Olaf Scholz zum Krieg in der Ukraine: „Alles, was sinnvoll ist“

In der Regierungsbefragung äußert sich Bundeskanzler Olaf Scholz vorsichtig zu weiteren Waffenlieferungen – und sendet beruhigende Signale an Kiew.

Olaf Scholz

Beantwortete am Mittwoch mal wieder Fragen des Parlaments: Kanzler Olaf Scholz Foto: Lisi Niesner/reuters

BERLIN taz | Olaf Scholz ist berüchtigt für seine Art, Fragen gelegentlich nicht zu beantworten und so intellektuelle Überlegenheit zu demonstrieren. In Interviews ist das ein fragwürdiges Mittel, im Bundestag erst recht. In der Befragung der Bundesregierung, einem vom Parlament erkämpften regelmäßig stattfindendem Forum, repräsentiert Scholz ja ein Verfassungsorgan.

Olaf Scholz, Bundeskanzler

„Es darf nicht auf einen Diktatfrieden hinauslaufen“

Einmal bricht Scholz’ Lust an der süffisanen Antwortverweigerung drastisch und für alle sichtbar durch. Florian Hahn (FDP) kritisiert den Kanzler, weil der ein paar Minuten zuvor behauptete, die Bundesregierung sei die erste, die Waffen an eine Kriegspartei liefere. Deutschland, so Hahn, habe doch schon 2014 offi­ziell Waffen an die kurdische Perschmerga geliefert. Ob Scholz das denn nicht wisse. Der Kanzler antwortet: „Wir haben die Entscheidung, Waffen an die Ukraine zu liefern, getroffen und diese Entscheidung ist richtig“. Dann lächelt er, der sonst so sparsam mit mimimischen Regungen ist. Und schweigt.

Bei der Regierungsbefragung durch das Parlament ist der thematische Bogen meist weit gespannt. Parlamentarier wollen auch mal wissen, wann eine Brücke in ihrem Wahlkreis repariert wird. Am Mittwoch steht eine Frage im Zentrum: Tut Deutschland genug für die Ukrai­ne? Und Scholz markiert in seiner knappen Rede und den Antworten dann doch ein paar bemerkenswerte Positionen.

Dass Kiew Russland Neutralität anbiete, bezeichnet er als ein „großes Zugeständnis gegenüber dem Aggressor“. Und: Nur „die Ukraine, und niemand sonst“, werde bestimmen, wann es einen Waffenstillstand gebe und was danach komme. Und, so der Kanzler weiter: „Es darf nicht auf einen Diktatfrieden hinauslaufen.“ Beides wird man in Kiew genau registrieren. Denn dies ist die Versicherung, dass es keinen Deal des Westens mit Moskau über die Regierung in Kiew hinweg geben wird.

Die Taten in Butscha bezeichnete Scholz als „Massaker und Kriegsverbrechen“. Die Täter müssten dafür zur Rechenschaft gezogen werden, sagte der Kanzler, ohne aber ein verantwortliches Gericht zu benennen. Bei Forderungen nach mehr Waffen und mehr Sanktionen angesichts der eskalierenden russischen Gewalt bleibt der Kanzler bei seinem Kurs und eher allgemein. „Alles was sinnvoll ist und schnell wirkt, wird geliefert“, sagte er.

Kiew fordert von Berlin die Lieferung von 100 deutschen Marder-Schützenpanzern. Die Grünen haben Sympathien dafür. In der SPD gibt es indes Vorbehalte, Waffen zu liefern, die auch für Offensiven verwendbar sind. Auf bohrende Nachfragen von den Union-Außenpolitikern Jürgen Hardt und Johann Wadephul lässt sich Scholz zu einer Verdeutlichung bewegen. Die Bundesregierung koordiniere alle deutschen Waffenlieferungen an die Ukraine mit Nato und EU. Die rote Linie dabei sei, dass man „auf keinen Fall Kriegspartei“ werden darf. Scholz warnt eindringlich vor einem deutschen „Sonderweg“ in Sachen Waffenlieferungen und davor, einfach „vorzupreschen“.

Ja zur Lieferung von alten Schützenpanzern

In knappen Worten verteidigt er das Ja Berlins zu der Lieferung von alten Schützenpanzern aus Tschechien an die Ukraine. Berlin hatte die Lieferung durchwinken müssen, weil die Waffen aus NVA-Beständen stammen. Scholz rechtfertigte dieses Ja, weil diese Technik in der Ukraine „sehr gut eingesetzt werden“ könne.

Zudem sei, so Scholz, das fünfte Sanktionspaket der EU so gut wie fertig. Wenig durchschlagkräftig ist indes die bisher mit viel Trommelwirbel angekündigte Beschlagnahmung des Vermögens von Oligarchen in Deutschland. Laut Janine Wissler, Chefin der Linkspartei, ist hierzulande russisches Vermögen im Umfang von weniger als 100 Millionen Euro erfasst worden. In anderen EU-Staaten ist der Betrag um ein Vielfaches höher. Ein Grund: Es fehlt ein digitales Grundbuchregister, um Immobilienbesitz aufzuspüren.

Scholz gibt zu: „Wir haben nicht die Instrumente, um die Sanktionen gegen die Oligarchen in Deutschland durchzusetzen.“ Deshalb habe die Regierung auch eine Taskforce gegründet. Wissler erspart Scholz den Hinweis nicht, dass für diese missliche Situation der bis vor Kurzem amtierende Finanzminister verantwortlich sei – also er.

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