Olaf Scholz zu Kritik an Klimaplänen: Der sehr, sehr gute Kanzler spricht
Olaf Scholz steht bei der Fragestunde im Bundestag Rede und Antwort, zu Klimaschutz, Gasheizungen und Wasserstoff. Und bleibt oft vage.
Olaf Scholz denkt gerne in großen Maßstäben. Er sieht Dimensionen, die er mit Weitblick erfasst, während sich die meisten anderen bedauerlicherweise in kleinteiligen tagespolitischen Fragen verzetteln. Zum Beispiel Andreas Jung, CDU-Klimapolitiker, der bei der Fragestunde im Bundestag am Mittwoch wissen möchte, warum die Ampel im Klimaschutzgesetz die verbindlichen Sektorenziele abschafft. Und warum der Kanzler das Klimaschutzgesetz „aufweicht, anstatt es einzuhalten“. Genau das hat der Koalitionsausschuss beschlossen: Der Verkehr, verantwortet von FDP-Minister Volker Wissing, kann künftig mehr CO2 emittieren als erlaubt, wenn in anderen Bereichen weniger anfallen sollte. Da kann man schon von einer Aufweichung des Klimaschutzgesetzes reden.
Der Kanzler sieht das anders. Man habe „das Klimaschutzgesetz weiterentwickelt“, sagt er, und habe sich nur von dem Irrglauben verabschiedet, beim Klimaschutz gebe es „lineare Entwicklungen“. Scholz sieht, was in diesem Moment im Bundestag nur recht wenige so sehen wie er: nämlich gewaltige Sprünge, die schon bald die CO2 Emission in Deutschland senken würden. 2030 würden „15 Millionen E-Autos in Deutschland unterwegs sein“, sagt Scholz. Das soll heißen: think big. Man muss die großen Linien sehen – und sich nicht mit Details wie jährlichen Sektorenzielen aufhalten. Der Verkehr ist in Deutschland für 20 Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich.
Olaf Scholz wirkt, ganz entgegen seinem Ärmelschoner-Image, recht kampfeslustig. „Der Stillstand der letzten Jahrzehnte ist vorbei. Jetzt kommt Tempo in Deutschland“, ruft er selbstbewusst. Von Tempo zu reden, ist nach einem 30 Stunden währenden Koalitionsausschuss, der einige Fragen durchaus offen lässt, originell. Etwa beim Thema Heizungsaustausch bleiben eine Menge Unklarheiten. Scholz betont, dass die Regierung niemanden auf zu hohen Kosten sitzen lassen werde. Aber was das konkret heißt, ist offen. Man sei „dabei, die Förderprogramme auszugestalten“, so Scholz. So weit, so vage. Dafür ruft der Kanzler der Union markig zu: „Machen Sie sich keine Sorgen.“
Erstaunlich interpretationsoffen
Erstaunlich interpretationsoffen ist für eine 30-Stunden-Sitzung auch geblieben, ob ab 2024 gar keine Öl- und Gasheizungen mehr eingebaut werden dürfen. Oder vielleicht doch. „Es wird möglich sein, eine Gasheizung einzubauen, wenn später Wasserstoff eine Perspektive ist“, sagt Scholz. Also wird es, laut Kanzler, Gasheizungen geben, die mit Wasserstoff funktionieren. Den es allerdings auf absehbare Zeit nicht gibt. Was also mag „Perspektive“ hier bedeuten? Auch dieser Kanzler-Satz bringt kein Licht ins Dunkel. Scholz sagt zudem: „Ich warne davor, den Bürokratismus und die abstrakte Regulierung von Bürgern und Bürgerinnen fortzusetzen.“ Das ist eine bemerkenswerte Deutung. Krankt die Klimaschutzpolitik bislang an zu viel Regeln?
Janine Wissler, Linkspartei, fragt, ob es klug sei, 144 Autobahnen zu erweitern, aber kein Tempolimit einzuführen. Und ob es nicht besser wäre, einen Verkehrsminister zu feuern, der die Klimaziele verfehlt, als das Klimaschutzgesetz aufzuweichen. „Herr Wissing ist ein sehr, sehr guter Verkehrsminister“, sagt der Kanzler mit stolzem Trotz. Im Übrigen sei das neue Klimaschutzgesetz „ambitionierter als das bisherige Klimaschutzgesetz“. Olaf Scholz lässt in dieser Fragestunde keinen Zweifel daran, dass Deutschland einen sehr, sehr guten Kanzler hat.
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