Ökologischer Umbau der Wirtschaft: Glanz und Elend der Billionenflüsse
Wie viel Öko-Wumms haben die EU-Gelder? Welche Zentralbank ist die grünste? Warum sind Öl-Aktien schlecht fürs Depot? Neue Studien klären auf.
Das haben sich die europäischen Umweltverbände unter Leitung des Klimanetzwerks CAN gefragt, die zusammen 47 Millionen SteurzahlerInnen repräsentieren. Bei den „EUCashAwards“ können vom 12. bis 24. April alle mitstimmen, wofür das EU-Geld am besten (und am besten nicht) ausgegeben werden sollte.
Ein paar positive Beispiele: Belgien und Polen stecken einen Teil der Aufbaugelder in die Sanierung von Sozialwohnungen; die polnische Region Wielkopolska arbeitet am Kohleausstieg bis 2030; Spanien plant mit EU-Mitteln grüne Städte und Öko-Landwirtschaft.
Aber die EU-Staaten können natürlich auch anders: In Ungarn und Bulgarien geht kaum Geld in die dringend nötige Gebäudesanierung, Deutschland vergisst den Naturschutz. Oder, ganz schlimm aus Sicht der Umweltgruppen: Bulgarien will mit dem Geld Straßen durch Naturgebiete bauen, in Tschechien könnten Oligarchen profitieren, in Spanien Qualzucht und in Deutschland Diesel-Lkws und Hybridautos.
Geldpolitik der Zentralbanken kaum grün
Das Projekt bietet nicht nur einen Einblick, wo das Geld hinfließen soll – sondern auch, welche Länder wofür Geld aus Brüssel bekommen: Ganz vorn stehen dabei Italien, Spanien, Polen und Frankreich, aufgeschlüsselt nach EU-Strukturhilfen, Coronahilfen, Agrarmitteln und Übergangsfonds.
Wie das Kapital zirkuliert, das bestimmen weltweit die Zentralbanken. Die geben sich zwar seit einiger Zeit alle grün und nachhaltig – aber in ihrer Geldpolitik findet das bislang kaum Niederschlag. Das zumindest ist das Ergebnis einer Studie der Organisation „PositiveMoney“, die sich die Finanz- und Geldpolitik der G20-Staaten vorgenommen hat.
Fazit: „Während einige Institutionen konkrete Handlungen unternommen haben, um Umweltrisiken einzuschätzen und grüne Investments anzustoßen, scheuen alle vor Maßnahmen zurück, Finanzflüsse zu umweltschädigenden Aktivitäten zu entmutigen oder zu beschränken.“
Die Studie benotet die verschiedenen Zentralbanken und Währungshüter: Klassenbester (allerdings trotzdem nur mit einer Schulnote von 3 minus) wird die chinesische Zentralbank, gefolgt von Brasilien und Frankreich. Die Europäische Zentralbank landet auf Platz 5, die Bundesbank auf 7.
Das vergleichsweise gute Rating von China und Brasilien, zwei Ländern mit massiven Umweltproblemen, begründet die Studie mit internen Reformen und grüner Ausrichtung der Geldpolitik. Grundsätzlich bleibt aber der Vorwurf: Alle Zentralbanken haben das Problem erkannt – aber die Finanzflüsse für fossile Energien und umweltschädliche Subventionen werden von ihnen nicht ausgetrocknet.
Das geschieht offenbar aber zunehmend an den Aktienmärkten. Das legt zumindest eine aktuelle Untersuchung des britischen Thinktanks CarbonTracker nahe. Demnach ist im letzten Jahrzehnt der Wert von Aktienangeboten aus Unternehmen der Kohle-, Öl- und Gasbranche um 123 Milliarden Dollar gesunken.
Insgesamt lagen die Erträge aus Beteiligungen an der fossilen Industrie nur etwa bei der Hälfte der Gewinne, die die Aktienindizes verzeichneten. Erneuerbare Energien dagegen legten kräftig zu: Ihre Erträge lagen um mehr als 50 Prozent über dem Schnitt. Im letzten Jahrzehnt wuchs der Wert der Anlagen um 77 Milliarden Dollar.
„Die Investoren wachen auf“, sagt dazu Berichtsautor Henrik Jeppesen, „Unternehmen aus dem Bereich fossile Brennstoffe sind nicht mehr die Wachstumsgeschichte, die sie einmal waren.“ Der Klimawandel werde zunehmend zu einem bestimmenden Thema, und saubere Energien nähmen den Platz der Fossilen als sichere Investments ein.
Allerdings immer noch auf einem niedrigeren Niveau, zeigt der Bericht: Denn über das letzte Jahrzehnt flossen noch 640 Milliarden Dollar in die Fossilen und nur 56 Milliarden in Erneuerbare.
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