Österreichs neue türkis-grüne Regierung: Nicht rassistisch ist nicht links
Eine Regierung ohne die Grauslichkeiten der FPÖ ist noch lange nicht genug. Die Koalition zeigt, dass rechte Haltungen normal geworden sind.
I m Programm der türkis-grünen Regierung, die am Dienstag in Wien vereidigt wurde, seien „Grauslichkeiten“ rausverhandelt worden, zeigte sich der Grünen-Parteichef und Vizekanzler Werner Kogler stolz. Bei der Vorgängerkoalition zwischen ÖVP und FPÖ hatte es diese zuhauf gegeben, von der Koppelung der Sozialhilfe an Deutschkenntnisse bis zur Schuldenbremse in der Verfassung.
Es ist hilfreich zu benennen, was fehlt, aber normalerweise vorhanden ist, ob es sich nun um Laktose in der Milch oder Grauslichkeiten in einem Regierungsprogramm handelt. Eine weitere FPÖ-ÖVP-Regierung will jeder halbwegs vernünftig denkende Mensch verhindern, denn die hat das Land mächtig umgebaut, ehe ein versoffenes Video dem ein Ende setzte und zudem der Verfassungsgerichtshof einige wichtige Vorhaben (etwa jenes umstrittene Sozialhilfegesetz oder das Sicherheitspaket, das automatisierte Videoüberwachung von Autobahnen erlaubte) kippte.
Weniger „grauslich“ als die Vorgängerregierung zu sein, muss reichen, befand die Grünen-Basis und stimmte beim Bundeskongress mit 93 Prozent für die Koalition. Das zeigt einmal mehr, dass rechte Grauslichkeiten normal geworden sind. Keine Minister mit Neonazi-Vergangenheit – und schon ist alles gut. Aber: Kein Rassismus ist nicht automatisch links. Ganz abgesehen davon, dass ein diskriminierendes Kopftuchverbot an Schulen im Abkommen steht.
Im Umweltbereich ist der türkis-grüne Plan wohl ambitionierter als das, worauf sich eine mögliche Große Koalition geeinigt hätte. Manche Details, allen voran die Gegenfinanzierung der Maßnahmen, die auch eine „CO2-Bepreisung“ enthalten, sind vage. Zuversichtlich setzt man auf die Kompetenz des grünen Teams, sich in der Regierungsarbeit durchzusetzen.
ist Journalistin und Autorin in Wien. Sie schreibt über Medien und Politik. Ihr Buch „Versteckte Jahre. Der Mann, der meinen Großvater rettete“ über ihre Familiengeschichte erschien 2018. Für ihre taz-Kolumne „Die Internetexplorerin“ gräbt sie Wissen aus ihrem Psychologiestudium aus.
Man kann nur hoffen, dass Sebastian Kurz die Grünen nicht nur als Feigenblatt benutzt, weil das Thema Klimawandel gerade in ist. Als Opportunist gilt der 33-Jährige schließlich n… – oh, wait. Immerhin ist er nicht die FPÖ.
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