Olympia-Bewerbung in Arbeit: Blühende Ringe
In Hamburg beginnt die Detailarbeit für etwaige Olympische Sommerspiele. Erste Hürden: ein solider Finanzplan und der Volksentscheid im Herbst.
HAMBURG taz | Michael Neumann hält den Ball flach: „Wir freuen uns über den Zuschlag, aber die Arbeit fängt jetzt erst an“, kommentierte Hamburgs Innen- und Sportsenator die Kür Hamburgs zum deutschen Olympia-Kandidaten für die Spiele 2024 oder 2028 durch den Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB). Im internationalen Wettbewerb mit Boston oder Paris könne Hamburg nur erfolgreich sein, „wenn wirklich ganz Deutschland hinter der Bewerbung steht“, sagte Neumann am Dienstag. Zuvor aber müssten noch ganz andere Hürden genommen werden – und die erste heißt: Volksentscheid.
Die Bewerbung hängt davon ab, dass eine Mehrheit der Hamburger Bevölkerung der Kandidatur zustimmt. Für ein solches Referendum aber muss im Stadtstaat an der Elbe die Verfassung geändert werden. Bislang sind nur Volksbegehren gegen politische Entscheidungen möglich; dass Senat oder Bürgerschaft dem Volk eine Frage zur Entscheidung vorlegen, ist rechtlich nicht geregelt. Die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit in der Bürgerschaft jedoch ist sicher: SPD, CDU, Grüne und FDP sind dafür.
Enorm ist allerdings der Zeitdruck: Bis zum 15. September muss Hamburg seine Bewerbung offiziell beim Internationalen Olympischen Komitee (IOC) einreichen. Deshalb müsste bis Sommer die Verfassungsänderung erfolgt sein, um im Herbst das Referendum durchführen zu können. Und dabei geht es ans Eingemachte: Ein verlässlicher Finanzplan und ein Konzept für die nachhaltige Nutzung der Olympiabauten müssen dann vorliegen.
Die nächsten Etappen der Hamburger Bewerbung: 21. März: Die DOSB-Mitgliederversammlung bestätigt den Beschluss des Präsidiums für Hamburg. Herbst: Bürgerentscheid über eine Olympia-Bewerbung in Hamburg, der genaue Termin steht noch nicht fest. 15. September: Der DOSB und die Ausrichterstadt melden beim IOC ihre Kandidatur offiziell an. 8. Januar 2016: Abgabe erster Bewerbungsunterlagen beim IOC. April/Mai 2016: Das IOC wählt bis zu fünf Kandidatenstädte aus. Januar 2017: Die Kandidaten müssen die vollständigen Bewerbungsunterlagen einreichen. Sommer 2017: Das IOC wählt in Lima/Peru die Stadt für die XXXIII. Olympischen Spiele 2024.
„Wir werden für vollständige Transparenz sorgen“, verspricht denn auch Neumann: „Olympia darf nicht kosten, was es will.“ Eine Kostenkalkulation werde „im Sommer“ vorgelegt werden, kündigt Staatsrat Christoph Krupp an, Chef der Senatskanzlei von SPD-Bürgermeister Olaf Scholz. Dabei seien „die reinen Kosten für Olympia“ zu trennen von denen, die ohnehin für die Stadtentwicklung anfielen.
Der erste Betrag dürfte bei zwei bis drei Milliarden Euro liegen und könne über TV-Gelder, Sponsoren und den Ticketverkauf vollständig refinanziert werden. Die zweite Summe inklusive Investionen in neue Stadtteile und eine U-Bahn-Strecke dürfte rund neun Milliarden Euro betragen, so Krupp.
Von zehn bis 20 Milliarden Euro hingegen spricht Dirk Seifert von der Initiative (N)Olympia, und diese Summe sei nicht zu rechtfertigen. Das Versprechen des IOC, sich vom bisherigen Gigantismus zu verabschieden, hält er für „Marketing“. Tatsächlich gebe es einen „immensen Druck aus der Wirtschaft, der tatsächliche Reformen blockiert“.
Skeptisch sind auch die großen Umweltverbände. Es müsse nachgewiesen werden, „dass nachhaltige Spiele tatsächlich umsetzbar sind“, fordert BUND-Landesgeschäftsführer Manfred Braasch. „Neben der Frage klimaneutraler Spiele und der Nachnutzung des olympischen Dorfes ist zentral, wie das Flächenkonzept im Detail aussieht.“ Nach Ansicht von Alexander Porschke, Vorsitzender des Naturschutzbundes Nabu, darf Olympia nicht zu Lasten der Natur gehen. Die Versiegelung von Grün- und Naturflächen „lehnen wir ab“, so Porschke. Neumann und Krupp kündigen derweil Gespräche mit den Kritikern an: „Alle Argumente werden sorgsam erwogen“, verspricht Neumann und glaubt: „Jede kritische Nachfrage verbessert das Konzept.“
Entspannt betrachtet Hamburg das Wo der Segelwettbewerbe. Diese Entscheidung würden Segler-Bund und DOSB „rasch“ treffen. Zur Auswahl stehen Kiel und Lübeck-Travemünde sowie, mit Außenseiterchancen, Rostock-Warnemünde. „Wir wollen das beste Segelrevier“, sagt Neumann, „das aber zu finden, ist aber nicht Sache der Politik, sondern des Sports“.
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