrebenden Kräfte, ins Leben. Sie fanden noch 1966 in Phnom Penh statt.

1964, Innsbruck: Kanada boykottiert aus Protest gegen die Sowjetunion die Siegerehrung des Eishockeyturniers der Winterspiele.

1964, Tokio: Afrikanische Länder protestieren gegen die Teilnahme Südafrikas. Das Apartheidregime wird nicht eingeladen.

1968, Mexiko: Nach Boykottdrohung von 32 Nationen wird Südafrika explizit ausgeschlossen.

Das Olympic Project for Human Rights (OPHR) organisiert einen Boykott Schwarzer US-Sportler. Das nötige Quorum wird nicht erreicht. Statt Boykott gibt es Athletenproteste.

1972, München: Gegen die Teilnahme des rassistischen Rhodesiens drohen sämtliche afrikanische Staaten plus Kuba und Haiti mit Boykott. Rhodesien bleibt weg. In der Trauerrede zum Massaker an israelischen Sportlern spricht IOC-Präsident Avery Brundage von „zwei wilden Angriffen“ auf Olympia: „Wir haben den Rhodesien-Kampf gegen nackte politische Erpressung verloren.“

1976, Montreal: Weil Neuseeland den Sportboykott gegen Südafrika brach, boykottieren 30 Länder, überwiegend aus Afrika, aber auch aus Guyana, Irak und Sri Lanka, die Spiele.

1980, Moskau: Aus Protest gegen den Einmarsch der Sowjetunion in Afghanistan boykottieren mehr als 60 Länder die Spiele, darunter die USA, die BRD, Japan, Kenia, Israel, Saudi-Arabien, Chile, Liberia und Senegal. Frankreich schickt keine Sportler, sondern nur den Chef de Mission zur Eröffnungsfeier. Großbritannien schickt trotz gegenteiligen Votums der Regierung eine Mannschaft, marschiert aber unter der Olympischen Flagge ein.

1984, Los Angeles: Weil ihre Sicherheit nicht gewährleistet sei, boykottiert die Sowjetunion die Spiele. Mit ihr fehlen die DDR, ČSSR, Vietnam, Mongolei, Laos, Äthiopien, Nordkorea und Afghanistan. Kuba boykottiert aus eigenen Sicherheitsbedenken. Rumänien nimmt teil.

Aus anderen Gründen boykottieren auch Iran, Albanien und Südjemen.

1986, Goodwill Games in Moskau: Als Gegenstück zu den Olympischen Spielen organisiert der US-Medienunternehmer Ted Turner (CNN) ein Alternativturnier. Es findet noch 1990 in Seattle, 1994 in Sankt Petersburg, 1998 in Hempstead/New York, 2001 in Brisbane, sowie als Winter Games 2000 in Lake Placid statt.

1988, Seoul: Kuba und Äthiopien boykottieren wegen mangelnder Sicherheit. Auch Albanien, Nicaragua und die Seychellen fehlen.

2004, Athen: Der iranische Judoka Arash Miresmaeli boykottiert einen Kampf gegen den Israeli Ehud Vaks.

2008, Peking: Trotz etlicher Boykottaufrufe von Menschenrechtsgruppen findet kein Boykott der Olympischen Spiele statt.

2014, Sotschi: Bei den Winterspielen in Russland boykottiert die ukrainische Skifahrerin Bogdana Matsotska die Wettbewerbe.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.