piwik no script img

Ohrwurm-Antifa nach SyltTanz den Nazi raus

Die Gesänge der Sylt-Schnösel nerven, weil sie im Ohr bleiben. Zum Glück finden sich mittlerweile akustische Gegenmittel im Netz.

Partyrest auf der Kreuzberger Admiralsbrücke: auch hier wurde zu Gigis „L'amour toujours“ lauthals gesungen Foto: Stefan Boness

Berlin taz | Das Video aus der Sylter Pony-Bar ist auf vielen Ebenen problematisch. Das Schlimmste: Die „Ausländer raus“-Gesänge der Pullover-Überhänger sind klar rassistisch. Deutliche Reaktionen aus Politik und Gesellschaft machen erst einmal Hoffnung. Aber ein Problem bleibt: Die einfach gestrickte Discomukke von Gigi D'Agostino, auf die Rechtsextreme seit Monaten ihre Nazi-Parolen grölen, hat extremes Ohrwurmpotenzial. Man bekommt sie nur schwer wieder aus dem Hinterkopf. Schlimm, wenn sich das mit einem menschenfeindlichen Text verbindet.

Zum Glück verbreitet sich im Internet ja alles Mögliche – und nichts bleibt lang unwidersprochen. Deswegen finden sich seit dem Bekanntwerden der Sylter Feiertruppe mehr und mehr Videoschnipsel, die für akustische Antifa sorgen.

Ein erstes Video kursiert bereits seit dem Wochenende im Netz. Aufgenommen wurde es offensichtlich auf der Admiralbrücke in Berlin-Kreuzberg, auf der sich seit vielen Jahren Partypeople zur allnächtlichen Freizeitgestaltung versammeln. An­woh­ne­r:in­nen mögen das nicht so gut finden. Aber im Netz werden sie nun gefeiert. Denn auch hier wird zu D'Agostinos „L'amour toujours“ lauthals gesungen, wiederum mit einem ganz eigenen Text. Wo die Reichen und Schnöden auf Sylt „Deutschland den Deutschen“ singen, heißt es hier: „Nazis raus! Nazis raus! Deutschland ist multi, alle Nazis raus!“

Empfohlener externer Inhalt

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen:

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Einen ähnlichen Ansatz verfolgt am anderen Ende der Republik der Musiker Jaysus aus Stuttgart. Der twitterte auf X ein Video in der er auf die Melodie passend stumpfsinnig „Rechte sind Nazis, Drecks-AfD“ singt, während im Hintergrund Menschen auf Tischen tanzen und sylt-like mit den Armen fuchteln.

Ob das dem ursprünglichen Künstler gefallen würde? Gigi D'Agostino hatte sich am Wochenende zu Wort gemeldet und betont, dass sich sein Song ausschließlich um Liebe drehe. „In meinem Lied L'amour toujours geht es um ein wunderbares, großes und intensives Gefühl, das die Menschen verbindet“, teilte D'Agostino mit. Zentral sei die Freude über die Schönheit des Zusammenseins.

Ohrwurm-Antifa von Jaysus bis Marti Fischer

Einen entscheidenden Schritt weiter geht da der Berliner Musikproduzent, Musikmacher und Musiklustigmacher Marti Fischer, der gerade erst zusammen mit dem Kabarettisten Bodo Wartke den Zungenbrecher „Barbaras Rhabarberbar“ vertont hatte, welcher zu einem nahezu weltweiten Internethit wurde.

Fischer zeigt in einem kurzen Video nicht nur, wie man mal schnell einen Discokracher zusammenbastelt, sondern auch, wie man das mit Haltung verbindet. „Was die jungen Rechten auf Sylt kennen, kann ich hier in Berlin auch. Nur eben andersrum“, sagt Fischer. Dann legt er los, hämmert „Nazis raus“ über den Beat, irgendwas mit „Ficken“ und „AfD“ kommt auch noch vor.

Empfohlener externer Inhalt

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen:

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

„DANKE – hab mich schon kurz selbst kacke gefunden, weil ich die ganze Zeit diesen miesen Sylt Ohrwurm hatte, den ich nicht haben wollte… den Tausch ich jetzt aus, gegen deinen“, kommentiert auf Instagram eine Hörerin.

Man findet im Netz noch weitere Varianten. Und auch den Hinweis, dass auf Sylt am Sonntagnachmittag eine kleine klassische Demo gegen Rechts gab. Zumindest bei letzterer wurde aber offenbar gar nicht getanzt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

7 Kommentare

 / 
  • Wie wird man einen Ohrwurm los.?



    .



    .



    .



    .



    .



    ...richtig.: in dem man ihn durch einen anderen ersetzt.!

    ..von daher ist der Ansatz der hier erwähnten Künstler goldrichtig..

    ...und da es sich offenbar um ein etwas weiter verbreitetes Problem handelt:

    www.zeit.de/zeit-m...smus-rechtsradikal

    ...liegt darin tatsächlich eine große Chance den noch andauernden Nazi-Hype zurück zu drängen.

    Den Song jetzt nicht mehr auf Volksfesten, etc. zu spielen.ist entsprechend Grund verkehrt. Das genaue Gegenteil sollte passieren: laßt uns den Partysong (T'oujour L'amour) nutzen und mit dem passenden Versmaß (z.B. *die Erde den Menschen..Nazis auf den Mond*) in eine Hymne der Menschlichkeit verwandeln. Lasst einen neuen TikTok-Trend daraus entstehen...machen wir eine Challenge um den besten Slogan...

    ...und singen wir dann alle mit, wenn es um die Rückeroberung der Menschlichkeit geht...

    Jetzt (oder heute) ist die Zeit der Liebe (= T'oujour L'Amour)

  • Good News!



    Sag's mit Scherben:



    "NE, Ne, Neee - keine "afd"!



    Ich bin hier oben noch ganz dicht,



    diese braune Sch**** will ich einfach nicht!

  • Hoch. Die. Internationale Solidarität!



    Hoch. Die. Internationale Solidarität!



    Am einfachsten aber am 9. Juni eine hohe Wahlbeteiligung, um braune Stellen wegzufegen.



    Und die Schn*sel-Erben endlich angemessen besteuern, sowieso.

  • "alle Nazis raus!" Schön wäre es, aber wohin ist "raus" eigentlich?

    • @Rudi Hamm:

      Sylt wieder an die Dänen verkaufen, gegen Entwicklungshilfe bei Radverkehr und Windanlagenbau.

    • @Rudi Hamm:

      Am Besten aus dem Kopf



      und in diesem Fall, genauer gesagt, aus dem Ohr...

  • „extremes Ohrwurmpotenzial“ bewusst meiden hilft.