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Ökolobbyist zu Fleischsteuer„Biobauern nicht benachteiligen“

Eine höhere Mehrwertsteuer auf Fleisch würde Bioprodukte zu stark verteuern, sagt Felix Löwenstein. Er ist Vorsitzender des Öko-Dachverbands BÖLW.

In Biobetrieben haben die Tiere größeren Bewegungsraum und Zugang zum Außenbereich mit frischer Luft Foto: Frank Sorge/imago
Jost Maurin
Interview von Jost Maurin

taz: Herr Löwenstein, eine Studie im Auftrag des Bundesagrarministeriums zeigt, dass der Staat Fleisch verteuern darf, um den Bauern tierfreundlichere Ställe zu finanzieren. Warum lehnen Sie es ab, dafür die Umsatzsteuer auf tierische Lebensmittel zu erhöhen?

Felix Löwenstein: Das Problem bei der Mehrwertsteuer ist, dass der Aufschlag prozentual beispielsweise durch die Erhöhung von 7 auf 19 Prozent erfolgt. Damit wird Biofleisch, das ohnehin teurer ist, absolut deutlich stärker teurer als anderes. Bei einem Stück Fleisch für 10 Euro wäre der Aufschlag durch die höhere Steuer halt doppelt so hoch wie bei einem Stück für 5 Euro.

Warum ist das problematisch?

Dann sinkt die Attraktivität von Bio im Vergleich zu anderem Fleisch. Das wäre nicht sinnvoll, weil Bio die Tierwohlmaßnahmen, die mit den Einnahmen finanziert werden sollen, schon umsetzt. In Biobetrieben haben die Tiere den größten Bewegungsraum, können auf Stroh liegen, haben Zugang zum Außenbereich mit frischer Luft, Sonnenlicht und Klimareizen. Auch deshalb will der Staat die Biobranche weiterentwickeln. Zumal wir damit noch eine ganze Reihe weiterer Ziele erreichen, im Bereich von Umwelt- und Naturschutz, zum Beispiel wird Biofutter ohne chemisch-synthetische Pestizide und mit weniger Dünger produziert. Das ist gut für das Grundwasser und die Artenvielfalt.

Greenpeace schlägt vor, von der Umsatzsteuererhöhung Bioprodukte auszunehmen. Der Satz für Bio soll sogar sinken. Gute Idee?

Ja, dann wäre Bio nicht benachteiligt. Aber es bliebe ein anderes Problem: Die Hälfte der Umsatzsteuereinnahmen fließt an die Länder. Manche Länder mit wenig Tierhaltung würden sich weigern, das Geld aus der Steuererhöhung für Tierwohlmaßnahmen abzugeben. In Niedersachsen etwa werden ja viel mehr Tiere gehalten als beispielsweise in Brandenburg.

Bild: BÖLW
Im Interview: Felix Prinz zu Löwenstein

Felix Prinz zu Löwenstein, 67, ist Vorsitzender des Bunds Ökologische Lebensmittelwirtschaft. Der BÖLW ist der Dachverband der Ökobranche in Deutschland.

Was schlagen Sie vor?

Wir befürworten die ebenfalls diskutierte Tierwohl-Abgabe: Fleisch, Milch und Eier würden um feste Beträge teurer. Bei einem Kilo Schweinefleisch beispielsweise könnte der Aufschlag 40 Cent betragen.

Die Gutachter schreiben aber, dass es viel aufwendiger wäre, eine Tierwohlabgabe einzuziehen als eine erhöhte Umsatzsteuer.

Das stimmt. Aber dafür gibt es das erwähnte Verteilproblem. Es gibt ja schon Verbrauchssteuern auf konkrete Produkte, zum Beispiel die Sektsteuer. Am Ende zählt das Ergebnis: Bio darf nicht im Vergleich zu konventio­nellen Tierwohlprogrammen benachteiligt werden.

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6 Kommentare

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  • 2G
    25968 (Profil gelöscht)

    Der Markt könnte meiner Meinung nach auch über die Marge steuern: Südamerikafleisch genauso teuer machen, wie einheimisch. Wenn nur noch einheimisch gekauft wird, Südamerikafleisch "ausschleichen". Dann heimisches Fleisch mit höchster Güte (also "totgestreichelt"/massiert/wintergarten etc.) in den Verkauf. Was leider passiert ist, dass der Kunde weiterhin billig kauft. Wir können halt nicht mit "umweltunverträglich/menschenverachtend" hergestellt konkurieren. Selbst wenn die ganze EU nur noch "Superduperfleisch" anbietet, es aber für den Kunden zu teuer ist, wird er halt evtl. online aus Sonstewo einkaufen: Es funktioniert nicht, aber hey: Der Ansatz geht doch, oder?

  • Ich verstehe natürlich dass sich Felix Löwenstein für sein Klientel einsetzt. Aber wir müssen auch innerhalb der Bioszene dafür sorgen, dass der Fleischverbrauch zurückgeht, anders ist eine weitere Umstellung auf Bio wegen Flächenmangel (durch deutlich niedrigere Erträge nicht zu wuppen. Es sei denn wir akzeptieren auch hier die Produktionsverlagerung in andere Länder.

    Ich habe mich damals schon bei dieser Euphorie über die Hinwendung zum Zweinutzungshuhn, sprich Aufzucht und Mast aller Hähne, darüber geärgert, dass auch der Biobereich dadurch das Fleischangebot erhöht. Es ist nicht klar ob der Markt dafür da ist und genau wie im konventionellen ist Mast von Tieren immer ein Nahrungsmittelverlust.

    Aber die wenigsten haben damals verstanden, dass auch ein aufgezogener irgendwann getötet wird. Das scheint den meisten aber weniger verwerflich als die Geschlechtsbestimmung im Ei.

    So, und nun müssen die Ökolobbyisten sich dafür stark machen, dass das Fleisch nicht zu teuer wird und der Absatz gesichert ist. Ich habe da eine andere ökologische Vorstellung.

  • Der Fleischpreis ist ja nur das Ergebnis. Die Größe der Ställe, das pharmazeutische Futter und die Antibiotisierung der Tiere sind das Problem. Würden die Tiere artgerecht gehalten, wäre der Fleischpreis sowieso höher.

  • Wie wär's, wenn man einfach den Import von genmanipuliertem, glyphosatverseuchtem Kraftfutter verbietet und größere Ställe mit Weideanschluss gesetzlich vorschreibt?



    Dann würde Fleisch nicht nur teurer, sondern auch weniger. Die Menschen fressen sich doch dumm und krank an dem ekligen Billigfleisch.

    • 4G
      4813 (Profil gelöscht)
      @KnorkeM:

      Nur, wenn vorher die Bildung verbessert und die Gehälter der Armen angehoben werden, auf Kosten derjenigen, die sich Teuerfleisch leisten können.

      • 2G
        25968 (Profil gelöscht)
        @4813 (Profil gelöscht):

        Also ich bin zwar dumm, würde aber trotzdem 20€/Kg zahlen, wenn ich denn dafür etwas übrig hätte ...