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Österreichischer Arzt gegen FlüchtlingeAsylbewerber unerwünscht!

Der Wiener Arzt Thomas Unden weigert sich, Flüchtlinge zu behandeln. Die müsse er ohnehin durchfüttern. Die Ärztekammer erstattet Anzeige.

Flüchtlinge in Villach: Diese Patienten will Thomas Unden in seiner Praxis nicht sehen. Foto: ap

Wien taz | „In dieser Kassenordination werden keine Asylanten angenommen“. Der praktische Arzt Thomas Unden in Wien macht aus seinem Herzen keine Mördergrube. „Das ist meine Grundhaltung“, verteidigte er gegenüber der Tageszeitung Kurier den Aushang in seiner Praxis. Denn warum sollte er Menschen behandeln, „die ich ohnehin ungefragt durchfüttern muss.“

Der Mann, der in erster Linie als Schmerztherapeut arbeitet, und sich als einen der „letzten Verwandten Adolf Hitlers“ auch sonst klar positioniert, will in seiner Praxis auch keine Politiker der Regierungsparteien SPÖ und ÖVP sehen, die er für die Flüchtlingspolitik verantwortlich macht. Von Grünen ganz zu schweigen.

Zahlreiche Fans hat der Mann hingegen in der rechten FPÖ. So findet Robert Lizar, Redakteur der Parteizeitung Neue Freie Zeit, die Diskriminierungspolitik gut: „Wenigstens gibt‘s jetzt eine Praxis, wo man keine Angst haben muss, von Asylbewerbern terrorisiert zu werden.“ Und der FPÖ-Gemeinderatskandidat Paul Nemeth spendet auf Facebook ein kurzes „Richtig so. BRAVO!“

Im vergangenen Jahr haben in Österreich rund 90.000 Flüchtlinge einen Asylantrag gestellt. Gegenüber 2014 ist das eine Steigerung um mehr als 200 Prozent. Obwohl sich noch immer viele Menschen für die Ankömmlinge einsetzen, macht sich in der Bevölkerung auch zunehmend ein Gefühl von Angst und Ablehnung breit. Das belegen jüngste Umfragen. Die Politik trägt dem bereits rhetorisch und in der täglichen Praxis Rechnung.

Völlig indiskutabel

In der Ärztekammer kann man mit der Haltung des Kollegen, der auch Mitglied der österreichischen Offiziersgesellschaft und der Marinekameradschaft Erzherzog Franz Ferdinand ist, wenig anfangen. Kammerpräsident Thomas Szekeres: „Das ist völlig indiskutabel und unmoralisch.“ Er hat Anzeige beim Disziplinaranwalt der Ärztekammer erstattet.

Die Wiener Gebietskrankenkasse, die die Kassenverträge an die Ärzte vergibt, findet diese Diskriminierung rechtlich unzulässig. Asylwerber und Personen mit anerkanntem Asylstatus sind krankenversichert und somit anspruchsberechtigt. „Somit sind diese Personen entsprechend medizinisch zu betreuen“, so eine Sprecherin der Krankenkasse zum Kurier. Der Fall werde umgehend geprüft und etwaige Schritte eingeleitet.

Der Mediziner hat nicht grundsätzlich etwas gegen Ausländer. Diesen Eindruck gewinnt, wer ihn vor drei Jahren als einen der Protagonisten in einer Serie des privaten TV-Kanals ATV über käufliche Liebe in Osteuropa gesehen hat. Da versucht er mit drei Kumpels am rumänischen Strand Frauen abzuschleppen. Seine Rechtfertigung für Liebesabenteuer im Ausland – „die Österreicherin ist eine Kombination aus Hängebrust und Krampfadern“ – trug ihm eine Geldstrafe von 1.500 Euro ein.

Auf seiner Homepage bekommt Dr. Unden vorwiegend positive Bewertungen vor allem für die kurzen Wartezeiten. Allerdings scheint die Zeit der Zuwendung noch viel kürzer zu sein, wie ein Patient kritisch vermerkt: „Wenn man eine ernsthafte Behandlung will, sollte man sich einen anderen Arzt suchen. Dr. Unden gab mir nicht das Gefühl, sich für meine Probleme zu interessieren. Alles muss schnell gehen: Schnell rein, zwei Sätze gesprochen, Rezept in die Hand, auf Wiedersehen.“

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